„Ich achte darauf, was mir bei der Arbeit wichtig ist und überlege, ob ich mir vorstellen könnte, nach der Ausbildung hier zu arbeiten.“

Aliya Blake ist im zweiten Jahr ihrer schulischen Ausbildung zur Physiotherapeutin. Ein Praktikum hat sie bereits komplett abgeschlossen. Zum Zeitpunkt des Interviews Mitte Dezember 2022 war sie kurz vor dem Abschluss des zweiten. Wir haben mit ihr über ihre Erfahrungen gesprochen und sie gefragt, wie sie sich ein gelungenes Praktikum vorstellt und was sie sich von den Praxen wünscht. Aliya, direkt mitten rein ins Thema: Wie sieht ein optimales Praktikum für Dich aus? Was ist Dir da am wichtigsten? Für mich ist es besonders wichtig, dass ich feste Ansprechpartner:innen habe, die ich fragen kann, wenn ich Probleme habe oder etwas unklar ist. Dann ist mir noch wichtig, dass ich viel mitlaufen darf, also viel hospitieren kann, aber dass ich auch genügend Patientinnen und Patienten habe, damit ich üben kann. Schließlich möchte ich das, was ich in der Schule gelernt habe, auch praktisch anwenden. Außerdem sind mir eindeutige Vorgaben und eine klare Struktur wichtig, etwa dazu, was ich machen darf und was ich nicht machen sollte. Wie sieht es mit den Behandlungszeiten im Praktikum aus? Behandelst Du nach den gleichen Takten wie die ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten? Ich habe jetzt noch nicht mehrere Patienten direkt nacheinander behandelt. Dadurch war ich noch nicht in der Situation, dass ich da Zeitdruck hatte. Meine Behandlungen waren bisher immer eher vereinzelt. Dabei konnte ich mir dann auch etwas mehr Zeit nehmen. Wenn ich allerdings mehrere Patient:innen nacheinander im Plan hätte, müsste ich mich auch an die gleichen Zeiten halten, die für alle Therapeutinnen und Therapeuten gelten. Wie findest Du das? Würde Dir das schwerfallen oder wäre das für Dich kein Problem? Ich habe damit an sich kein Problem. In meinem ersten Praktikum wurde im 20-Minuten-Takt behandelt, jetzt im zweiten Praktikum sind es eher 30 Minuten. Bei 30 Minuten hat man natürlich etwas mehr Zeit. 20 Minuten sind schon knackig, aber damit bin ich auch gut klargekommen. Man gewöhnt sich daran. Aber es ist natürlich auch gut, etwas mehr Zeit zu haben, nicht nur für die Patient:innen, sondern auch als Vor- und Nachbereitungszeit für mich selbst. Diese Zeit brauche ich, um eben zu schauen, was hat der Patient, wie ist die Diagnose, welche Behandlung ist angemessen, welche Übungen oder Techniken passen da. Gerade in meinem ersten Praktikum war es wichtig, dafür ausreichend Zeit zu haben. Und eben auch nach der Behandlung nochmal zu schauen, wie ist es gelaufen, was war gut, war die Behandlung angemessen, was muss ich vielleicht beim nächsten Mal noch ändern. Hast Du die einzelnen Fälle dann auch immer noch mit den behandelnden Therapeutinnen und Therapeuten besprochen? Das nicht unbedingt. Ich habe die Vor- und Nachbereitung eher so für mich gemacht. Allerdings saß ich dabei im Aufenthaltsraum und es war kein Problem, jemanden anzusprechen, wenn ich doch nochmal Fragen hatte. Es waren auch alle immer sehr nett und hilfsbereit. Also hatte ich die Vor- und Nachbereitungszeit eigentlich für mich, aber es gab bei Bedarf auch immer Hilfe. Wie war die Vielfalt im Praktikum? Konntest Du bei vielen verschiedene Behandlungen dabei sein und war Dir das wichtig? Wie wurde das organisiert? In meinem ersten Praktikum war es so, dass ich mir das komplett selbst aussuchen konnte. Ich habe mir meinen Plan selbst zusammengestellt, nach dem, was mich interessiert hat und was ich gerne machen wollte. Ich konnte auch die Patientinnen und Patienten fragen, ob sie zusätzlich von mir behandelt werden möchten, quasi als Extra-Therapie. Dabei habe ich darauf geachtet, dass genug Variation dabei ist. Ich war in der Orthopädie. Da habe ich geschaut, dass jedes Gelenk mal dabei war, sodass ich Übung mit den verschiedenen Krankheitsbildern bekomme. Du hast also keine Verordnungen abgearbeitet, sondern zusätzliche Behandlungen angeboten? In der Physiotherapie ist es ja mittlerweile auch erlaubt, dass Praktikant:innen Therapien durchführen, ohne dass ausgebildete Therapeut:innen im Raum sein müssen. Das war bei Dir aber nicht so? Das war unterschiedlich. Im ersten Praktikum habe ich nicht auf Rezept gearbeitet, sondern quasi als Bonus für die Patientinnen und Patienten zusätzliche Behandlungen angeboten. Jetzt im zweiten Praktikum behandele ich auch im Rahmen der Verordnung. Das wird also unterschiedlich gehandhabt und hängt sicher auch damit zusammen, wie weit man in der Ausbildung ist. Wie war denn die erste Behandlung alleine? Wurdest Du gut darauf vorbereitet oder ins kalte Wasser geworfen? Da wurde ich wirklich gut vorbereitet. Ich bin die ersten zwei Wochen erstmal angekommen und nur mitgelaufen. Dabei