Instagram als Türöffner

Fortbildungen gehören zum Arbeitsalltag von Therapeutinnen und Therapeuten. Auch Ergotherapeutin Evelyn Schmid kennt das. Doch sie hat noch einen zusätzlichen Weg zur Wissenserweiterung gefunden: Sie tauscht sich mit Kolleginnen und Kollegen aus – über Soziale Medien. Instagram war und ist für sie wie ein Türöffner, um neue Kontakte zu knüpfen. Inzwischen hat sie gemeinsam mit Kolleginnen eine Themenwoche zur Blankoverordnung gestaltet. Generell hat die 44-Jährige eine große Affinität zu digitalen Themen und den sozialen Medien. Im Januar 2021 setzte sie ihr Steckenpferd um und startete ihre „Karriere“ bei Instagram. „Zu Beginn habe ich nach neuen Ideen und Inspirationen anfangs für meinen Arbeitsalltag als Angestellte, später für meine Praxis und den Austausch mit Kolleginnen gesucht“, erzählt die Praxisinhaberin, die sich 2023 selbstständig gemacht hat. Irgendwann teilte sie auch ihre eigenen Ideen und Erfahrungen auf der Plattform mit. „Das kam gut an, und ich habe bemerkt, dass es Bedarf gibt.“ Es gebe viele Posts über die Behandlung von Kindern, aber nur wenige über ihre weiteren Spezialgebiete Handtherapie und Rheuma. „Meine Posts sind teils meine eigenen Spickzettel, weil ich mich mit einem Thema noch einmal intensiver befasst habe, manchmal sind es Infos zur Praxis und mal meine persönlichen Gedanken zu aktuellen Themen.“ Erstellen von Posts dauert zwischen 20 Minuten und zwei Stunden Bevor sie sich für Instagram entschied, hatte sie sowohl TikTok als auch YouTube getestet. „TikTok war einfach nicht mein Medium“, erinnert sie sich nach ihren ersten Versuchen. Und auch YouTube fand nicht ihre volle Zustimmung: „Die Bearbeitung von Videos ist wesentlich komplizierter und zeitaufwendiger als die kurzen Posts.“ Für das Erstellen eines solchen Posts benötigt sie unterschiedlich viel Zeit – für Praxisinfos oder für Kommentare zu aktuellen gesellschaftlichen Themen etwa 20 Minuten. „Fachliche Posts dauern in der Regel eineinhalb bis zwei Stunden“, erklärt die Ergotherapeutin, „da ich mich selbst vorbereiten und eventuell noch Studien dazu lesen muss.“ Grafische Gestaltung mit Online-Tool für Grafikdesign Mit dem Online-Tool Canva, das es sowohl als kostenlose Variante wie auch als kostenpflichtige Pro-Version gibt, gestaltet Evelyn Schmid ihre Beiträge. Sie entschied sich für ein einheitliches Format und entwickelte dazu eine eigene Vorlage. Inhaltlich befassen sich ihre Posts mit Praxisinfos wie beispielsweise „Ausfallrechnung“ oder „Kartenzahlung“, mit allgemeinen Themen wie „Leitlinien – wieso, weshalb, warum?“, mit praktischen Übungen wie die „Handtherapie mit einem Tennisball“ oder „Themen, die mich im Alltag nerven, wie beispielsweise der Post „Sind wir zu müde für Demokratie“. Vorwiegend positive Resonanz Inzwischen hat die Ergotherapeutin auf ihrem Instagram-Account (@ergotherapeutin.evelyn) schon mehr als 160 Beiträge gepostet und knapp 5.000 Follower (Stand Februar 2025). Die meisten Rückmeldungen sind positiv – nur an einen einzigen negativen Kommentar erinnert sie sich. Auf einen allgemeinen Post zu einem nicht-medizinischen Thema kam die Reaktion, dass man sich als medizinisch tätige Person zu solchen Fragen nicht äußern sollte – eine Ansicht, die sie nicht teilt. Für Vorschläge von Follower:innen ist die Ergotherapeutin in aller Regel offen und nimmt sie als Anregung auf, wenn sie zu einem ihrer Spezialgebiete passen. „Fragen zu Patienten mit psychischen Problemen mache ich nicht – da habe ich einfach zu wenig Erfahrung.