Kinderfüße verdienen eine besondere Beachtung

Unsere Füße tragen uns ein Leben lang. Jeden Tag meistern sie zwischen acht- und zehntausend Schritte und umrunden somit im Laufe eines Lebens ganze drei Mal die Erde. Eine Spitzenleistung, der leider oft zu wenig Beachtung geschenkt wird – vor allem bei den Kleinsten. Ein Grund, warum sich die Podologin Kerstin Skodell seit 30 Jahren auf die Behandlung von Kinderfüßen spezialisiert hat. Die 61-Jährige erinnert sich an ein Schlüsselerlebnis aus ihrer Anfangszeit als Podologin. „Ein Vater kam damals mit seinem Kind in die Praxis. Das Kind klagte neuerdings beim Laufen über Schmerzen am linken Fuß“, erzählt Kerstin Skodell. „Die Ursache war nach einer eingehenden Untersuchung der Fü.e und Schuhe schnell gefunden: Der linke Schuh wies eine kleinere Schuhgröße auf als der rechte, was natürlich Druck verursachte. Und dabei waren die Kinderschuhe in einem Fachgeschäft gekauft worden!“ Zu enge Schuhe oder zu kleine Strampler Ein zweiter Fall überzeugte die Podologin aus dem baden-württembergischen Hüfingen schließlich, sich stärker um die Fußgesundheit der Jüngsten zu kümmern. „Eine Mutter kam mit ihrem drei Monate alten Säugling zu mir“, berichtet die Praxisinhaberin. „Die Nägel des Babys zeigten eine Krümmung über die Zehenkuppe, den sogenannten Unguis inflexus oder auch Rollnagel - ungewöhnlich in diesem Lebensalter.“ Auch hier war die Ursache schnell gefunden: Zu kleine Strampler oder Strumpfhosen! „Die Nägel der Säuglinge sind noch sehr weich und formbar“, erklärt die Podologin. Laufender Prozess bis zur Spezialisierung Bis aber ihre Spezialisierung auf die Behandlung von Kinderfü.en konkrete Gestalt annahm, dauerte es. „Es war ein laufender Prozess“, erinnert sich Kerstin Skodell. „Immer wieder suchten Eltern mit ihren Kindern unsere Praxis auf, vor allem auch Kinder mit systemischen Erkrankungen und Hauterkrankungen. Dies inspirierte mich, bei jedem neuen Fall zu recherchieren und nach Hilfen durch mögliche podologische Maßnahmen zu suchen.“ Sie informierte sich in der Fachliteratur über die Entwicklungsstadien der Kinderfüße und besuchte entsprechende Seminare. Parallel dazu erweiterte sie ihre Praxisausstattung, schaffte ein plus 12-Fuß-Schuhmessgerät für passende Kinderschuhe sowie kleine Instrumente, Kinderpflaster und Fuß- und Zehenmodelle an. „Nicht zu vergessen die kleinen Give-Aways, die meine Patientinnen und Patienten nach überstandener Therapiesitzung als kleine Anerkennung für ihr Mitmachen erhalten“, erzählt sie. Kinderfußtage in Kindergärten und Grundschulen Mit einer Erweiterung ihrer Homepage machte Kerstin Skodell auf ihr neues Spezialgebiet aufmerksam. Darüber hinaus hielt sie Vorträge über die Fußgesundheit unserer Kleinsten und führte regelmäßige Kinderfußtage in Kooperation mit den ansässigen Kindertagesstätten und Grundschulen durch - je nach Wetterlage sowohl in- wie auch outdoor. Im Rahmen dieses Engagements entwickelte sie auch ihr speziell ausgerichtetes Kinderfußkonzept „Podokids“, das sich seit rund zehn Jahren an Kindergärten und Grundschulen in Zusammenarbeit mit den Erzieher:innen, Lehrer:innen und Eltern richtet. „Solche Kinderfußtage sind eine sinnvolle Werbe-Aktion“, freut sich die Praxisinhaberin, „denn am Rande der Veranstaltung kommt man immer wieder mit den Eltern ins Gespräch.“ Parallel dazu baute sie ihr Netzwerk stetig aus und intensivierte ihre Kontakte zu Kinderärzt:innen, Hebammen, Physiotherapeut:innen und Orthopädietechniker:innen. Rund 30 Prozent ihrer Patienten sind Kinder und Jugendliche „Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Und gerade im Bereich der Fußgesundheit kann man nicht früh genug beginnen, das Bewusstsein auf die Füße zu lenken“, ist die Praxisinhaberin überzeugt. Inzwischen machen Kinder und Jugendliche etwa 30 Prozent ihrer Patientinnen und Patienten aus. Häufigste Beschwerden sind bei den Säuglingen Nagelveränderungen, sogar schon beginnende eingewachsene Nägel. Zu den Ursachen zählen u. a. eine genetische Disposition, eventuell evolutionäre