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Therapieplanung mit der Blanko-VO: Beispiele aus der Praxis Teil 1

Beispiel 1 | M25.31 Sonstige Instabilität der Schulter
Ihr habt nun alle theoretischen Grundlagen und das nötige Wissen, um mit der Therapieplanung loszulegen, wenn die erste Patientin mit einer Blankoverordnung die Praxis betritt. Um es Euch noch ein wenig leichter zu machen, dieses Wissen in der Praxis umzusetzen, haben wir hier das erste von zwei ganz konkreten Beispielen für Euch.
Praktikumsablauf: Vom ersten Kontakt bis zum Abschlussgespräch
© iStock: Caiaimage/Trevor Adeline

Beispiel 1 zeigt, wie ein Therapieplan bei der Diagnose M25.31 – Sonstige Instabilität eines Gelenkes Schulterregion aussehen kann. Die Idee: Eine kurze Akutphase mit MT und Kältetherapie und im Anschluss ein schneller Einstieg in KG-Gerät.

Beispiel 1 | M25.31 Sonstige Instabilität der Schulter

Eine Patientin hat sich vor einigen Monaten bei einem Sturz mit dem Mountainbike die Schulter ausgekugelt. Mit der Zeit hat sich in der Folge eine Instabilität gebildet. Aufgrund ihrer inzwischen behandlungsbedürftigen Beschwerden und Einschränkungen hat ihre Ärztin die Diagnose M25.31 – „Sonstige Instabilität eines Gelenkes: Schulterregion [Klavikula, Skapula, Akromioklavikular-, Schulter-, Sternoklavikulargelenk]“ gestellt und ihr eine Blankoverordnung für Physiotherapie ausgestellt. Ihre Therapeutin hat einen Therapieplan erstellt und diesen in den Blankoverordnungsrechner eingetragen.

Der Therapieplan sieht eine Behandlung in vier aufeinander aufbauenden Phasen vor:
Phase 1 | Akut (Woche 1-2)
Phase 2 | Aufbau (Woche 3-7)
Phase 3 | Kräftigung + Stabilisation (Woche 8-12)
Phase 4 | Volle Aktivität (Woche 13-16)

Allgemeine Empfehlungen:

  • Wöchentliche Physiotherapiesitzungen (MT, KGG und Kältetherapie/Elektrotherapie)
  • Physiotherapeutische Diagnostik
  • Phase 1: 2-3 x pro Woche, je nach Bedarf MT als Doppelbehandlung, ggf. ergänzendes Heilmittel Kältetherapie
  • Phase 2: 2x pro Woche KGG sowie Bedarfsdiagnostik (ggf. Anpassung durch zusätzliche MT-Einheiten)
  • Phase 3: 2x pro Woche KGG
  • Phase 4: 2x pro Woche KGG
  • Eigenübungen: tägliche Durchführung eines Heimprogramms, bestehend aus Kräftigungs-, Mobilisations- und Propriozeptionsübungen
  • Anpassung der Übungen: Die Intensität und der Schwierigkeitsgrad der Übungen sollten kontinuierlich dem Fortschritt entsprechend angepasst werden.

Mehr dazu: Am Ende findet Ihr die ausführliche Erklärung zum Therapieplan M25.31 – „Sonstige Instabilität eines Gelenkes: Schulterregion [Klavikula, Skapula, Akromioklavikular-, Schulter-, Sternoklavikulargelenk]“

Im Blanko-VO-Rechner sieht die Therapieplanung dann so aus:

Stammdaten

Unsere Beispielpraxis behandelt im 20-Minuten-Takt, das heißt Einzelbehandlungen dauern 20 Minuten, Doppelbehandlungen 40 Minuten. Entsprechend sind die Stammdaten im Blankoverordnungsrechner ausgefüllt (siehe Abb. 1).

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Abb. 1 Stammdaten
Therapieplanung

Nachdem die Therapeutin die Therapieplanung (siehe Abb. 2) in den Rechner eingetragen hat, wirft die Praxisinhaberin einen Blick aus wirtschaftlicher Sicht darauf.

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Abb. 2 Therapieplanung

Der Rechner zeigt ihr die Vergütung für die einzelnen Behandlungen an und berechnet einen durchschnittlichen Minutenpreis von 2,41 Euro (siehe Abb. 3). Dabei sind die Vergütungskürzungen für Behandlungen in der roten Phase bereits eingerechnet.

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Abb. 3 Vergütung und Minutenpreis

Mit insgesamt 37 vorrangigen Heilmitteln liegt dieser Therapieplan deutlich in der roten Phase, die bei dieser Diagnose ab der 19. Behandlung beginnt. Dennoch erlaubt es die Blankoverordnung, die Patientin bedarfsgerecht zu versorgen und gleichzeitig wirtschaftlich zu arbeiten. Die Patientin erhält während der 16 Wochen eine durchschnittliche Behandlungszeit von fast zwei Stunden pro Woche (siehe Abb. 4).