“ Themenwoche zur Blankoverordnung Für Evelyn Schmid hat Instagram viele Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen eröffnet. Sie sind auch die Adressaten für ihre Beiträge und weniger ihre Klientinnen und Klienten. Mit vielen ihrer Kolleginnen kommuniziert sie auch heute noch regelmäßig online. „Mittlerweile haben wir schon eine gemeinsame Themenwoche zur Blankoverordnung gestaltet“, erzählt sie voller Begeisterung. Eine Kollegin hatte sie im März letzten Jahres angeschrieben, ob sie nicht gemeinsam etwas über die gerade eingeführte Blanko-VO posten wollen. „Viele Kollegen hatten einfach Angst vor dieser neuen Möglichkeit der Regelversorgung“, erinnert sie sich, „oder wussten zu wenig und hatten von daher keine Ahnung, wie sie diese praktisch umsetzen sollten.“ Posts zu verschiedenen Fragestellungen Zunächst tauschten sich die sieben Mitstreiterinnen – allesamt Praxisinhaberinnen aus ganz Deutschland – weiter über Instagram aus. Sie einte, dass sie über die Einführung der Blankoverordnung sehr glücklich waren. Nach ihrer Ansicht erleichtere sie ihren Praxisalltag. Genau dies wollten sie kommunizieren und entschieden sich, eine Themenwoche zur Blankoverordnung zu gestalten. Als ihre Pläne konkreter wurden, gründeten sie eine eigene WhatsApp- Gruppe, um den Austausch zu erleichtern. „Jede von uns sollte ein oder zwei Aspekte intensiver erarbeiten und vorstellen“, erinnert sich Evelyn Schmid. Für sie waren das Themen, in denen sie bereits Vorkenntnisse hatte, wie das Bauen von Schienen. Die zwei weiteren Posts, für die sie verantwortlich war, befassten sich mit „Zuzahlung“ und „Thermischen Anwendungen“. Ihre Kolleginnen klärten u. a. über das Ausfüllen der Formulare, die Gültigkeit der Verordnung und die Diagnosegruppen auf. Recherche am zeitintensivsten Als zeitintensiv erwies sich die Vorarbeit, die Recherche zu den einzelnen Themenbereichen. Die Praxisinhaberin musste sich selbst erst mit der entsprechenden Fragestellung auseinandersetzen – meist dauerte dies bis zu zwei Stunden pro Post. „Aber es war ja eine sinnvolle Arbeit“, meint sie rückblickend, „denn schließlich muss ich ja auch über die Blankoverordnung Bescheid wissen, um sie umsetzen zu können.“ Die Teilnahme an einigen Webinaren vervollständigten ihre Kenntnisse. Beiträge innerhalb von 14 Tagen gepostet In Absprache mit ihren Kolleginnen wurden die fertigen Beiträge in einem Zeitraum von 14 Tagen nacheinander auf den eigenen Instagram-Accounts gepostet, sodass alle sie lesen, ergänzen und sich positiv äußern konnten. Eine weitere Themenwoche ist in Planung: Dann wollen die Praxisinhaberinnen über die „Umfeldberatung – Beratung zur Integration ins häusliche und soziale Umfeld“ informieren. Instagram-Beiträge quasi eine Fortbildung Von dem regen Austausch auf Instagram habe sie sowohl als Therapeutin wie auch als Praxisinhaberin profitiert, da sie sich mit neuen Themen befassen oder bekannte vertiefen konnte. „Es war quasi wie eine Fortbildung“, fasst die Ergotherapeutin ihre Erfahrungen zusammen. „Und ich schaue selbst manchmal auf meine Posts, wenn ich meine Fertigkeiten noch einmal auffrischen möchte ...“