„Ohne mein Team hätte ich meine Depression nicht so gut überstanden“

Die Physiotherapeutin und Praxisinhaberin Modesta Kriebel leidet seit einigen Jahren unter Depressionen, Ursache dafür ist unter anderem ihre Fibromyalgie-Erkrankung (mehr zu ihrer Geschichte lest Ihr unter www.up-aktuell.de/mk). Sie erzählt uns, wie sie es geschafft hat, dass es ihr heute besser geht und auch, welche Rolle ihr Praxis-Team dabei spielt. Denn ihre Mitarbeiterinnen haben sich gekümmert, ihr die Augen geöffnet und gemeinsam mit ihr in die Zukunft geschaut. Modesta Kriebel leidet seit Jahren unter Schmerzen am ganzen Körper. Sie war bei zahlreichen Ärzt:innen, aber eine Diagnose gab es nie. Hinzu kamen einige private Schicksalsschläge, die Corona- Pandemie sowie Erkrankungen von Mitarbeiterinnen. Ihr ging es nach und nach auch psychisch schlechter. Ihre Rezeptionskraft nahm schließlich all ihren Mut zusammen und machte Modesta auf ihren Zustand aufmerksam. Das öffnete ihr die Augen. Sie organisierte sich einen Aufenthalt in einer multimodalen Schmerzklinik, in der sie die Diagnose Fibromyalgie bekam. Bei Modesta geht diese mit einem Hashimoto-Syndrom sowie einer Depression einher. In der Klinik erhielt sie verschiedene Therapien und wurde medikamentös mit Schmerzmitteln und Antidepressiva eingestellt. Ihre Praxis hält sie die ganze Zeit am Laufen. „Ich muss ganz klar sagen, dass ich die Zeit mit meinen Depressionen ohne mein Praxisteam nicht so gut überstanden hätte. Meine Mitarbeiterinnen waren einfach grandios“, erzählt Modesta Kriebel. „Sie waren einfach da, haben keine meiner Entscheidungen infrage gestellt. Dann kamen sie manchmal um die Ecke, haben gesehen, dass ich nicht gut aussehe und nahmen mich einfach mal in den Arm.“ Es gab auch Tage, an denen Modesta es nicht mehr geschafft hat, zum Beispiel nach einer Pause zurück in die Praxis zu kommen. Das Team hat sich dann kommentarlos um Terminverlegungen bzw. -absagen gekümmert, mit Patient:innen telefoniert und sie so während dieser Zeit unterstützt. Auch in Coronazeiten guter Zusammenhalt Mit der Corona-Pandemie ist Modesta zunächst ganz gut klargekommen. Eine ihrer Mitarbeiterinnen hat sich stets informiert, war sehr gut vorbereitet und wusste zu jedem Zeitpunkt, was erlaubt ist, was nicht und eben auch, was gerade zu tun ist. „Wir selbst fühlten uns eigentlich immer recht sicher und mit Masken gut geschützt. Unsere Sorge galt eher unseren Patienten“, erklärt die Physiotherapeutin. „Wir haben einen Neuro-Schwerpunkt und haben viele schwerkranke Kinder sowie Parkinson- und Krebspatienten behandelt. Da wir so viele Kontakte hatten, hatten wir immer eher Angst, dass wir unsere Patienten anstecken könnten.“ Als auch noch die tägliche Testpflicht im Oktober 2021 in den Praxen eingeführt wurde, kam zu den Sorgen noch mehr Organisationsaufwand, den sie und ihr Team stemmen mussten. Eine sehr anstrengende Zeit für alle. „Ich erinnere mich, dass ich noch genau neun Tests in der Praxis hatte, als es plötzlich hieß, nun müssten wir uns alle täglich testen“, sagt sie sie. „Wir waren fünf Kolleginnen. Ich bin dann nach Hause und vor meinem Mann in Tränen ausgebrochen, weil ich nicht wusste, wie ich das jetzt auch noch organisieren sollte.“ Das sind Momente, in denen Modesta verzweifelt. „Ich habe gesehen, wie die Menschen irgendwie alle durch die Corona-Pandemie kommen und ich hatte das Gefühl, dass ich mein Leben nicht mehr im Griff habe“, sagt sie. „Da habe ich so an mir gezweifelt. Und genau das passt eigentlich nicht zu mir. Ich weiß eigentlich was ich kann und was für ein Mensch ich bin. Und dann steht man da auf einmal, ist handlungsunfähig und bekommt nichts mehr hin.