Klare Absage an Substitution: Deutscher Ärztetag besteht auf Verordnungsmonopol

„Ärztliche Vorbehaltsleistungen dürfen nicht an nichtärztliches Personal abgegeben werden“, findet der 121. Deutsche Ärztetag. Außerdem fordern die Ärzte eine Reform des Heilpraktiker-Gesetzes (HeilprG) und eine gebührenfreie Ausbildung in den Gesundheitsberufen. Für Heilmittelerbringer lohnt sich ein Blick auf die Beschlüsse des Ärztetages, um zu verstehen, welche Positionen die Ärztefunktionäre zukünftig in der Politik vertreten werden. Schon 2017 hatte sich der Ärztetag dafür ausgesprochen, dass die Übertragung ärztlicher Aufgaben nach dem Delegationsmodell, also „ausschließlich unter ärztlicher Anleitung und Überwachung“, erfolgen soll. Versorgungsverantwortung auf nichtärztliche Gesundheitsberufe zu übertragen, sprich ein Substitutionsmodell, lehnen die Ärztefunktionäre auch in den aktuellen Beschlüssen von 2018 ab. Die Übertragung ärztlicher Vorbehaltsleistungen sei patientengefährdend, so der Ärztetag in einer Entschließung und verstoße gegen geltendes (Bundes-) Recht. Ein entsprechender Antrag wurde an den Vorstand zur Weiterbearbeitung überwiesen – mit der Zielsetzung, dass sich die Bundesärztekammer aktiv an der Neuordnung der Gesundheitsfachberufe beteiligt. Heilpraktiker-Gesetz reformieren „Im Sinne einer verstärkten Patientensicherheit wollen wir das Spektrum der heilpraktischen Behandlungen überprüfen“, heißt es in der Begründung des Antrags „Behandlungsspektrum von Heilpraktikern prüfen“. Die neue Heilpraktikerüberprüfungsrichtlinien des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vom März 2018 würde lediglich eine „Überprüfung“ vorsehen. Damit könne, so der Ärztetag, „keine positive Feststellung einer theoretisch und oder praktisch erworbenen Qualifikation verbunden sein, sondern lediglich die negative Feststellung, dass von der betreffenden Person keine Gefahr ausgehen soll… Im Interesse der Patientensicherheit muss eine Reform des Heilpraktikergesetzes (HeilprG) deswegen vor allem den Umfang der Tätigkeitserlaubnis in den Blick nehmen.“ Letztlich will der Ärztetag vor allem die invasiven Maßnahmen sowie Krebstherapie aus dem Erlaubniskatalog der Heilpraktiker streichen. Die sektoralen Heilpraktikererlaubnisse wird das nicht berühren. Gebührenfreie Ausbildung für Assistenzberufe Der Ärztetag fordert zudem: „Gleiche Rahmenbedingungen für alle Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen“. Dazu gehöre „eine gebührenfreie Ausbildung an entsprechend geförderten Schulen oder Akademien, bundesländerübergreifende einheitliche Ausbildungsinhalte mit staatlich anerkanntem Abschluss und die Schaffung einer dem Ausbildungsstand angepassten Ausbildungsvergütung.“ Das hört sich erstmal gut an, verfolgt aber in Wirklichkeit das Ziel, Gesundheitsfachberufe endgültig als Assistenzberuf zu etablieren. Akademisierte Gesundheitsberufe umfasst der Antrag nicht. Deutsche Ärztetag - das "Parlament der Ärzteschaft" Der Deutsche Ärztetag ist die Hauptversammlung der Bundesärztekammer und findet einmal jährlich, dieses Jahr vom 8. bis 11. Mai in Erfurt statt. Zu seinen Aufgaben gehört es, länderübergreifende Regelungen zum Berufsrecht (z. B. die Muster-Berufsordnung und die Muster-Weiterbildungsordnung) zu erarbeiten und zu verabschieden sowie die Positionen der Ärzteschaft zu aktuellen gesundheits- und sozialpolitischen Diskussionen der Gesellschaft zu artikulieren und sie der Öffentlichkeit zu vermitteln. Überheblicher Ärztetag ohne Realitätsbezug Ein Kommentar von Ralf Buchner Wer es nicht schon immer wusste, kann es aus dem Beschlussprotokoll der 121. Ärztetages herauslesen: Ärzte sind die einzigen Menschen in Deutschland, die in der Lage sind und das Fachwissen haben, kranke Menschen zu behandeln. Deswegen dürften „ärztliche Vorbehaltsleistungen nicht an nichtärztliches Personal abgegeben werden“. Das ist schon richtig überheblich, denn hier wird nicht etwa von bestimmten Gesundheitsberufen gesprochen, sondern von „nichtärztlichem Personal“. Für die Ärzte gibt es also nur zwei Gruppen im Gesundheitswesen, die Ärzte und die Nichtärzte. Tatsächlich glauben die versammelten Ärztefunktionäre, die Lösung aller Gesundheitsprobleme in Deutschland läge im Ausbau des ärztlichen Verordnungsmonopols. Alle anderen Gesundheitsfachberufe – sorry, Nichtärzte – dürfen dann gern assistieren… In Wirklichkeit gibt es das von den Ärzten beschworene Versorgungs- und Verordnungsmonopol gar nicht mehr: Google spuckt schon heute differenziertere Diagnosen aus, als die meisten Ärzte in der Lage sind zu stellen. Patienten gehen lieber zum Heilpraktiker, der sich Zeit nimmt – trotz der von den Ärzten beklagten „Gefährdung der Patientensicherheit“. Und viele hunderttausende Patienten erkaufen sich schon lange den Direktzugang zu Heilmittelerbringern in Form von Selbstzahlerleistungen. Jetzt wird es höchste Zeit, diese Realität gerade auch in den Berufsgesetzen der Gesundheitsfachberufe abzubilden. Heilmittelerbringer müssen als erstklassige Fachleute an vorderster Linie in die Versorgung der Patienten mit eingebracht werden. Damit ließen sich auch eine Menge ärztlicher Probleme lösen, beispielsweise Budgetstress, Wartezeiten auf Termine und Unterversorgung auf dem Lande. Aber diese Realität scheint auf dem Ärztetag der Überheblichkeit zum Opfer gefallen zu sein. Obwohl jeder niedergelassene Arzt davon profitieren würde.