Fünf Fakten zum Selbstabrechnen

Rund um das Thema Selbstabrechnen gibt es in der Branche einige Mythen, mit denen wir gerne aufräumen möchten. Denn Selbstabrechnen hat einen schlechten Ruf, dabei ist es ein Gewinn für jede Praxis – vor allem finanziell. Wir zeigen Euch, warum es sich lohnt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Viele Informationen zum Thema Selbstabrechnen „hat man mal irgendwo“ aufgeschnappt. „Ich habe mal gehört, dass“ – so beginnen häufig Argumentationen, wenn es darum geht, warum eine Praxis nicht selbst abrechnet. Auch Abrechnungszentren möchten natürlich Kund:innen gewinnen bzw. behalten und werfen daher manchmal mit Halbwahrheiten um sich. Wir klären auf und nennen Fakten. Hinweis: Seit es je Berufsgruppe nur noch einen Versorgungsvertrag gibt, ist Selbstabrechnen so einfach wie noch nie. Und noch einfacher wird es, wenn die elektronische Heilmittelverordnung kommt, denn dann geht der gesamte Abrechnungsprozess digital über Eure Praxissoftware. Die Rahmenbedingungen sind also so gut geworden, dass es für das Selbst- abrechnen nur noch Vorteile gibt. 1. Geldeingang gesichert Viele Praxisinhaber:innen haben Sorge, dass die Vergütung beim Selbstabrechnen nicht rechtzeitig auf dem Praxiskonto landet, wenn kein Abrechnungs- zentrum die Abrechnung übernimmt. Diese Sorge ist unbegründet, denn es gibt strenge Regeln, an die sich die Krankenkassen halten müssen, wenn sie nicht draufzahlen möchten. In Euren Versorgungsverträgen ist festgelegt, dass die Krankenkassen ein Zahlungsziel von 21 Tagen haben: „Die Bezahlung der Rechnungen ist 21 Kalendertage nach Eingang der vollständigen Abrechnungsunterlagen (maschinelle Abrechnungsdaten und rechnungsbegründende Unterlagen) bei den von den Krankenkassen benannten Stellen fällig.“ Exkurs: Vorgehen der Abrechnungszentren Wenn Ihr über ein Abrechnungszentrum abrechnet, vereinbart Ihr unter anderem das Zahlungsziel. Abrechnungszentren gehen immer in Vorleistung und überweisen Euch bereits nach wenigen Tagen Eure Vergütung. Je nachdem, was Ihr mit den Abrechnungszentren vereinbart habt, entstehen Zahlungsziele mit einer Bandbreite von zwei bis 28 Tagen. Nur Selbstabrechner können Verzugszinsen und die Bearbeitungsgebühr geltend machen Schafft eine Krankenkasse es nicht, innerhalb dieser Frist die Vergütung auf Euer Konto zu überweisen, muss sie Verzugszinsen und eine Bearbeitungsgebühr von 40 Euro zahlen. So steht es in § 288 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Aber: Die Verzugszinsen und Bearbeitungsgebühr könnt Ihr nur in Rechnung stellen, wenn Ihr selbst abrechnet. Übernimmt dies ein Abrechnungszentrum für Euch, ist dies nicht möglich. So steht es unter anderem in den Versorgungsverträgen nach § 125 in § 18, Absatz 14 (Ergotherapie und Physiotherapie), Absatz 15 (Logopädie) und Absatz 16 (Podologie): Hinweis: Die Verzugszinsen und die Bearbeitungsgebühr könnt Ihr als Selbstabrechner nicht nur in Rechnung stellen, wenn die Krankenkassen zu spät zahlen, sondern auch bei unberechtigten Absetzungen. In der Regel kann Euer Praxisverwaltungssystem den Verzugsschaden, also die Bearbeitungsgebühr samt Verzugszinsen, automatisch ausrechnen und erstellt Euch ein Dokument, das Ihr dann an die betreffende Krankenkasse schicken könnt. Wer mehr dazu wissen möchte, findet hier genaue Informationen. 2. Ein Abrechnungszentrum ist keine Abrechnungsversicherung „Ein Abrechnungszentrum hilft mir immer. Da muss ich mir keine Gedanken machen, dass ich mein Geld nicht rechtzeitig bekomme.