Privatpreisgestaltung: Drei Modelle im Überblick

Die GKV-Preise verhandeln GKV und Berufsverbände. Ihr als Praxisinhaber:innen werdet über das Ergebnis informiert und habt wenig Möglichkeiten, darauf Einfluss zu nehmen. Anders sieht das bei Privatpreisen aus. Hier liegt die Preisgestaltung ganz bei Euch. Wann habt Ihr Eure Privatpreise zuletzt angepasst? Und wie geht Ihr dabei vor? Wir stellen Euch drei Preismodelle vor. Bevor wir mit den Preismodellen einsteigen, nochmal die Erinnerung, dass es sich bei den Privatpreisen um die „echten“ Preise in Eurer Praxis handelt. Die GKV-Preise hingegen sind stark rabattiert - siehe Kasten. Während also die GKV-Honorare vorgegeben sind, könnt Ihr die Privatpreise in Eurer Praxis selbst festlegen. Das geht am einfachsten, ist transparent und nachvollziehbar, wenn Ihr Euch für ein bestimmtes Preismodell entscheidet und damit Eure Preise gestaltet. Die drei häufigsten, die in Praxen zum Einsatz kom- men, sind Fixpreise, Minutenpreise und die Preisfestlegung mittels Steigerungsfaktor. Preismodell 1 | Fixpreise Der Begriff sagt es eigentlich schon. Hier legt Ihr einen fixen, also festen Preis für eine bestimmte Leistung fest. Ihr habt dann eine Preisliste, auf der die Privatpreise aller Leistungen, die die Praxis bietet, festgehalten sind. Das sieht dann zum Beispiel so aus: Krankengymnastik (20 Minuten) – 67 Euro Krankengymnastik (30 Minuten) – 100 Euro Manuelle Therapie (20 Minuten) – 80 Euro Manuelle Therapie (30) Minuten – 120 Euro ... Differenzierte Fixpreise Wenn Ihr noch weitere Faktoren beim Preis berücksichtigen möchtet, etwa besondere Ausstattung, Aufwand, besondere Qualifikation der Therapeut:innen, könnt Ihr eine Basic- und eine Premium-Version anbieten. Hier haben Privatpatient:innen dann die Wahl, ob sie sich für die etwas günstigere Standard-Variante entscheiden oder für das höherwertige Angebot. Gerade bei Beihilfe-Patient:innen kann es dann sein, dass sie einen Teil der Kosten selbst übernehmen müssen. Das sollte Euch aber keinesfalls abschrecken, denn auch wenn viele Versicherte das gern anders hätten, die Beihilfe ist keine Vollversicherung. Nicht vergessen Die Beihilfe ist keine Vollversicherung! Die beihilfefähigen Höchstbeträge geben die Privatpreise vor. Dieser Mythos hält sich – auch befeuert von manch einer PKV – hartnäckig. Er ist aber einfach falsch. Die Beihilfe ist keine Vollversicherung, sondern eben genau das, wonach sie benannt ist, eine „Beihilfe“. Die Beihilfe ergänzt die Eigenvorsorge. Darum ist es völlig normal, wenn Beihilfepatient:innen bei ihrer Behandlung noch etwas dazu bezahlen. Das bestätigt auch das BMI: „Die Beihilfe ergänzt lediglich die zumutbare Eigenvorsorge“. Ganz nebenbei: Für gesetzlich versicherte Patienten ist es ganz normal, dass sie zu ihrer Behandlung eine Zuzahlung leisten müssen. Preismodell 2 | Minutenpreise Wenn Euch das mit den Preislisten zu umständlich ist, sind Minutenpreise eine Alternative. Diese sind nicht wie die Fixpreise an eine vordefinierte Leistung gebunden, sondern legen eben den Preis für eine Minute Behandlung fest. In der Ergotherapie gibt es mittlerweile auch für GKV-Leistungen einheitliche Minutenpreise. 