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10 Tipps für das Arztgespräch – Ein Gastbeitrag von Anke Handrock

Therapeuten sind heute aus rechtlichen Gründen in der Regel darauf angewiesen, dass Ärzte ihnen Patienten überweisen. Doch viele von Ihnen bemängeln – nicht zu Unrecht – dass Ärzte nicht sonderlich viel über die Behandlungen wissen, die sie verordnen. Doch den Ärzten deswegen möglichst aus dem Weg zu gehen, ist keine Lösung. Therapeuten können stattdessen daran arbeiten, ein möglichst gutes Verhältnis zu zuweisenden Ärzten und Zahnärzten aufzubauen. Diese Tipps helfen Ihnen, eine Beziehung aufzubauen und zu pflegen sowie mit Konflikten umzugehen.
10 Tipps für das Arztgespräch - Ein Gastbeitrag von Anke Handrock
© iStock: www.PeopleImages.com,Peter Adamik,Berlin


Tipp 1:

Halten Sie sich stets vor Augen, was das Ziel Ihrer Kommunikation ist. Meist geht es darum, Ärzte von Ihrer Praxis zu überzeugen. Bemühen Sie sich, aus Ärzten und Patienten “Empfehler” zu machen – auch wenn Sie bereits zu viele Zuweisungen haben. Es soll darum gehen, Botschafter für Ihr spezielles Angebot zu gewinnen.

Ärzte sind auch nur Menschen…

Damit Menschen sich wertschätzen können, müssen sie erst einmal in einen guten Kontakt zueinander treten. Je mehr angenehme Begegnungen es gibt, desto besser gelingt das. Negative Erlebnisse wiederum werden im Gehirn besonders gut gespeichert – wenn es möglich ist, Konflikte zu vermeiden, sollten Sie das also auch tun. Unklarheiten und Probleme müssen aber natürlich dennoch angesprochen und geklärt werden.


Tipp 2:

Freuen Sie sich über jede Möglichkeit, zum Arzt und seinem Praxisteam Kontakt aufzunehmen. Versuchen Sie, herauszufinden, was Sie an diesem Arzt und seinen Mitarbeitern gut finden, oder gut finden könnten, wenn Sie wollten. Notieren Sie sich alles, was Sie an Positivem herausgefunden haben. So bleibt Ihr Fokus während eines Treffens oder Telefonats darauf gerichtet, und Sie selbst sind dem Arzt gegenüber hinterher wohlwollender eingestellt.

Vertrauen aufbauen

Je besser sich ein Arzt, seine Mitarbeiter und der Therapeut kennen, und je mehr gute Erfahrungen es zwischen Ihnen gibt, desto eher entsteht Vertrauen. Vertrauen führt dazu, dass dem jeweils anderen eher gute Absichten unterstellt werden. Vertrauen entsteht, wenn Sie als Therapeut die Erwartungen, die Sie bei einem Arzt wecken, erfüllen oder sogar übertreffen. Ist eine Vertrauensbasis aufgebaut, geht der Arzt davon aus, dass Sie gute Absichten hegen, selbst wenn es einmal Meinungsverschiedenheiten gibt. Das erleichtert alle weiteren Diskussionen und Verhandlungen deutlich.


Tipp 3:

Seien Sie mit Versprechen gegenüber dem Arzt und seinem Team eher zurückhaltend. Liefern Sie lieber hinterher mehr, als Sie in Aussicht gestellt haben. So baut die Arztpraxis schnell Vertrauen auf – und wird Ihre Praxis eher an Patienten empfehlen.

Welche Erwartungen haben Ärzte an Therapeuten?

Wo wir bei Erwartungen sind: Natürlich haben Ärzte gewisse Vorstellungen davon, wie die Zusammenarbeit mit Therapeuten laufen soll. Diese beruhen oft auf Erfahrungen mit ärztlichen Kollegen – die ihnen häufig einen gewissen Service bieten.

Besonders schön zeigt sich das in der Zahnmedizin, wo sich Kieferchirurgen und Kieferorthopäden intensiv um ihre Überweiser bemühen. Sie bieten teilweise Informationsservices per Mail und Formularservices an, richten Überweiserveranstaltungen aus, besuchen die Zahnärzte und versuchen, Arztbriefe und Anfragen zeitnah zu beantworten. Ist ein Zahnarzt einen solchen Service erst einmal gewohnt, möchte er ihn auch bei Therapeuten sehen.


Tipp 4:

Zuweisende Ärzte sind genauso ihre “Kunden” wie Ihre Patienten – also versuchen Sie, Ihnen etwas zu bieten. Ihre Praxis kann sich gegenüber anderen hervortun, indem Sie Therapieberichte gewissenhaft anfertigen, sich dabei mit den Ärzten absprechen und generell einen guten Service bieten.