“ Ja? Ein Vertrag mit einem Abrechnungszentrum beinhaltet keine Versicherungspolice. Kommt es dann zu einer Absetzung, hilft Euch auch das Abrechnungszentrum nicht weiter. Die Absetzungen müsst Ihr immer selbst bearbeiten. Es gibt allerdings den Effekt, dass die Zahl der Absetzungen sinkt, wenn eine Praxis vom Abrechnungszentrum zum Selbstabrechnen wechselt. Warum? Wer mit einem Abrechnungszentrum abrechnet, verlässt sich auf den Dienstleister. Wer selbst abrechnet, checkt Verordnungen genauer. 3. Selbstabrechnen ist die ideale Vorbereitung auf die eHeilM-Verordnung und die TI Aktueller Stand ist, dass Ärzt:innen ab 2027 Heilmittelverordnungen nur noch elektronisch ausstellen sollen. Damit geht einher, dass Heilmittelpraxen bis dahin an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein müssen. Warum? Ihr müsst die eHeilM-VO elektronisch annehmen und verarbeiten können. Dann könnt Ihr im nächsten Schritt die Abrechnungsdaten digital an die Krankenkassen senden. Das wird eine Umstellung, aber auch eine große Erleichterung, wenn Ihr Euch jetzt schon einmal mit den Veränderungen beschäftigt. Zum einen könnt Ihr Euch schon jetzt an die TI anschließen und zum Beispiel Heilmittelverordnungen per KIM ändern lassen oder Therapieberichte digital an Arztpraxen schicken. Mehr zum Thema TI gibt es unter www.up-aktuell.de/up-ti Zum anderen könnt Ihr schon jetzt selbst abrechnen – und zwar auch schon digital. Der Unterschied ist, dass Ihr aktuell noch die Papierverordnungen und das Begleitschreiben per Post an die Krankenkassen schicken müsst. Dieser Schritt entfällt dann mit der eHeilM-VO. Trotzdem ist Selbstabrechnen eine gute Übung für die Zukunft – auch für Euer Team. 4. Selbstabrechnen geht schneller als gedacht „Wenn ich selbst abrechne, muss ich ja zehn Stunden und mehr im Monat nur für die Abrechnung aufbringen. Das geht doch nicht.“ Das ist einfach falsch. Wusstet Ihr, dass die Abrechnungszentren nur zehn Prozent des Abrechnungsprozesses übernehmen? Dafür bezahlt Ihr sie aber üppig. Den Großteil der Abrechnungsarbeit übernehmt Ihr im Vorfeld. Die eigentliche Abrechnung, die Ihr an ein Abrechnungszentrum delegieren könnt, dauert dann je 100 Verordnungen etwa eine Stunde – oder 30 Sekunden je Verordnung. Das ist doch überschaubar, oder? 5. Mit Selbstabrechnen spart Ihr Geld Selbstabrechnen kostet gar nicht viel mehr Zeit, als ein Abrechnungszentrum zu beauftragen. Die zweite gute Nachricht: Selbstabrechnen spart auch noch Geld. Wir zeigen Euch, wie das geht anhand der folgenden Beispieltabelle. In diesem Beispiel haben wir eine Praxis, die 25.000 Euro im Monat abrechnet. In Zeile B1 seht Ihr, dass die Praxis 1,5 Prozent (inkl. MwSt.) von ihrem Umsatz als Honorar an das Abrechnungszentrum zahlt. Diese Praxis bekommt nicht nach 21 Tagen ihr Geld von dem Abrechnungszentrum, sondern bereits nach 14 Tagen (Zeile B2). Weitere Aufschläge haben wir in diesem Beispiel nicht berechnet. Ein Blick in Eure Verträge mit den Abrechnungszentren verrät Euch, was Ihr genau für Gebühren bezahlen müsst. Insgesamt zahlt diese Praxis monatlich 375 Euro an ihr Abrechnungszentrum – für zehn Prozent der Arbeit im gesamten Abrechnungsprozess. Das sind 4.500 Euro im Jahr. Nun schauen wir uns einmal an, welche Ersparnis die Praxis hat, wenn sie sich dazu entscheidet, selbst abzurechnen: Wir kalkulieren hier eine Stunde Mehraufwand (C1) für die vollständige Selbstabrechnung und setzen dafür kalkulatorische Kosten von 27 Euro je Stunde (C2) an. Die Praxis hat also 27 Euro zusätzliche