Duzen oder Siezen

Wie handhaben Sie das Siezen und Duzen in Ihrer Praxis? Gilt ein einheitliches „Du“? Oder gehören Sie ganz klar zur Sie-Fraktion? Vielleicht variieren Sie auch – je nach Bauchgefühl. Fakt ist: Die Ansprache der Patienten sollte wohl überlegt sein. Denn treffen wir den falschen Ton, verärgern wir sie vielleicht. Auf der anderen Seite kann die richtige Ansprache aber auch ein Türöffner sein und Ihr Praxisimage stärken. Für viele gehört das Siezen von Patienten einfach zum guten Ton. Denn die formelle Ansprache ist hierzulande ganz allgemein ein Zeichen von Respekt. Zudem hilft das „Sie“, einen professionellen Abstand zu bewahren. Das wiederum kann die Qualität der Behandlung positiv beeinflussen. Doch auch das „Du“ hat so seine Vorteile. Das Duzen ist lockerer und weniger formell, die Kommunikation findet direkt auf einer persönlicheren Ebene statt. Es transportiert die Message: „Ich bin für dich da, auf mich kannst du dich verlassen.“ Viele Patienten sind entspannter, wenn sie geduzt werden und es fällt ihnen leichter, sich zu öffnen und sich auf die Therapie einzulassen. Du = unseriös? Wie kompetent und seriös Sie und Ihre Mitarbeiter auf die Patienten wirken, hängt übrigens nicht davon ab, ob Sie sie duzen oder siezen. Vielmehr zählen die gesagten Inhalte, das Auftreten und die Art und Weise, wie Sie die Patienten behandeln – zuvorkommend und auf Augenhöhe. Den richtigen Weg finden Ist es nun also besser, die Patienten zu duzen oder zu siezen? Auf diese Frage gibt es genauso wenig eine pauschal richtige Antwort wie darauf, ob es besser ist, die Praxis um sieben oder um neun Uhr zu öffnen. Jeder Praxisinhaber muss für sich entscheiden, wie er es mit der Ansprache hält. Um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern, helfen die folgenden Fragen: Welches Patientenklientel betreue ich? Finden eher ältere oder jüngere Patienten den Weg in meine Praxis? Viele ältere erwarten es, gesiezt zu werden. Jüngere fühlen sich oft mit einem „Du“ wohler. In welchem Stadtteil liegt meine Praxis? Im hippen, jungen Viertel oder einer wohlhabenden, gediegeneren Gegend? Dementsprechend unterscheidet sich auch die Klientel – und unter Umständen die Ansprache. Wie ist meine persönliche Einstellung zum Thema Sie und Du? Ist die persönliche Ansprache, bestehend aus Vornamen und „Du“, Teil der Praxiskultur und verkörpert damit auch Sie selbst? Oder fühlen Sie sich beim Siezen wohler? Egal, wofür Sie sich entscheiden: Nur wenn Sie sich damit wohlfühlen wirkt es authentisch. Verstellen Sie sich, merken das auch die Patienten. Fallstricke kennen – und meiden 1 | Wer zu schnell und ungefragt duzt, läuft Gefahr, dass sich das Gegenüber unwohl fühlt – insbesondere bei der älteren Generation. Starten Sie daher bei neuen Patienten im Zweifelsfall lieber mit einem „Sie“. Sind Sie sich sympathisch, können Sie nach gewisser Zeit das Du anbieten. Ausnahme: Duzen ist Bestandteil Ihrer Praxiskultur. Dann weisen Sie die Patienten direkt darauf hin und fragen sie, ob sie damit einverstanden sind. 2 | Sie siezen, Ihre Patienten duzen – auch das kann vorkommen. Gehen Sie entweder auch auf das „Du“ über oder – wenn es Sie stört – bleiben Sie beim Siezen. Sie können den Patienten auch höflich darauf hinweisen, dass Sie lieber beim „Sie“ bleiben möchten. 3 | Auf der Website duzen Sie Ihre Patienten, in der Praxis sprechen alle aus dem Team die Patienten konsequent mit „Sie“ an? Das passt nicht zusammen. Entscheiden Sie sich für eine Ansprache und unterscheiden Sie nicht zwischen online und offline. Ausnahme: Sie sind auf Social Media-Kanälen wie Instagram unterwegs. Dort ist es üblich, die Follower – und damit auch die Patienten – zu duzen. 4 | Bedenken Sie bei der Wahl der Ansprache, dass diese vor allem eines sein sollte: authentisch. Ein Beispiel: Ihre Mitarbeiter tragen Sneakers, dunkle Poloshirts und das Interieur der Praxis erinnert an ein Szene-Café – trendig und hip. Ein „Du“ ist in solch einem Umfeld deutlich authentischer als ein „Sie“. 5 | Egal für welche Variante der Ansprache Sie sich entscheiden: Sorgen Sie dafür, dass alle Mitarbeiter wissen, wie Sie die Patienten anzusprechen haben und achten Sie darauf, dass Sie dies auch umsetzen. Das „Du“ weckt gewisse Erwartungen Wer seine Patienten duzt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er ihnen damit freundschaftliche Nähe signalisiert. Was viele nicht bedenken: Werden Patienten mit einem „Du“ angesprochen, steigt die Erwartungshaltung an Sie und Ihre Leistungen. Für Sie bedeutet das: 1. Freunde erreicht man immer – und wenn nicht, bekommt man wenigstens signalisiert „Ich habe dich wahrgenommen, ich melde mich schnellstmöglich“. Vermitteln Sie auch den Patienten dieses Gefühl. Sorgen Sie dafür, dass sie während der Sprechzeiten immer einen Ansprechpartner haben bzw. schalten Sie den Anrufbeantworter an und rufen Sie zeitnah zurück – etwa zwischen zwei Patienten und nicht erst am nächsten Tag. 2. Patienten, die geduzt werden, geben sich meist nicht mit Standardlösungen zufrieden. Sie erwarten eine individuelle Betreuung. 3. Wenn Sie Duzen, muss auch der Ton stimmen – locker aber zuvorkommend. Natürlich wissen nicht nur Patienten, die geduzt werden, solch einen Service zu schätzen. Auch wenn Sie Ihre Patienten siezen, kommt er sicher gut bei ihnen an. Außerdem interessant: Du oder Sie? Themenschwerpunkt 8.2022: Erfolgreiches Recruiting trotz Fachkräftemangel