konnte ich mir viel anschauen. Auf meine erste Behandlung habe ich mich dann auch richtig gefreut. Ich war ein bisschen nervös, habe mich aber sehr gut vorbereitet und mich auch entsprechend sicher gefühlt. Ich durfte auch vorab bei den Behandlungen, bei denen ich mitgelaufen bin, immer mal etwas machen, eine Übung anleiten und ähnliches. Das war ein guter Einstieg. Ich war auch entspannter, wenn mir keiner über die Schulter geschaut hat. Dann fühle ich mich nicht so beobachtet. Es macht mir also nichts aus, Patient:innen alleine zu behandeln, ganz im Gegenteil. Wie sieht es denn mit den Aufgaben außerhalb der Behandlung aus? Ist es Dir wichtig, im Praktikum auch etwas über Praxisorganisation, Terminmanagement, Verwaltung, Verordnungsprüfungen und so weiter zu lernen? Auf jeden Fall! Ich finde das auch für die Zukunft sehr wichtig, da Einblicke zu bekommen. Vielleicht möchte ich mich später mal selbständig machen. In der Schule wird das nur am Rand thematisiert. Bisher hatte ich in meinen Praktika noch nicht so wirklich die Gelegenheit, aber das würde ich mir noch wünschen. Ich denke, das sollte auch zum Praktikum gehören. Bei einer Praktikumszeit von acht oder neun Wochen verbringt man ja viel Zeit in einer Praxis. Was ist Dir wichtig, damit Du Dich in der Praxis und mit dem Team wohlfühlst? Ich finde es gut, wenn am ersten Tag jemand da ist, der einen direkt mitnimmt, die Praxis zeigt und die Kolleginnen und Kollegen vorstellt. Dann fühlt man sich nicht so verloren, sondern hat direkt eine Einweisung, kann entspannt ankommen und erfährt, wie alles so läuft in der Praxis. Natürlich lernt man nicht alle Mitarbeiter:innen beim ersten Rundgang kennen, aber es ist schon eine gute Basis, um am Anfang die Abläufe kennenzulernen und langsam reinzukommen. Wäre es Dir denn lieber, bei einer Therapeutin oder einem Therapeuten die gesamte Praktikumszeit mitzulaufen, also eine feste Person als Ansprechpartnerin zu haben? Oder findest Du es besser, mehr Abwechslung zu haben und eben auch verschiedene Arbeitsweisen kennenzulernen? Letzteres, ich denke, da ist die Abwechslung auch wichtig. Bisher konnte ich mir immer aussuchen, wo ich mitlaufe und das war auch sehr gut so. So kann ich mir immer das, was ich bei den jeweiligen Therapeutinnen und Therapeuten am besten finde, herauspicken, und meine eigene Vorgehensweise daraus basteln. Auf Grundlage der Erfahrungen, die Du bisher durch Deine Praktika in den Praxen sammeln konntest, wie sieht Dein Traum-Arbeitsplatz für die Zukunft aus? Das ist gar nicht so einfach. Auf jeden Fall ist mir das Team sehr wichtig. Ich wünsche mir eine gute Arbeitsatmosphäre, Harmonie, klare Strukturen und Zuständigkeiten. Und Hilfsbereitschaft, denn gerade nach dem Examen ist man ja doch noch eher unsicher und unerfahren. Da wünsche ich mir ein Team, in dem ich auch Fragen stellen kann und Unterstützung bekomme. Siehst Du denn Deine Praktika auch als eine Art Testlauf für potenzielle spätere Arbeitgeber? Ja, auf jeden Fall. Bisher hatte ich wirklich Glück und war beide Male sehr zufrieden. Aber natürlich sehe ich das schon auch als Testlauf. Ich achte darauf, was mir bei der Arbeit wichtig ist und überlege, ob ich mir vorstellen könnte, nach der Ausbildung hier zu arbeiten. Man ist ja auch unsicher und weiß nicht genau, wo es nach dem Examen hingeht. Wenn man dann in den Praktika schon eine Vorstellung davon bekommt, wo man später arbeiten möchte, nimmt das natürlich auch ein Stück weit diese Unsicherheit. In der Praxis, in der ich mein erstes Praktikum gemacht habe, arbeite ich auch nebenbei im Rahmen eines Minijobs weiter und mache dort die Betreuung auf der Trainingsfläche. Sprecht Ihr in der Schule untereinander über Eure Erfahrungen in den einzelnen Praxen? Natürlich. Wir tauschen uns da aus und sprechen darüber, was in den jeweiligen Praktika gut gelaufen ist, wie die Erfahrungen so waren und ob man sich vorstellen könnte, in der Praxis später mal zu arbeiten. So bekommt man noch viel mehr auch von anderen Praxen mit. Aliya, vielen Dank für das Gespräch! Diese Artikel gehören zum Themenschwerpunkt "Erfolgreiche Praktikumsbetreuung": Themenschwerpunkt 1.2023: Erfolgreiche Praktikumsbetreuung – So sicherst Du Dir schon heute die Mitarbeiter von morgen Praktika als Investition in die Zukunft „Ich achte darauf, was mir bei der Arbeit wichtig ist und überlege, ob ich mir vorstellen könnte, nach der Ausbildung hier zu arbeiten.“ – Interview mit Aliya Blake Checkliste Praktikum: Dos und Don’ts im Überblick Praktikumsablauf: Vom ersten Kontakt bis zum Abschlussgespräch How to: Reflexionsgespräche im Praktikum „Fast ein Drittel unseres Teams sind ehemalige Praktikanten“ Wer übernimmt die Praktikumsbetreuung? Diese 6 Eigenschaften sollten die Mitarbeiter mitbringen Checkliste Praktikumsbetreuung