Veränderungen, aber auch äußerer Druck auf die Nägel, hervorgerufen durch zu kleine Strampler oder Strumpfhosen. Bei Kindern kommt es zu Warzenbildungen, Nagelveränderungen, eingewachsenen Nägeln oder auch Druckstellen, verursacht durch ein schlechtes Immunsystem, Drucktraumen, ein falscher Nagelschnitt oder auch falsches Schuhwerk. „Bei Jugendlichen dominieren eingewachsene Nägel! Sie können u.a. durch hormonelle Einflüsse, einen falschen Nagelschnitt, eingerissene Nägel oder auch den falschen Schuh hervorgerufen werden“, erklärt die Podologin. Höherer Zeitaufwand Die Behandlung von Kinderfüßen erfordere einen höheren Zeitaufwand – gerade bei der Erstuntersuchung. „Viele Kinder haben bereits schlechte Erfahrungen gemacht“, weiß die Podologin aus ihrer Praxis. „Gerade bei eingewachsenen Nägeln haben sie oft ein monatelanges Martyrium hinter sich.“ Höchste Priorität habe daher, das Vertrauen der jungen Patientinnen und Patienten zu gewinnen, um einen Einstieg in eine gemeinsame Therapie zu finden. Ehrlichkeit und eine klare und verständliche Ausdrucksweise seien von entscheidender Bedeutung. „Meist nutzen wir den ersten Termin als Erstuntersuchung und Beratung, und erst zwei bis drei Tage später bestellen wir sie zur Therapie ein“, ergänzt sie. Nur so könne eine Wertschätzung vermittelt werde, die für diese kleinen, aber oft schmerzhaften Fußprobleme benötigt werden. Dazu Kerstin Skodell: „Das gibt sowohl den Kindern als auch ihren Eltern eine Sicherheit und das Gefühl: Hier bin ich richtig“ Arbeit mit Kindern nicht für jeden Mitarbeiter geeignet Kerstin Skodell hat die Spezialisierung nie bereut. „Die Arbeit mit Kindern bringt in den Praxisablauf eine willkommene Abwechslung – allerdings nicht für jeden Mitarbeiter.“ In ihrem Team von elf Podologinnen an drei Standorten gäbe es einige, die lieber Menschen mit diabetischen Füßen behandeln als einen Kinderfuß. „Das muss unbedingt respektiert werden“, sagt sie. „Nicht jeder kann einen Zugang zu Kindern finden. Das ist aber primär die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.“ Auch in wirtschaftlicher Hinsicht lohne die Behandlung von Kinderfüßen, so Kerstin Skodell: „Die meisten Eltern sind bereit, für eine Beratung und gute Therapie ihrer Kinder zu bezahlen.“ Je nach zeitlichem Aufwand kann die Erstbefundung bis zu einer Stunde dauern, im Regelfall aber dauere sie zwanzig Minuten. Abgerechnet werde als Selbstzahlerleistung nach der Gebührentabelle – je nach Aufwand zum Regelsatz oder auch um das bis zu 2,3 fache. Die meisten podologischen Therapien, die nicht durch Diabetes, Nervenschäden oder Rückenmarksverletzungen bedingt sind, sind keine Kassenleistungen. So sei beispielsweise eine Warzenbehandlung bei Podolog:innen eine Selbstzahlerleistung, während sie bei Hautärztinnen und -ärzten von der Kasse bezahlt wird. Lediglich die Nagelspangenbehandlung ist seit Juli 2022 ein verordnungsfähiges Heilmittel. Wünschenswert wäre eine dreijährige Ausbildung Die polologische Behandlung von Kinderfüßen ist ein Thema im Ausbildungsinhalt der zweijährigen Podologieausbildung. Doch das reiche bei weitem nicht aus. Daher wünscht sich Kerstin Skodell eine Weiterentwicklung der fachschulischen Ausbildung auf drei Jahre. „So könnten die fachlichen Kompetenzen erweitert und genau diese Spezialisierungen in den vielfältigen Therapiebereichen der Podologie intensiviert werden.“ Mit ihrer Forderung steht die Podologin nicht allein: Erst Ende Januar hatten sich der Verband leitender Lehrkräfte an Podologieschulen (VLLP) und die drei maßgeblichen Podologieverbände – Bundesverband für Podologie, Verband Deutscher Podologen (VDP) und der Deutsche Verband für Podologie (ZFD) – für die Weiterentwicklung der fachschulischen Ausbildung und eine Verlängerung auf drei Jahre ausgesprochen. Des Weiteren sprachen sie sich dafür aus, neben der fachschulischen auch die hochschulische Podologieausbildung zu etablieren. Außerdem interessant: Podologie-Kongress am 23. April in Leipzig Kostenloser Online-Kurs zum „Grundwissen Kinderschutz“