MLD: So gelingt es, Patienten in die Selbstständigkeit zu entlassen

Elvira Albrecht war als leitende Physiotherapeutin in den Földikliniken tätig und hat als Dozentin für MLD unterrichtet. Im Januar 2024 hat sie eine eigene Praxis eröffnet und erlebt nun ebenfalls die Herausforderungen, die mit MLD-Dauerpatienten für die ambulante Praxis verbunden sind. „Manche Patientinnen und Patienten brauchen dauerhaft eine therapeutische Begleitung, um ihr Lymphödem in einem konstanten Zustand zu halten. Auch wenn sich dadurch keine große Veränderung mehr zeigt“, betont Elvira Albrecht. Gleichzeitig gebe es aber auch genug Patient:innen, bei denen das Ziel sein muss, die Behandlung irgendwann zu beenden und sie in die Selbstständigkeit zu entlassen. Das thematisiert die Physiotherapeutin dann von Tag eins, spiegelt immer wider, wo in der Behandlung sie gerade stehen und wann auch mal eine Behandlungspause sinnvoll ist.
Klare Ziele setzen und verfolgen
Für manche Patienten sind die Therapietermine wichtige soziale Kontakte und sie genießen die Behandlungen. „Aber auch dann muss man das Therapieziel im Auge behalten und den Patienten klarmachen: Das Ziel ist, dass sie selbst mit dem Krankheitsbild klarkommen“, erklärt Elvira Albrecht. Auch Svenja Braasch, Physiotherapeutin und Referentin bei buchner, hat in ihrer Arbeit in der ambulanten Praxis die Erfahrung gemacht, dass die Patient:innen gern einoder zweimal pro Woche zur MLD kommen, auch über Jahre hinweg. „Die Patienten traten dann aber auch häufig auf der Stelle. Sie sind zum Beispiel lieber zur Physiotherapie gekommen, als ihre Kompressionsstrümpfe zu tragen. Da ist es dann wichtig, aufzuklären und die Therapieziele im Auge zu behalten. Nur so lässt sich auch mit den Patienten eine Verbindlichkeit herstellen.“
Wenn keine Kompression, dann keine MLD
„Wenn Patienten ihre Kompression nicht tragen, steige ich aus. Das gehört zur Behandlung dazu und wenn die Patienten da nicht mitmachen, macht es keinen Sinn“, findet Elvira. „Ich versuche da gemeinsam mit den Patienten individuelle Lösungen zu finden, aber ganz ohne Kompression geht es nicht. Die gehört einfach dazu.“ Wenn Patientinnen und Patienten noch keine Kompressionsstrümpfe haben, würde die Physiotherapeutin dies bei der Behandlungsplanung berücksichtigen und beispielsweise bis zur Strumpfanpassung KPE machen und dann die Patienten zunächst einmal schauen lassen, wie sie mit den Strümpfen klarkommen.
Ärzte aufklären
„Dass Kompression und MLD-Behandlung nur zusammen zum Erfolg führen, ist selbst manchen Ärzten nicht klar. Die verordnen dann Lymphdrainage aber keine Kompressionsstrümpfe, berichtet Elvira aus Erfahrung. Also ist auch hier Aufklärungsarbeit nötig, wenn man den Patient:innen wirklich helfen und die MLD nicht als Dauerbehandlung in der Praxis durchführen möchte.
Frequenz reduzieren
Weitere Möglichkeiten, die MLD-Termine in der Praxis zu reduzieren, sind eine niedrigere Frequenz und Behandlungspausen. „Ich versuche immer, die Frequenz so niedrig wie möglich hinzubekommen“, berichtet Elvira Albrecht. „Das ist auch oft eine Erleichterung für die Patienten. Denn ständig drei Termine in der Woche zu haben, ist auch eine Belastung.“ Allerdings werde den Patientinnen und Patienten häufig vermittelt, dass Therapiepausen etwas Schlechtes sind und sie sich am besten sogar noch am Urlaubsort einen Therapeuten suchen sollten, der die Behandlung fortführt. Aus den Leitlinien gehe zudem nicht klar hervor, dass Therapiepausen möglich sind. Entsprechend unsicher oder unwissend sind auch die Ärzt:innen.
Passenden Zeitpunkt für die Therapiepause erkennen
„Wenn eine Patientin nach drei Wochen Urlaub wieder in die Praxis kommt und keine Verschlechterung zu erkennen ist, kann man das zum Anlass nehmen, der Patientin aufzuzeigen, dass sie selbst mit ihrer Erkrankung gut zurechtkommt“, gibt die Physiotherapeutin als Tipp. Sie erklärt dann der Patientin, dass sie ihre Erkrankung durch eigenständige Maßnahmen wie immer mal nachts bandagieren, Schwimmen gehen und die Kompressionsstrümpfe tragen, gut im Griff habe und schlägt eine Therapiepause vor. „Wenn dann in einem halben Jahr die nächste Bestrumpfung fällig ist, kann man vorher nochmal eine intensive Behandlungsserie machen.“ Eine andere Möglichkeit ist es, nicht mehr jede Woche, sondern nur noch jede zweite zu behandeln , oder nur bei Komplikationen. „Behandlungsverschlechterungen treten ja häufig recht plötzlich ein“, weiß die Therapeutin. „Dann bin ich auch da. Und dann ist eine hochfrequente Behandlung sinnvoll, bis wir wieder auf einem stabilen Stand sind.“
Tipp: Eine Behandlung ein- oder zweimal im Monat ist kein Problem. Der Arzt gibt dann auf der Verordnung als Behandlungsfrequenz 1-3 x monatlich an oder Ihr ändert es selbst, nach Rücksprache mit dem Arzt. Eine erneute Unterschrift ist dafür nicht nötig. Und ab Oktober könnt Ihr aufgrund der Änderung der Heilmittel-Richtlinie sogar die Behandlungszeit selbst festlegen. Mehr dazu: www.up-aktuell.de/mld-2024
Behandlungserfolg hängt vom Patienten ab
Um die Therapieziele zu erreichen, hat Elvira einen wichtigen Grundsatz: „Der Patient sitzt mit im Boot und legt sich nicht nur hin und lässt machen. Er muss verstehen, dass er Teil des Therapieteams ist und auch selbst Verantwortung übernehmen muss.“ Dazu gehören Hausaufgaben, wie etwa das Bandagieren zu üben. „Manchmal kommen sie dann bandagiert und zeigen mir das.“ Sie gehen schwimmen oder überlegen sich andere Möglichkeiten für mehr Bewegung, beobachten sich und berichten von ihren Erfahrungen. „Die Anleitung zum Selbstmanagement ist unheimlich wichtig. Dazu gehört auch, die Patientinnen und Patienten über Kontraindikationen aufzuklären, die sie vermeiden sollten“, ergänzt Svenja. „Ich denke, die Aufklärung ist ein ganz wichtiges Feld, das im Alltag leider immer wieder vergessen wird.“
Kurz und knapp: Wenn Ihr MLD wirtschaftlich in der Praxis durchführen und Eure Terminkalender nicht mit Dauerpatienten verstopfen möchtet, die gar keine Dauerbehandlung benötigen, gehören dazu drei wichtige Punkte:
- Therapieziele formulieren und nicht aus den Augen verlieren.
- Patient:innen in die Eigenständigkeit bringen.
- Ärztinnen und Ärzte über die Bedeutung der Kompression und der Mitwirkung der Patient:innen aufklären.