Niemand macht gern Fehler – und niemand wird gerne korrigiert

Ihr Standesrecht verbietet es Ärzten, gegenüber Patienten Kritik an Kollegen zu üben. Entsprechend empfindlich reagieren sie, wenn Therapeuten sich auch nur vage kritisch oder abwertend äußern – selbst wenn es nur um falsch ausgefüllte Formulare geht. Kritik findet unter niedergelassenen Ärzten quasi nur in Qualitätszirkeln statt, in denen man sich gut kennt.

Das hat durchaus einen medizinischen Sinn. Ärzte wissen, dass sie gegenüber Patienten Sicherheit ausstrahlen müssen, um keine Noceboeffekte auszulösen, was manchmal viel Kraft kostet. Deswegen reagieren auch vor allem Ärzte, die selber (noch) unsicher sind, empfindlich auf die leiseste Kritik. Je souveräner ein Arzt ist, desto eher diskutiert er mit anderen Ärzten und Therapeuten über die Behandlung “seines” Patienten.


Tipp 5:

Problematisch wird es, wenn Sie beispielsweise fehlerhaft ausgefüllte Verordnungen aus Arztpraxen erhalten, was vorkommen kann. Suchen Sie dann ein klärendes Gespräch, bei dem Sie nicht von „Fehlern“ des Arztes sprechen. Bedauern Sie, dass Heilmittel-Verordnungen umständlich auszufüllen sind und Tücken aufweisen. Viele Ärzte, Zahnärzte und Rezeptionshelferinnen lieben Service – bieten Sie also Ausfüllhilfen für die Verordnungen als Unterstützung an. Es wirkt wesentlich sympathischer, Schwierigkeiten und Probleme für andere zu lösen, als Fehler rot anzustreichen.


Tipp 6:

Vermeiden Sie in jedem Fall, vor Patienten davon zu sprechen, dass eine Arztpraxis einen Fehler gemacht hat, und weisen Sie Rezeptionsmitarbeiter entsprechend an. Das gilt auch für mögliche Fehler von Arzthelferinnen. Einen Angriff auf ein Mitglied ihres Praxisteams empfinden Ärzte oft als Angriff auf sich selbst.

Erweiterte Therapieangebote „ergänzen“ die Behandlung durch den Arzt

Erhalten Sie einen Termin, um Fragen zu den Verordnungen zu klären, können Sie vielleicht die Gelegenheit nutzen, um dem Arzt Ihre erweiterten Angebote vorzustellen. Teilweise wissen Ärzte und Zahnärzte gar nicht, was im Behandlungsspektrum von Therapeuten so alles schlummert.

Therapeuten bieten oft auch Behandlungen an, die nicht im strengen Sinne schulmedizinisch notwendig sind, also nicht im Rahmen der GKV verordnungsfähig. Das kann mehr Therapie sein als verordnet, oder eine andere Art der Therapie, solange der Therapeut dabei nicht gegen seine eigenen Rahmenverträge verstößt. Ärzte sind demgegenüber in der Regel offener, wenn sie sicher sind, dass die zusätzliche Therapie keine Kritik an ihrer Behandlung ist – sondern eine mögliche Ergänzung dazu. Daher ist es nützlich, den Patienten regelmäßig zu versichern, dass Sie sehr gerne mit dem zuweisenden Arzt zusammenarbeiten.

Wollen Ärzte keine weiteren Verordnungen ausstellen, weil der gesetzliche Rahmen ihrer Ansicht nach ausgeschöpft ist, bedauern Sie gegenüber den Patienten, dass mehr Verordnungen offensichtlich im Moment leider nicht möglich sind. Vermeiden Sie gut gemeinte Hinweise an Patienten, dass ihr Arzt durchaus mehr zulasten der GKV verordnen könnte, wenn er wollte. Das setzt den Arzt nur unter Druck. Es ist wesentlich sinnvoller, direkt mit der Rezeption der Arztpraxis zu sprechen, ohne Patienten mit einzubeziehen, oder – was insgesamt wahrscheinlich sowohl für Arzt- als auch Therapiepraxis sinnvoller ist – den Patienten Selbstzahlerangebote für eine weitere Therapie zu machen.


Tipp 7:

Erwähnen Sie gegenüber dem Patienten immer wieder, dass Sie sehr zufrieden darüber sind, mit Dr. X zusammenzuarbeiten. Stellen Sie Ihre zusätzlichen Angebote als sinnvolle Erweiterungen und Ergänzungen der ärztlichen Behandlung dar.

Was ist, wenn der Arzt auch mit der Konkurrenz zusammenarbeitet?