45 Minuten Hirnleistungstraining werden seit Mitte 2024 genauso vergütet, wie 45 Minuten motorisch-funktionelle Behandlung usw. Der Preis pro Behandlung ergibt sich dann aus der Kombination von Minutenpreis und Behandlungszeit. Minutenpreis x Behandlungszeit = Privatpreis 2,10 Euro x 30 Minuten = 63 Euro Differenzierte Minutenpreise Da Ihr bei den Privatpreisen selbst entscheidet, könnt Ihr wählen, ob Ihr einen Minutenpreis für alle Behandlungen festlegt oder unterschiedliche Minutenpreise für die verschiedenen Behandlungen. Ihr könnt auch Abstufungen abhängig von der Qualifikation der Behandlerin oder des Behandlers vornehmen. Bei einer Therapeutin mit Zusatzqualifikationen und langjähriger Berufserfahrung liegt der Minutenpreis höher als bei Berufsanfängern etc. Auch die Unterschiede beim Aufwand für die Vor- und Nachbereitung kann sich in differenzierten Minutenpreisen niederschlagen. Habt Ihr eine besondere Ausstattung für eine bestimmte Behandlung angeschafft, kann sich auch das in einem höheren Minutenpreis widerspiegeln. Was hier für Euch am sinnvollsten ist, hängt von den Gegebenheiten und Strukturen Eurer Praxis ab. Preismodell 3 | Steigerungsraten Dieses Preismodell unterscheidet sich ein wenig von den anderen. Denn während Ihr bei Fix- und Minutenpreisen völlig frei seid, legt Ihr bei einem Preismodell mit Steigerungsraten die GKV-Preise zugrunde. Das GKV-Honorar dient als Basiswert, der Privatpreis wird durch den Steigerungsfaktor festgelegt. GKV-Preis x Steigerungsfaktor = Privatpreis Beispiel für Manuelle Therapie 33,39 Euro x 1,8 = 60,10 Euro Der große Vorteil: Sobald die GKV-Preise steigen, erhöhen sich Eure Privatpreise automatisch mit. Wichtig: Nur weil Ihr Eure Privatpreise auf Basis der GKV-Honorare berechnet, heißt das nicht, dass Ihr Euch auf die in den GKV-Verträgen festgehaltenen Behandlungszeiten beschränken müsst. Im Beispiel oben liegt die Behandlungszeit laut GKV-Vertrag bei 15-25 Minuten. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, behandelt Ihr GKV-Patient:innen 15 Minuten. Therapeutisch sinnvoller sind aber 30 Minuten. Also legt Ihr für die Privatpatient:innen eine Behandlungsdauer von 30 Minuten und entsprechend einen Privatpreis von 120,20 Euro fest. Differenzierte Steigerungsraten Wie bei den Fix- und Minutenpreisen könnt Ihr auch beim Preismodell mit den Steigerungsraten unterschiedliche Angebote einpreisen. Legt fest, welche Steigerungsrate allgemein für die Angebote gilt und wählt aus, welche einer höheren Steigerungsrate bedürfen. Bei besonderem Zeitaufwand in der Vor- und Nachbereitung, besonderen Geräten, Zusatzqualifikationen usw. könnt Ihr dann zum Beispiel mit einem Steigerungsfaktor von 2,3 rechnen. Tipp: Weitere wichtige Informationen und Tipps rund um die transparente und rechtssichere Gestaltung von Privatpreisen findet Ihr in der Gebührenübersicht für Therapeuten (GebüTh) für Eure Berufsgruppe: www.up-aktuell.de/gebueth Hintergrund: Privatpreise sind die wirklichen Preise – GKV-Preise sind rabattiert Privatpatientinnen und -patienten zahlen mehr, die haben schließlich das nötige Kleingeld. Privatpatient:innen zahlen höhere Preise, die Versicherung erstattet das doch. Diese und ähnliche Mythen halten sich hartnäckig. Tatsächlich gibt es aber einen einfachen Grund, warum sich Privatpreise von GKV-Preisen unterscheiden, und das sind die Rabatte der GKV. In den Praxen mit GKV-Zulassung werden so viele GKV-Patient:innen behandelt, dass die Krankenkassen einen Rabatt erhalten. Das ist im Gesundheitswesen nicht anders als in anderen Bereichen. Wer ein Abo abschließt, sei es im Öffentlichen Personennahverkehr, bei Zeitschriften oder beim Streamingdienst, zahlt auf ein Jahr gerechnet einen günstigeren Preis als jemand, der jede Leistung einzeln bezahlt. Das bietet den jeweiligen Unternehmen eine gewisse finanzielle Sicherheit und die wird durch einen geringeren Preis belohnt. So ist es auch bei der GKV. Die vielen Behandlungen von GKV-Patient:innen führen dazu, dass die GKV einen rabattierten Preis erhält. Für Euch als Praxisinhaber:innen und Eure Therapeutinnen und Therapeuten ist es wichtig, das zu wissen, denn das nimmt den Rechtfertigungsdruck, den manche Heilmittelerbringerinnen und -erbringer verspüren.