Framing – den passenden Rahmen für Erwartungen festlegen

Das sogenannte Framing ist ein wertvolles Werkzeug im Erwartungsmanagement. Gerade wenn Ihr manchmal das Gefühl habt, den Erwartungen der Patientinnen und Patienten ausgeliefert zu sein. Durch das Framing könnt Ihr auf die Erwartungen Einfluss nehmen und sie in Eurem Sinne gestalten. Was ist Framing? Beim Framing geht es darum, Informationen zu vermitteln. Dabei kommt es aber nicht nur darauf an, was gesagt wird, sondern auch wie es gesagt wird. Durch das passende Framing nehmen wir damit auch Einfluss darauf, wie unser Gegenüber Informationen bewertet und akzeptiert. Fokus vom Negativen auf das Positive lenken Das wohl bekannteste Framing-Beispiel ist ein Glas Wasser. Die nüchternen Fakten: Das Glas ist zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Framing: Das Glas ist halb voll / halb leer. Ob das Framing nun positiv oder negativ ist, kommt auf die Situation an. Beispiel: Es ist Sommer Frau Moser trinkt zu wenig und hat es sich nun zum Ziel gesetzt, bis 9 Uhr das erste Glas Wasser zu trinken. Frau Moser wohnt im betreuten Wohnen. Um 8.30 Uhr kommt ein Pfleger, schaut auf das halb gefüllte Glas und sagt: „Oh je, das Glas ist ja immer noch halb voll.“ Bei Frau Moser löst diese Aussage Gedanken aus wie „Ich habe erst die Hälfte geschafft.“ oder „Das ist so viel, ich schaffe das nicht.“ Ihr Fokus liegt auf dem Negativen, auf dem, was sie noch nicht geschafft hat. Stellen wir uns vor, der Pfleger hätte gesagt: „Oh, das Glas ist ja schon halb leer. Prima, Frau Moser.“ Schon ist der Fokus ein anderer. Jetzt konzentriert sich die alte Dame darauf, was sie bereits geschafft hat. Das nimmt sie als Motivation, um den Rest zu schaffen. Framing in der Therapiepraxis So wie der Pfleger nur durch einen einzigen Satz Frau Mosers Einstellung und Motivation maßgeblich beeinflussen kann, gelingt Euch das auch in der Therapie. Beispiel: Therapeutenwechsel Um zu zeigen, welch ein hervorragendes Werkzeug Framing im Erwartungsmanagement ist, schauen wir uns nun zwei Kommunikationswege an, wenn ein Therapeutenwechsel bevorsteht: Negatives Framing: „Frau Hanser, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass ich Sie ab kommender Woche nicht mehr behandeln kann. Ihre Therapie wird eine meiner Kolleginnen weiterführen.“ Frau Hanser reagiert nicht gut auf die Neuigkeiten. Sie ist enttäuscht, dass sie ab der kommenden Woche von einer anderen Person behandelt wird. Sie ist unsicher, ob sie mit der neuen Therapeutin ebenso gut zusammenarbeiten und Fortschritte erzielen wird. Sie fühlt sich in dieser Situation machtlos und ihre Erwartung, immer von ihrer jetzigen Therapeutin behandelt zu werden, wurde enttäuscht. Positives Framing: „Frau Hanser, herzlichen Glückwunsch. Sie haben inzwischen so tolle Fortschritte erzielt, dass ich Ihre weitere Behandlung an meine Kollegin Hannah übergeben kann. Hannah ist besonders auf den Bereich der Feinmotorik spezialisiert. Sie kann Ihnen da nochmal neue Impulse geben. Mit ihr gemeinsam werden Sie die noch ausstehenden Therapieziele sicher ganz bald erreichen.“ Diesmal reagiert Frau Hanser positiv auf die Neuigkeiten, obwohl sich an den Fakten nichts geändert hat. Sie wird ab der kommenden Woche von einer anderen Therapeutin behandelt. Doch das positive Framing dieser Nachricht hat dafür gesorgt, dass Frau Hanser nun mit der Änderung zufrieden ist und sich darauf freut, statt enttäuscht zu sein. Vorausschauendes Framing Im obigen Beispiel ging es um eine recht spontane Änderung, zumindest aus Sicht der Patientin. Es ist aber eine gute Idee, beim Framing nicht erst den Moment abzuwarten, sondern bereits vorausschauend bestimmte Erwartungen zu wecken bzw. gar nicht erst aufkommen zu lassen. So könnte Frau Hanser beispielsweise bereits beim ersten Termin in der Praxis darauf hingewiesen werden, dass Therapeutenwechsel hier durchaus üblich sind und zum Konzept der Praxis gehören. Dabei geht es darum, den Patientinnen und Patienten die Expertise verschiedener Behandler:innen zugutekommen zu lassen. So vorbereitet, würde sich Frau Hanser über einen Therapeutenwechsel im weiteren Verlauf nicht wundern. Sie würde sogar damit rechnen und hätte gar nicht erst die Erwartung entwickelt, dass sie während ihres gesamten Behandlungsverlaufs von derselben Therapeutin behandelt wird. Download: Die Möglichkeit eines Therapeutenwechsels könnt Ihr auch mittels einer Patienteninformation oder einer entsprechenden Information auf Eurer Website kommunizieren. Ein Beispiel, wie eine solche Patienteninformation aussehen könnte, findet Ihr hier zum Download. Weitere Beispiele für positives Framing im Therapiealltag Fokus auf positiven Zielen statt Defizit Nicht: „Wir können Ihre Schmerzen nicht ganz beseitigen.“ Besser: „Unser Ziel ist, dass Sie trotz Beschwerden wieder aktiv am Alltag teilnehmen können.“ Fokus auf das Ergebnis, nicht die Dauer Nicht: „Es wird eine ganze Weile dauern, bis Sie Erfolge merken.“ Besser: „Wir bauen Ihre Stabilität langsam Schritt für Schritt auf – so wirkt es nachhaltiger.“ Verantwortung stärken statt Überforderung erzeugen Nicht: „Sie müssen Ihre Übungen wirklich jeden Tag machen, sonst bringt das nichts.“ Besser: „Schon mit kleinen Übungseinheiten täglich können Sie Ihre Genesung aktiv fördern.“ Unsicherheit akzeptieren, ohne Enttäuschung zu fördern Nicht: „Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Sie wieder ganz beschwerdefrei werden.“ Besser: „Viele Patient:innen berichten, dass sie durch die Therapie im Alltag wieder viel besser zurechtkommen.“ Diese Artikel gehören zum Themenschwerpunkt 6.2025 „Erwartungsmanagement Themenschwerpunkt 6.2025: Erwartungsmanagement Was sind Erwartungen? VIP-Modell des Erwartungsmanagements Erwartungen abfragen und steuern Patientenerwartungen im Vorfeld ermitteln Framing – den passenden Rahmen für Erwartungen festlegen Nicht-Ziele klären Positive Spin erzeugen in vier einfachen Schritten Erwartungsmanagement in den Praxisalltag integrieren Zehn Gründe jetzt mit dem Erwartungsmanagement loszulegen