Einigen Ärzten ist es wichtig, mit mehreren Therapeuten zusammenzuarbeiten. Zum einen geht es ihnen darum, dass Therapiepraxen unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer Therapie haben – das ist für Therapeuten unproblematisch. Andererseits haben viele Ärzte das Bedürfnis, keine Abhängigkeiten zu einzelnen Therapeuten aufzubauen.


Tipp 8:

Dass der Arzt mit mehreren Therapeuten zusammenarbeitet, muss nicht zum Thema zwischen Arzt und Therapeut werden. Wird es das doch, hilft es, Verständnis dafür zu zeigen, dass der Arzt flexibel sein möchte. Lassen Sie ihn wissen, dass Sie gerne zu einer Behandlergemeinschaft mit ihm und anderen spezialisierten Therapeuten gehören. So bekommt der Arzt kein schlechtes Gewissen, wenn er neben Ihnen noch andere Therapiepraxen hat – und Sie wirken sympathischer.

Und wenn Ärzte vor Patienten einen Therapeuten kritisieren?

Ärzte halten sich nicht automatisch an die hohen ethischen Standards, die ihnen ihr Standesrecht aufbürdet. Manchmal merken sie auch schlichtweg nicht, dass sie sich gerade sehr kritisch über andere Heilberufler äußern. Manch einer schimpft vor Patienten über einen Therapeuten, was dieser wiederum von dem Patienten erfährt. Solche Situationen sind sehr unangenehm und gefährden das gute Verhältnis.


Tipp 9:

Erzählt ein Patient Ihnen, dass sein Arzt Ihre Behandlung kritisiert hat, sagen Sie ihm, dass Sie selbstverständlich mit dem Arzt Rücksprache halten werden. Verzichten Sie auf Gegenangriffe, so berechtigt sie auch erscheinen mögen. Bleiben Sie vorsichtig – viele Patienten interpretieren Aussagen von Ärzten völlig anders, als sie gemeint waren.

Rufen Sie in der Arztpraxis an und bitten Sie um ein klärendes Gespräch. Machen Sie gegenüber der Arzthelferin deutlich, dass es Ihnen darum geht, die Beziehung zum Arzt und Ihre Behandlung zu optimieren.

Erwidert der Arzt, er habe nichts Negatives über Sie oder Ihre Behandlung gesagt, bedanken Sie sich für seine Zeit und das klärende Gespräch. Selbst wenn das nicht stimmt – er wird die Unterhaltung in guter Erinnerung behalten. Bestätigt der Arzt die Aussage des Patienten, teilen Sie ihm mit, dass Ihnen die Situation am Patienten sehr peinlich war. Das ist keine direkte Kritik, macht ihm aber deutlich, dass sein Verhalten für Sie problematisch war. Egal, wie Ihr Gesprächspartner reagiert, und selbst wenn der Arzt sich selbst keine Zeit für ein Gespräch nimmt: Bitten Sie die Arztpraxis darum, Sie jederzeit direkt anzusprechen, sobald sie Fragen, Wünsche oder Kritik hat.

Wie kann ich mich auf konfliktbehaftete Gespräche vorbereiten?


Tipp 10:

Zur Vorbereitung auf schwierige Gespräche kann eine Imaginationsübung helfen: Stellen Sie zwei Stühle hin und setzen Sie sich auf einen davon. Stellen Sie sich nun vor, auf dem Stuhl gegenüber sitze der Arzt, mit dem Sie sprechen werden. Stehen Sie auf, setzen sich auf den Arztstuhl und schauen sich aus der Perspektive des Arztes den Therapeuten an. Versetzen Sie sich in die Situation des Arztes. Überlegen Sie, was Sie sich als Arzt jetzt von dem Therapeuten auf dem anderen Stuhl wünschen. Welche Argumente und Bitten Ihres Gegenübers sprechen Sie als Arzt an – und worauf reagieren Sie eher gereizt? Wechseln Sie anschließend erneut den Stuhl und überlegen sich in der Therapeutenrolle, wie sie mit den Informationen umgehen wollen.

Sie können die Wirkung der Übung noch steigern, indem Sie sich hinterher Gesprächsnotizen machen – durch das Aufschreiben formulieren Sie Ihre Argumente präziser aus und sie sind im Gedächtnis besser präsent.

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Unsere Gastautorin

    Wenn es um Arztkommunikation geht, weiß Dr. med. dent. Anke Handrock, wovon sie spricht – schließlich hat sie selbst als Zahnärztin gearbeitet. Seit 1996 leitet sie ihr Institut für Coaching & Training in der Medizin in Berlin. In den Kursen dort geht es unter anderem um Positive Psychologie, Mitarbeiterführung sowie Patienten- und Arztkommunikation. Zielgruppe der Coachings sind neben Ärzten, Zahnärzten und Kliniken auch Heilmittelerbringer.

 

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