Personalkosten im Monat sowie 30 Euro Kosten für Porto und Material (C4). In diesem Beispiel hat die Praxis mit dem Abrechnungszentrum vereinbart, dass das Geld nach 14 Tagen auf dem Praxiskonto landet – das ist aber natürlich nicht immer so, sondern hängt von Euren Vereinbarungen ab. Rechnet die Praxis nun selbst ab, muss sie die sieben Tage, die der Prozess nun länger dauert, finanziell überbrücken – oder auch nicht. Denn wenn Ihr selbst abrechnet, habt Ihr auch das selbst in der Hand. Auf Seite 32 erläutern wir Euch, wie Ihr mit Abrechnungsintervallen dafür sorgt, dass das Geld früher auf Eurem Konto ist. Aber selbst wenn der schlimmste Fall eintreten würde und Ihr mit einem Dispo überbrücken müsstet, lohnt sich Selbstabrechnen immer noch. Hier gehen wir jetzt einmal vom Worst Case aus: Die Praxis muss mit einem Dispo überbrücken, wofür 10 Prozent als Jahreszins anfallen. Daraus ergeben sich die Finanzierungszinsen von 48,61 Euro (C8). Rechnen wir nun alle Kosten zusammen, kommen wir auf 105,61 Euro im Monat bzw. 1.267,33 Euro im Jahr. Ziehen wir die 105,61 Euro nun von den 375 Euro ab, die die Praxis monatlich an das Abrechnungszentrum zahlen muss, kommen wir auf einen Vorteil von 269,39 Euro im Monat (D1) bzw. 3.232,67 Euro im Jahr (D2). Das ist das Geld, was die Praxis spart, wenn sie nun selbst abrechnet. Im Einzelfall kommt es natürlich auf die Größe der Praxis und die Höhe der Umsätze an, wie groß die Ersparnis ist. Es gibt auch größere Praxen, die mit dem Selbstabrechnen mehrere Tausend Euro monatlich sparen. Ihr möchtet direkt mit dem Selbstabrechnen starten? Klar, los geht's! Prüft, ob Ihr ein Praxisverwaltungssystem habt, das direktes Abrechnen unterstützt. Habt Ihr? Super, dann … … schaut, ob diese Software eine Verschlüsselungssoftware verwendet. Das ist wichtig, wenn Ihr sensible und personenbezogene Abrechnungsdaten an die Krankenkassen sendet. Hat Euer Praxisverwaltungssystem diese Software nicht, müsst Ihr diese einmal implementieren. Fragt hier am besten beim Anbieter Eures PVS nach, ob Eure Software verschlüsselt Daten senden kann und wenn nicht, welche Möglichkeiten Ihr habt. … registriert Ihr Euch einmalig bei der Informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG). Das dauert etwa 21 bis 28 Tage, sofern dies nicht auch schon über Euren PVS-Dienstleister automatisch geschieht (z. B. bei buchnerFLOW). … meldet Ihr bei der ARGE IK an, dass Ihr nun selbst abrechnet – Ihr müsst dort das Startdatum und Eure Bankverbindung hinterlegen. Denn dort ist sonst noch die Bankverbindung Eures Abrechnungszentrums hinterlegt. Hinweis: Wer noch kein Praxisverwaltungssystem hat, sollte sich eins zulegen. Denn spätestens mit der verpflichtenden Anbindung an die Telematikinfrastruktur, werdet Ihr ein PVS benötigen. Hier findet Ihr Unterstützung: www.buchner.de/digitalisierung-starten/ Informiert Euch über die bestehende Laufzeit Eures Vertrags mit Eurem Abrechnungszentrum. Was wird passieren, wenn Ihr kündigen möchtet? Wahrscheinlich wird Euer Abrechnungszentrum Euch plötzlich bessere Konditionen anbieten, wie Telefonanbieter es machen. Davon solltet Ihr Euch nicht beirren lassen. Hinweis: Denkt daran, wenn Ihr selbst abrechnen möchtet, müsst Ihr Eurem Abrechnungszentrum kündigen. Ihr dürft nicht parallel arbeiten. Diese Artikel sind außerdem Teil des Themenschwerpunkts: Selbst abrechnen leicht gemacht Step by Step – So einfach ist Selbstabrechnen Checkliste: Richtig prüfen, sicher abrechnen - Lust auf Selbstabrechnen? Hier gibt es Unterstützung