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Abb. 4 Behandlungszeit am Patienten

Erläuterungen zum Therapieplan Beispiel 1 | M25.31 Sonstige Instabilität eines Gelenkes: Schulterregion

Phase 1 | Akut (Woche 1–2)

Ziele: Die Ziele zu Beginn der Behandlung sind die Reduktion von Schmerzen und Schwellungen, die schonende Mobilisation des Gelenks sowie die Aktivierung der stabilisierenden Muskulatur.Die Patientin soll durch gezielte therapeutische Maßnahmen und Anleitung befähigt werden, ihre täglichen Aktivitäten weitgehend eigenständig und selbstversorgend zu bewältigen, um die Unabhängigkeit im Alltag zu fördern.

Behandlungsansätze:

  • Schmerzlinderung: Eistherapie und Aufklärung der Patientin zur Vermeidung von Schonhaltungen
  • Mobilisation: Passive Mobilisation, Mobilisationstechniken durch die Therapeutin und aktive, schmerzfreie Bewegungsübungen
  • Aktivierung der stabilisierenden Muskulatur: Isometrische Übungen der umliegenden Muskulatur
  • Manuelle Therapie
  • Tape-Anlage

Wichtig: In Woche 1 findet vor der ersten Behandlung die Physiotherapeutische Diagnostik statt, direkt im Anschluss daran die erste Doppelbehandlung MT.

Phase 2 | Aufbau (Woche 3–7)

Ziele: Die Ziele der Phase 2 sind die Steigerung der Gelenkstabilität, die Kräftigung der stabilisierenden Muskulatur sowie die Verbesserung der Propriozeption (Gelenkwahrnehmung). Die Patientin soll die Wahrnehmung der Gelenkstellung und -position der betroffenen Schulter verbessern sowie die Schulterstabilität gezielt aufbauen. Ziel ist es, eine ausreichende Stabilität zu erlangen, um leichten Belastungen im Alltag standzuhalten und alltägliche Bewegungen schmerzfrei und sicher durchführen zu können.

Behandlungsansätze:

  • Kräftigungsübungen: Leichtes Krafttraining mit geringen Widerständen (leichtes Gewicht), Übungen im geschlossenen System (z. B. Wandliegestütze)
  • Propriozeptionstraining: Gleichgewichtstraining
  • Mobilisation und Dehnung
  • Manuelle Therapie: Weiterhin zur Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit und Schmerzlinderung
Phase 3 | Kräftigung + Stabilisation (Woche 8–12)

Ziele: Die Ziele in dieser Phase sind eine fortgeschrittene Kräftigung der Muskulatur, die Verbesserung der funktionellen Stabilität und die bessere Belastbarkeit des Gelenks. Die Patientin soll ihre Muskulatur stärken, stabilisieren und kräftigen, um die körperliche Belastbarkeit und Bewegungsfähigkeit im individuellen Alltag zu verbessern und langfristig aufrechtzuerhalten.

Behandlungsansätze:

  • Fortgeschrittenes Krafttraining: Progressives Training mit steigendem Widerstand sowie funktionelle Übungen wie Stützvarianten und Zugvarianten.
  • Propriozeption und Stabilisation: Komplexere Übungen auf instabilen Unterlagen.
  • Sportartspezifisches Training (optional): Simulation von Bewegungen, die für den Sport relevant sind z. B. beim Tennis, Turnen oder Golfen.
  • Dehnübungen und Beweglichkeit: Regelmäßiges Dehnen der betroffenen und umliegenden Muskelgruppen.
Phase 4 | Volle Aktivität (Woche 13–16)

Ziele: Die Ziele der letzten Phase sind die Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit des Gelenks sowie die Rückkehr zu alltäglichen oder sportlichen Aktivitäten.

Behandlungsansätze:

  • Fortführung des Kraft- und Stabilisationstrainings Übungen in voller Bewegungsamplitude und unter realistischen Belastungen Intensivere Belastung in funktionellen Übungen
  • Propriozeptive Übungen: Fortgeschrittene Balanceübungen unter dynamischen Bedingungen sowie Stabilitätsübungen unter Belastung
  • Sportliche Bewegungsmuster trainieren (wenn zutreffend): Bewegungsmuster des Sports gezielt üben

Wichtig: In Woche 13 ist die Bedarfsdiagnostik eingeplant. Diese neue Position der Blanko-VO dient dazu, den Behandlungsverlauf zu beurteilen, ggf. den Therapieplan anzupassen oder den Therapieerfolg am Ende zu analysieren.

Im nächsten Teil des Themenschwerpunkts findet Ihr ein weitere Beispiel aus der Praxis. In Beispiel 2 lautet diese Diagnose M71.11 – Sonstige infektiöse Bursitis. Hier dauert die akute Phase länger als im ersten Beispiel. Somit sind entsprechend mehr Einheiten MT eingeplant. Im weiteren Verlauf findet ein schleichender Übergang zu KG-Gerät statt.

Diese Artikel gehören zum Themenschwerpunkt „Therapieplanung mit der Blanko-VO Physiotherapie“:

Blanko-VO Physio: Die Rahmenbedingungen für die Therapieplanung

Standardisierte Therapieplanung mit Blanko-VO Physio

Therapieplanung mit der Blanko-VO: Beispiele aus der Praxis Teil 1

Therapieplanung mit der Blanko-VO: Beispiele aus der Praxis Teil 2

Blanko-VO Physio: Empfangsbestätigung

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