Ich weiß etwas, was du nicht weißt

Ein gut aufeinander eingespieltes Team funktioniert wie ein Uhrwerk. Jeder hat seine festen Aufgaben und weiß, was zu tun ist. Verlässt ein Therapeut die Praxis, kommt dieses Gefüge aus dem Takt. Jetzt heißt es, den neuen Mitarbeiter oder die Vertretung schnell mit den Abläufen vertraut zu machen. Besonders hilfreich dafür sind Checklisten, Ablaufpläne und Co., die das Wissen des Vorgängers vermitteln. Es ist soweit: Heute hat Ihr neuer Therapeut seinen ersten Tag. Sie zeigen ihm die Räumlichkeiten und erklären einige Dinge. Ein Übergabeprotokoll, das ihr ehemaliger Therapeut angefertigt hat, soll dem neuen Mitarbeiter zudem den Einstieg erleichtern. Es enthält eine Liste mit Aufgaben und Anmerkungen zu Patienten, die in den nächsten Tagen zur Behandlung kommen. In der Praxis stellt sich die Liste jedoch als weitestgehend unbrauchbar für den neuen Therapeuten heraus – selbst für Mitarbeiter, die schon länger in der Praxis arbeiten. Manche Aufgaben sind so schwammig formuliert, dass sie nur durch Nachfragen und viel Eigenrecherche erledigen werden können. Zudem enthalten einige Patientenakten Kürzel, von denen niemand außer Ihr ehemaliger Therapeut weiß, wofür sie stehen. Rahmenbedingungen festlegen Die Idee hinter dem Übergabeprotokoll ist, vorhandenes Wissen an andere Mitarbeiter weiterzugeben. Der Ansatz ist gut. Denn je mehr Wissen Nachfolger an die Hand bekommen, desto reibungsloser gelingt die Einarbeitungsphase. Das Risiko für Fehler sinkt, wodurch wiederum die Qualität der Behandlungen steigt und Doppelarbeit reduziert wird. Doch das Beispiel verdeutlicht auch, dass die Wissensweitergabe nur dann etwas bringt, wenn sie mit gut strukturierten und vor allen Dingen vollständigen Dokumenten erfolgt. Und: Der Mitarbeiter muss sich vorab im Klaren darüber sein, welche Kenntnisse vermittelt werden sollen – in diesem Fall sein Faktenwissen, das sogenannte explizite Wissen. Explizites vs. implizites Wissen: Wo finde ich welche Formulare, wie übe ich bestimmte Tätigkeiten aus, wer weiß im Team über welche Themen Bescheid: Die Antworten auf diese Fragen zählen zum expliziten, dem sogenannten Faktenwissen. Es fällt uns leicht, die Informationen aufzuschreiben und weiterzugeben.Ganz anders sieht es beim impliziten Wissen aus. Dabei handelt es sich um Erfahrungen von Therapeuten, die sie sich im Laufe ihres Arbeitslebens angeeignet haben, wie etwa der Umgang mit bestimmten schwierigen Patientengruppen. Da wir implizites Wissen oft intuitiv anwenden, fällt es uns schwer, es in Worte zu fassen. Wie Sie das Know-how aus Ihren Mitarbeitern dennoch heraus kitzeln und festhalten, lesen Sie im Artikel Wissensschatz sichern. Faktenwissen weitergeben in drei Schritten Richtig angegangen, ist der Wissenstransfer keine große Sache. Der wohl wichtigste Faktor dabei ist Zeit. Sobald Sie wissen, dass Ihr Mitarbeiter die Praxis verlassen wird, holen Sie ihn ins Boot und geben Sie ihm die Möglichkeit, den Wissenstransfer rechtzeitig vorzubereiten: Schritt 1: Wissenslandkarte anfertigen Dabei handelt es sich um ein grafisches Verzeichnis, das dem neuen Mitarbeiter hilft, sich schnell einen Überblick über das vorhandene Wissen zu verschaffen. Besonders gut eignet sich dafür eine Mindmap. Im Zentrum steht der Begriff Wissen. Davon gegen Äste ab mit Informationen zu den bestimmten Themen, etwa Arbeitsanweisungen zu Tätigkeiten, die der neue Therapeut übernimmt, zu den Quellen, also wo welches Wissen zu finden ist und zu den Trägern, sprich welche Therapeuten sich für welche Themen gut als Ansprechpartner eignen. Schritt 2: Ablaufpläne und Checklisten erstellen Jeder Therapeut behandelt nicht nur Patienten, sondern übernimmt in der Praxis auch andere Aufgaben, wie etwa das Nachbestellen von Materialien oder die Betreuung der Social-Media-Kanäle. In Checklisten oder mit Hilfe von Ablaufplänen kann Ihr Therapeut dem Nachfolger alle wichtigen Schritte und eventuelle Besonderheiten mitteilen. Idealweise geht er diese auch noch einmal mit einem Kollegen durch. Das hilft, unverständlich formulierte Anweisungen auszumerzen und eine weitere Person weiß, was Sache ist. Tipp: Manchmal gibt es bereits entsprechende Checklisten und Co. aus früheren Übergaben. Hier reicht es aus, wenn Ihr Mitarbeiter sie überprüft und entsprechend anpasst. Schritt 3: Patientenakten aktualisieren Abkürzungen, Stichpunkte, Verweise: In Patientenakten nutzen Therapeuten gerne ihre „eigene Sprache“. Sie wissen zwar ganz genau was damit gemeint ist, viele Kollegen aber nicht. Damit der neue Therapeut die Hieroglyphen auch entziffern kann, bitten Sie Ihren Noch-Mitarbeiter, seine Akten durchzuschauen und entsprechende Passagen oder Kürzel kurz zu erklären. Hilfreich sind auch ergänzende Hinweise zu Patienten, wenn es etwa Besonderheiten im Umfeld des Patienten gibt o. ä. Auch wenn Patienten am Vormittag besser mitmachen als am Nachmittag, ist das eine Notiz wert. Übersichtliche Ablaufpläne und Checklisten Gestaltung: kurze Sätze Umgangssprache Abkürzungen vermeiden Aufzählungszeichen, Nummerierungen, „Schritt für Schritt“ Manchmal helfen Skizzen oder Bilder, Aufgaben, Handlungsschritte oder ein Ergebnis zu visualisieren. Inhalt: Das Dokument sollte Antworten auf folgende Fragen geben: Was ist die Aufgabe? Wie führe ich sie aus? Kommen Hilfsmittel/Dokumente/Formulare zum Einsatz? Wenn ja, welche? Wie oft führe ich die Aufgabe aus? Gibt es Ansprechpartner? Gibt es Besonderheiten, die ich beachten muss? Außerdem interessant: Praxischefs müssen Mitarbeiter auf Urlaubsverfall hinweisen Mitarbeiter durch betriebliche Altersvorsorge unterstützen: Betriebsrentenstärkungsgesetz gilt auch für Therapiepraxen Freie Mitarbeiter – selbstständig oder angestellt? Mehr als Krankenkassenzulassung entscheidend für den Status