Wissensschatz sichern

„Ich wünsche dir alles Gute!“, mit diesen Worten verabschieden Sie Ihren langjährigen Mitarbeiter, der wegen eines Umzugs gekündigt hat. Seinen Schlüssel hat er abgegeben, die Patientenakten sind auf dem aktuellen Stand, es gab eine Abschiedsfeier und morgen fängt sogar bereits ein neuer Kollege an. Also alles ganz so, wie es sein soll. Wirklich? Wenn Mitarbeiter die Praxis verlassen, geht mit ihnen oft auch wertvolles Erfahrungswissen. Wir zeigen Ihnen, wie möglichst viel davon in der Praxis bleibt. Ein Großteil unseres Handelns basiert auf Erfahrungen und Erinnerungen. Wir wissen einfach, wie etwas geht oder wie etwas gut funktioniert, können es aber nicht erklären. Einige Therapeuten sind beispielsweise wahre Profis darin, ihre Patienten dazu zu motivieren, Übungen auch konsequent zu Hause durchführen. Wenn man sie fragt, wie sie das machen, kommt oft die Antwort: „Ach, kann ich gar nicht so genau sagen.“ Dieses Know-how zählt zum sogenannten impliziten Wissen. Implizites Wissen sichern Kündigt ein Therapeut oder geht er in Rente, verlässt mit ihm auch wertvolles Wissen die Praxis. Die folgenden Methoden helfen, dieses aus Ihren Mitarbeitern herauszukitzeln und für Nachfolger festzuhalten: 1. Storytelling Es war einmal... So wie viele Märchen anfangen, könnte auch die Geschichte Ihres Mitarbeiters starten, in der er über beispielsweise eine besonders schwierige Therapeuten-Patienten-Begegnung berichtet. Denn beim Storytelling geht es genau darum: Erfahrungsgeschichten zu erzählen und sie zu dokumentieren. Dabei kann es sowohl um Höhepunkte als auch Krisen im Berufsalltag oder Anekdoten gehen. Da bei der Geschichte Emotionen mit im Spiel sind, können sich die Nachfolger das Gesagte viel besser merken als reine Informationen. So funktioniert’s: Sie oder ein Kollege leiten das Gespräch und achten darauf, dass grob folgende Fragen beantwortet werden: Wie kam es zu der Situation? Was geschah dann? Wie hast du reagiert? Was hast du daraus gelernt? Idealerweise erfolgt das Gespräch gemeinsam mit dem neuen Mitarbeiter. Es kann aber auch ein Kollege das Gesagte dokumentieren oder Sie zeichnen das Gespräch auf. Tipp: Locker aus dem Arbeitsalltag zu erzählen – das ist nicht für jeden etwas. Eine Alternative stellt das Interview dar, bei dem vorab festgelegte Fragen durchgegangen werden, etwa: Welche 10 Tipps gibst du deinem Nachfolger mit auf dem Weg? Gibt es Dinge, bei denen du dachtest: „Hätte ich das mal früher gewusst!“? Wissen im Team halten Manchmal übernehmen auch Kollegen (vorläufig) die Aufgaben. Die Wissensweitergabe ist dadurch jedoch nicht weniger wichtig. Denn auch sie profitieren von dem Erfahrungsschatz. Der Vorteil: Da alle an einem Ort sind, können persönliche Gespräche flexibel stattfinden und Nachfragen sind jederzeit möglich. 2. Mentoring Diese Methode eignet sich besonders für die Konstellation: kurz vor der Rente und Neueinsteiger. Wenn Sie diese beiden Mitarbeitertypen im Team haben, fragen Sie, ob die beiden sich ein Mentorenprogramm vorstellen können, bei dem der Therapeut (Mentor) sein Know-how an den Unerfahreneren weitergibt. Auch hier geht es nicht darum, zu zeigen, wo welche Materialien hingehören, sondern während des Zusammenarbeitens Erfahrungen zu teilen und Fragen zu beantworten. So funktioniert‘s: Beide Kollegen vereinbaren, wie sie vorgehen möchte und welche Themen interessant sind. Damit das Mentoring erfolgreich abläuft, ist ein offener und vertrauensvoller Umgang ein Muss. Beide Seiten müssen Lust darauf haben, denn gerade vom Mentor braucht es viel Engagement. Bedenken Sie dies bei der Entscheidung, zwei Mitarbeitern diese Zusammenarbeit anzubieten. 3. Mikroartikel Diese Methode ähnelt der des Storytellings, allerdings liegt der Fokus hier nicht auf dem Erzählen, sondern auf dem Aufschreiben einer Erfahrungsgeschichte. Ihr Therapeut schildert auf maximal einer DIN A4-Seite eine Problemsituation, wie er diese gelöst hat und welche Erfahrungen er daraus mitgenommen hat. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sie wenig Zeit in Anspruch nimmt und auch für jene Therapeuten gut geeignet ist, denen freies Reden nicht so leichtfällt. Wissensbaum: Sich des eigenen Know-hows bewusst werden Wenn Sie Mitarbeiter bitten, sich zu überlegen, welches Wissen für Nachfolger relevant sein kann, fällt diesen vielleicht auf Anhieb nichts ein. Für solche Fälle eignet sich der Wissensbaum, denn er hilft bei der Eigenreflektion und damit dabei, sich das eigene Know-how vor Augen zu führen. Malen Sie schemenhaft einen Baum auf ein Blatt Papier: Wurzeln, Stamm und Blätter. In die Wurzeln schreibt ihr Mitarbeiter nun seinen beruflichen Werdegang in Stichpunkten, inkl. Fortbildungen und evtl. vorheriger Tätigkeiten. Im Stamm beschreibt er die Kernkompetenzen – von Eigenschaften wie hohes Pflichtbewusstsein, eigenständiges Arbeiten und Zuverlässigkeit bis hin zu Therapiekenntnissen oder das Stichwort Hausbesuche, wenn er diese oft durchführt. Die Blätter symbolisieren die „Früchte der Arbeit“: Fachwissen zu bestimmten Themen, Spezialisierungen in der Therapie, konkrete Tätigkeiten. Anhand des Wissensbaums können sie gemeinsam schauen, welches Know-how gesichert und weitergegeben werden soll und dementsprechend die passende Methode auswählen. Außerdem interessant: Ich weiß etwas, was du nicht weißt - Wie Sie Faktenwissen erhalten, wenn Mitarbeiter die Praxis verlassen Stille Wasser sind tief – So laufen introvertierte Mitarbeiter zu Bestform auf Rebellische Mitarbeiter: So unterbinden Sie respektloses Verhalten Mitarbeiter richtig motivieren