“ Plötzlich erkranken nach und nach ihre Mitarbeiterinnen Ihre Rezeptionsfachkraft ist es schließlich, die Modesta die Augen öffnet und sagt, dass sie sich Hilfe holen muss. „Sie war später selbst von psychischen Problemen betroffen. Ich habe mir dann das gleiche Recht herausgenommen und sie auf ihren Umstand aufmerksam gemacht“, erzählt Modesta. „Sie war dann auch in der Reha. Ihr geht es wieder gut und sie ist wieder arbeitsfähig. Eine andere Mitarbeiterin leidet unter hohem Blutdruck und gab ihren Beruf auf, eine andere hat sich am Anfang der Pandemie Corona eingefangen und ist nie wieder auf die Fü.e gekommen. Sie ist jetzt seit zwei Jahren im Krankenstand und kann aufgrund der Langzeitfolgen nicht mehr als Physiotherapeutin arbeiten.“ Am Ende verblieb nur noch eine Mitarbeiterin in der Praxis. Trotz Depressionen: Neuanfang in der Praxis Weihnachten 2021 gab es in der Praxis dann eine ganz offene Besprechung, in der Modesta ehrlich gesagt hat, dass sie nicht weiß, ob und wenn ja wie sie im kommenden Jahr weitermachen soll und kann. „Ich wusste nicht, ob ich alle entlassen und selbst nur noch Privatpatienten behandeln wollte, sodass ich schon mal das ganze Theater mit den Krankenkassen los wäre“, berichtet sie. Anfang 2022 ging sie dann in die Schmerzklink. Nachdem sie ihren Aufenthalt dort beendet hatte, endlich wusste, was hinter ihren Beschwerden steckt und entsprechende Therapien und Medikamente erhielt, war sie direkt viel positiver gestimmt. „Ich habe meine verbleibende Therapeutin angeguckt und gesagt: Lass es uns zusammen durchziehen. Ich habe kein Problem damit, mit dir zusammen bis zur Rente die Praxis zu zweit zu stemmen.“ Sie sagten allen Patient:innen, die sie nicht mehr behandeln konnten, ab. Dazu zählten auch die Parkinson- und Krebs-Patient:innen, die die anderen beiden Therapeutinnen bisher behandelt hatten, und auch jene, die Manuelle Lymphdrainage erhielten. „Diesen Schritt zu gehen und den teilweise wirklich schwerkranken Patienten, die wirklich Hilfe brauchen, abzusagen, war nicht leicht“, berichtet sie. „Wir haben dann einige ganz wenige Patienten, denen es sehr schlecht ging, weiter behandelt.“ Sie hat ihren Anrufbeantworter neu besprochen mit der Information, dass nur noch Babys, Kinder und Jugendliche sowie neurologische Patient:innen behandelt werden. Personen mit orthopädischen Problemen sollten sich bitte an Kolleg:innen wenden. „So bekamen wir auch tatsächlich keine Anfragen mehr wegen Rückenschmerzen oder Knieproblemen“, erzählt Modesta. „Das war eine große Erleichterung, wenn man nicht ständig Nein sagen und Patienten enttäuschen muss.“ Außerdem gab es eine kleine Änderung in der Praxis. „Wir haben im ersten Coronajahr eine großartige Fortbildung gemacht, „Reflektorische Atemtherapie“. Wir haben im Rahmen der Fortbildung gemerkt, wie gut diese Therapie bei Long-Covid-Beschwerden helfen kann, sodass wir nun auch Long-Covid-Patienten behandeln. Diese Therapie geht über eine Stunde. Dadurch wurden unsere Tage auch massiv entschleunigt“, berichtet die Therapeutin. Am Ende ein Lichtblick Und dann kam noch einmal alles anderes, als geplant. Modesta arbeitet nebenbei auch als Dozentin an der Fachschule für Physiotherapie. „Ich hatte einen ganz großartigen Examenskurs und aus diesem Kurs habe ich im Herbst 2022 eine neue Mitarbeiterin und einen neuen Mitarbeiter eingestellt“, berichtet sie. „Um den neuen Mitarbeiter habe ich so geworben. Er war im pädiatrischen Einsatz einfach so gut.“ Die beiden unterstützen Modesta und ihre Mitarbeiterin nicht nur bei der Behandlung schwerkranker Kinder, sondern haben beide auch die Fortbildung Manuelle Lymphdrainage gemacht. „Wir haben eine Liste mit den Patienten erstellt, die wir nicht mehr versorgen konnten und haben diese jetzt abtelefoniert, ob sie versorgt sind, oder ob sie wieder in die Praxis kommen wollen“, erzählt Modesta. „Und nun können wir wieder Patienten auch mit MLD behandeln. Das ist wirklich ein sehr schönes Gefühl.“ Diese Artikel gehören auch zum Themenschwerpunkt "Depressionen und Co.: Schluss mit dem Tabu!": Depressionen und Co.: Schluss mit dem Tabu! 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