Rechtliche Grundlagen zur Praxissicherheit

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es zum Thema sichere Praxis? Und was schreibt der Gesetzgeber in Sachen Arbeitsschutz vor? Antworten darauf geben viele verschiedene Gesetze, Vorschriften und Verordnungen. Da passiert es schnell, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Wir helfen Ihnen, den Durchblick zu behalten und haben die wichtigsten Regeln und Gesetze zusammengestellt. 1. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Das Gesetz umfasst insgesamt 26 Paragraphen und regelt die absoluten Basics des Arbeitsschutzes. Es zielt darauf ab, „(...) Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern“ (§1 ArbSchG). Grundlegende Aspekte zur Gestaltung eines sicheren Arbeitsumfeldes – worunter auch die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung fällt– finden Sie insbesondere in den ersten sechs Paragrafen. 2. Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) Jedes Unternehmen, das Mitarbeiter beschäftigt, muss sich von einem Betriebsarzt sowie einer Fachkraft für Arbeitssicherheit betreuen lassen. Sie unterstützen bei der Umsetzung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung – entsprechend der gewählten Betreuungsvariante (s. Kasten). Informationen zur Bestellung und den Aufgaben der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit finden Sie in den §§ 1 bis 6 des ASiG. Zwei Varianten der Arbeitsschutzbetreuung Welche Betreuungsvariante in Frage kommt, hängt von der Anzahl der Mitarbeiter ab: 1. Regelbetreuung bei bis zu zehn Mitarbeitern Bei dieser Grundbetreuung greift Ihnen der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung unter die Arme. Darüber hinaus unterstützen die Arbeitsschutzexperten Sie nur noch bei besonderen Anlässen, etwa wenn Sie bauliche Veränderungen vornehmen, bei der Erstellung von Notfallplänen oder der Gestaltung von Arbeitsplätzen. Wenden Sie sich dafür am besten an Ihre Berufsgenossenschaft oder die gesetzliche Unfallkasse. 2. Alternative bedarfsorientierte Betreuung bei bis zu 50 Mitarbeitern Bei dieser Variante bilden Sie sich selbst im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz weiter und besuchen anschließend regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen. Dies befähigt Sie unter anderem, die Gefährdungsbeurteilung auch ohne Unterstützung des Betriebsarztes oder der Fachkraft für Arbeitssicherheit durchzuführen. Die Schulungen finden bei Kooperationspartnern statt, mit denen Sie einen Vertrag über die alternative bedarfsorientierte Betreuung schließen. Auch bei dieser Variante müssen Sie sich bei besonderen Anlässen von einem Betriebsarzt und einer Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen. Wichtig: Teilen Sie der Berufsgenossenschaft mit, welche Betreuungsform Sie gewählt haben und wer Ihre Arbeitsschutzexperten sind. 3. Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) Ziel der Verordnung ist es, durch Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu verhüten. Grundlage dessen ist die Gefährdungsbeurteilung. Die Verordnung regelt zudem die Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge, die Sie bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten gegenüber Ihren Mitarbeitern veranlassen bzw. anbieten müssen. 4. Arbeitsstättenverordnung(ArbStättV) Ihre Praxis muss so eingerichtet und betrieben sein, dass sie die Sicherheit und die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter (und Patienten) nicht gefährdet. Entsprechende Vorgaben finden Sie in der ArbStättV – etwa zu Ausstattungsmerkmalen und der Pflicht, Ihre Mitarbeiter in allen sicherheits- und gesundheitserhaltenden Aspekten und Maßnahmen zu unterweisen. 5. Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) In dieser Verordnung sind Regelungen zur Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter im Umgang mit Arbeitsmitteln zu finden. Generell gilt, dass Ihre Mitarbeiter die Arbeitsmittel erst verwenden dürfen, wenn Sie eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt haben, die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik getroffen wurden und Sie festgestellt haben, dass die Verwendung der Arbeitsmittel nach dem Stand der Technik sicher ist (s. § 4 BetrSichV). Verordnungen und Gesetze, die individuell zum Tragen kommen Biostoffverordnung Gefahrstoffverordnung Medizinproduktebetreiberverordnung (Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten) PSA-Benutzungsverordnung (Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit) Mutterschutzgesetz (Mehr dazu in unserem Themenschwerpunkt Schwangerschaft aus der up-Ausgabe 8-2018) DGUV Vorschrift 1 – alles auf einen Blick Zu wissen, in welchen Gesetzen und Vorschriften der Arbeits- und Gesundheitsschutz geregelt sind, ist eine Sache. Die Vorgaben umzusetzen, eine andere. Unser Tipp: Werfen Sie dafür einen Blick in die DGUV Vorschrift 1 – Grundsätze zur Prävention. Sie enthält alle wesentlichen Anforderungen, die Sie in puncto Arbeits- und Gesundheitsschutz berücksichtigen müssen, inklusive konkreten Handlungsempfehlungen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben, u. a. zu den Themen Gefährdungsbeurteilung, betriebsärztliche und sicherheitstechnischen Betreuung, Sicherheitsbeauftragte, zu Maßnahmen bei besonderen Gefahren, zu Erster Hilfe und zur persönlichen Schutzausrüstung. Braucht jede Praxis zwingend einen Sicherheitsbeauftragten (SiBe)? Sicherheitsbeauftragte unterstützen Sie dabei, Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten durchzuführen. Sie achten insbesondere darauf, dass vorgeschriebene Schutzeinrichtungen und persönliche Schutzausrüstungen vorhanden und ordnungsgemäß von den Mitarbeitern angewendet werden. Viele Praxen müssen jedoch keinen SiBe bestellen. Denn laut DGUV Vorschrift 1, § 20 heißt es: „In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten hat der Unternehmer unter Berücksichtigung der im Unternehmen bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung sowie der Arbeitsorganisation Sicherheitsbeauftragte in der erforderlichen Anzahl zu bestellen.“ Elektrische Anlagen und Betriebsmittel Laut DGUV Vorschrift 3 müssen Sie dafür sorgen, „(...) dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen Regeln entsprechend errichtet, geändert und in-standgehalten werden.“ Dazu gehört auch, defekte Anlagen/Geräte aus dem Verkehr zu nehmen und Mängel umgehend zu beheben. Wartung von Sport- und Therapiegeräten Um Schäden an Sport- und Therapiegeräten rechtzeitig zu erkennen, ist es wichtig, diese regelmäßig zu überprüfen. Denn generell gilt: Sind sie defekt und kommt es bei der Nutzung zu Unfällen, haften Sie. Wenn Sie dann nicht nachweisen können, dass Sie sie regelkonform gewartet haben, drohen rechtliche Folgen, etwa Schadensersatzforderungen. Die DGUV legt für die Überprüfung folgende Standards fest: - Vor jedem Gebrauch: Sicht- und Funktionsprüfung durch den Therapeuten. Diese sollte entsprechend der Bedienungs- und Wartungsanleitung der Hersteller geschehen. Die DGUV hat in der Information 202-044 zudem für eine Reihe verschiedener Sportgeräte „kritische“ Punkte zusammengetragen, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen. - Mindestens einmal jährlich: Umfassende und detaillierte Prüfung durch eine befähigte Person. Diese muss nach der Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS 1203) über die notwendige Fachkenntnis verfügen. Welche das sind, steht unter Punkt 2. Wichtig: Bei der Angabe „jährlich“ handelt es sich um einen Richtwert. Schauen Sie in der Wartungsanleitung der Hersteller nach, ob andere Prüfabstände angegeben sind oder fragen Sie bei der befähigten Person nach. Viele Anbieter von Sport- und Therapiegeräten bieten selbst entsprechende Prüfungen an. Auch herstellerunabhängige Prüfungen sind möglich, etwa über Fachunternehmen wie die Bundesfachgruppe Wartung – Sicherheit für Sport- und Spielgeräte e. V. Außerdem gehören diese Artikel zum Themenschwerpunkt: Sicherheit in der Praxis: Arbeitsschutz, Unfallverhütung und Erste Hilfe Mehr als eine lästige Pflicht: „Eine Gefährdungsbeurteilung gibt Rechtssicherheit im Schadensfall.“ Risiko erkannt, Gefahr gebannt: Maßnahmenkatalog als Basis für Ihre Gefährdungsbeurteilung Erste Hilfe in der Praxis: Damit im Notfall alle richtig handeln (können)