Rentabilität versus Liquidität: Das ist der Unterschied

Eure Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gut ausgelastet, die Patient:innen stehen Schlange und Ihr habt somit lange Wartelisten. Das ist ein gutes Zeichen, sagt aber noch nichts darüber aus, ob Eure Praxis rentabel ist und auch nicht darüber, ob Ihr liquide, also zahlungsfähig seid. Wir zeigen Euch einmal, worin der Unterschied liegt. Kurz gesagt: Wenn Eure Einnahmen größer sind als Eure Ausgaben, ist Eure Praxis rentabel. Zu Euren Einnahmen zählt alles, was als Plus in Eurer Bilanz erscheint: Leistungen aus GKV-Behandlungen Selbstzahlerleistungen Einnahmen von Behandlungen von Beihilfe- und Privatpatient:innen Zu Euren Ausgaben zählen zum Beispiel: Mitarbeiterkosten Miete samt Nebenkosten Versicherungen Kosten für Praxissoftware usw. Beispiel Umsatz: Wir stellen jetzt einmal eine ganz einfache Rechnung auf. Ihr habt in Eurer Ergotherapie-Praxis 100 Behandlungen sensomotorisch-perzeptiv à 45 Minuten Therapiezeit durchgeführt. Für 45 Minuten Einzelbehandlung erhaltet Ihr von der GKV 70,36 Euro. Das ergibt einen Umsatz von 7.036 Euro. Kosten: Für die Räumlichkeiten und Versicherungen müsst Ihr im Monat 1.450 Euro einplanen. Diese gehen automatisch von Eurem Konto ab. Ergebnis: Ziehen wir nun von den 7.036 Euro Umsatz die Kosten von 1.450 Euro ab, ergibt sich ein Gewinn von 5.586 Euro. Für die Banken und das Finanzamt ist Eure Praxis somit rentabel. Herzlichen Glückwunsch. Rentabel ist nicht gleich liquide ABER: Anders als ein Friseur erhaltet Ihr das Geld für Eure erbrachten GKV-Leistungen nicht sofort, sondern in der Regel mit einem Verzug von rund zwei Monaten oder mehr. Eure Kosten und auch Eure Steuervorauszahlung, die Ihr als Selbstständige regelmäßig leisten müsst, laufen jedoch weiter. Dieser Verzug, der zwischen der Leistungserbringung und dem Geldeingang auf Eurem Konto entsteht, sorgt dafür, dass Eure Praxis zwar auf dem Papier rentabel sein kann, Eure Liquidität, also Eure Zahlungsfähigkeit, aber Probleme bereitet. Das ist gerade in der ersten Zeit nach einer Praxisgründung oder der Eröffnung einer zweiten oder dritten Praxis der Fall. Noch einmal genauer: In der Ergotherapie gibt es seit dem 1. April die Blankoverordnung für drei Diagnosegruppen. Eine Patientin kommt mit einer Blankoverordnung in die Praxis, die eine Gültigkeit von 16 Wochen hat. Sprich: Erst nach 16 Wochen könnt Ihr die Verordnung in die Abrechnung geben. Vom Zeitpunkt der ersten Leistungserbringung bis zum Geldeingang auf dem Praxiskonto vergeht so gerne ein halbes Jahr. Blankoverordnungen können für eine Ergotherapie-Praxis sehr rentabel sein, für die Liquidität auf dem Praxiskonto sind sie anfangs eine Herausforderung. Hier wieder ein Rechenbeispiel: Bei der Liquidität werden die tatsächlichen Geldbewegungen auf dem Konto betrachtet. Geldzufluss aus Umsatzerlösen: Auf dem Praxiskonto ist von der GKV die Vergütung von zwei Verordnungen eingegangen. Das heißt: 70,36 Euro x 10 Behandlungen je VO x 2 Verordnungen = 1.407,20 Euro Geldabfluss: 1.407,20 Euro - 1.450 Euro Kosten für Miete und Versicherungen - 500 Euro Handwerkerkosten = -542,80 Euro Ergebnis: In diesem Monat ist mehr Geld vom Konto abgegangen als eingegangen. Dieser Zustand wird Unterdeckung genannt. Gerade am Anfang kann eine solche Unterdeckung vorkommen, langfristig solltet Ihr ein Minus auf Eurem Konto natürlich vermeiden. Denn dadurch entstehen nur weitere Kosten für Dispozin- sen, die Euch die Bank dafür berechnet. Die Herausforderung ist jetzt, das nötige Geld zu beschaffen. Denn Ihr solltet jetzt die entstandene Unterdeckung finanzieren. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Angespartes Eigenkapital Betriebsmittelkredit – z. B. im Falle einer Praxisgründung / Eröffnung eines neuen Standorts Kontokorrentlinie auf dem Praxiskonto – der Dispokredit auf dem Geschäftskonto Wichtig: Nehmt Euch die Zeit und führt regelmäßig eine Rentabilitäts- und Liquiditätsplanung durch – auch wenn Eure Praxis gut läuft. So könnt Ihr genau sehen, wann welches Geld in etwa fließt. Die gute Nachricht: Wir stellen Euch eine Tabelle zum Download zur Verfügung, mit deren Hilfe Ihr die Planung durchführen könnt. Dafür müsst Ihr Euch einmal einen Moment Zeit nehmen, in der Folge dann nur kleinere Anpassungen vornehmen. Hier könnt Ihr die Tabelle herunterladen: www.up-aktuell.de/liquiditaet Kurz und knapp: Ist Eure Praxis rentabel, dann sind die Umsätze auf dem Papier höher als die Ausgaben. Ihr macht also mit Euren Behandlungen einen Gewinn. Eure Praxis ist zudem liquide, wenn der Kontostand auf dem Praxiskonto ein Plus aufweist und Ihr jederzeit Eure eingehenden Rechnungen begleichen könnt. In der Phase der Praxisgründung kann es immer mal vorkommen, dass Euer Konto ins Minus gerät. Später sollte dies nicht mehr passieren. Wir zeigen Euch auf den folgenden Seiten, wie Ihr Eure Rentabilität und Liquidität so plant, dass Euer Konto in den schwarzen Zahlen ist. Diese Artikel gehören ebenfalls zum Themenschwerpunkt "Rentabilitäts- und Liquiditätsplanung": Übersicht Rentabilitäts- und Liquiditätsplanung Liquidität in den Griff bekommen – mit einem guten Liquiditätsmanagement Ab dem 29. August: Minutenpreise kennen und Umsätze steigern Mitarbeiterumsätze und -kosten berechnen