up|unternehmen praxis

Eine Hygienepauschale von 1,50 Euro? „Das ist lächerlich“

Interview mit dem Podologen Robinson Ehlerding zum Thema Preisfindung
2014 befasste sich Robinson Ehlerding als frisch gebackener Inhaber einer Privatpraxis für Podologie das erste Mal mit dem Thema Preisfindung. Eine Kassenvergütung von etwa 27 Euro für eine Podologische Komplexbehandlung – das empfand er schon damals als zu wenig und setzte höhere Preise an. Aktuell rechnet er dafür 65,96 Euro ab (privat und ohne Rezept). Besonders die Hygienekosten schlagen in der Podologie zu Buche, auch wenn gerade keine Pandemie herrscht. Er ist der Meinung, dass diese Kosten in die Preisfindung von Heilmittelleistungen zwingend einfließen müssen.
Eine Hygienepauschale von 1,50 Euro? „Das ist lächerlich“
© Robinson Ehlerding

Herr Ehlerding, wie haben Sie damals Ihren ersten Preis festgelegt?

EHLERDING: Ich habe mich bei den Krankenkassen zu den Vergütungssätzen informiert. Dieser lag 2014 bei um die 27 Euro für die Podologische Komplexbehandlung. Ich habe das damals als sehr wenig empfunden und mich für 35 Euro entschieden. Etwa zwei Jahre später habe ich die Preise dann anhand der Zahlen vom Steuerberater kalkuliert. Da bin ich niemals auf die 27 Euro gekommen. Ich habe meinen Berufsverband kontaktiert, um mich zu erkundigen, wie die Kassen die Preise kalkulieren. Dabei kam heraus, dass es nur fiktive Preise sind.

Was sind die Hauptkosten in einer Podologiepraxis?

EHLERDING: Eindeutig jene für die Hygiene. Nach jedem Patienten etwa desinfizieren wir den kompletten Stuhl und die Arbeitsflächen, bei den Instrumenten geschieht das im eigenen Ultraschallbad mit anschließender Sterilisation im Autoklaven. Der Hygieneaufwand beläuft sich nach jedem Patienten auf etwa 15 Minuten – unabhängig von Corona. Hinzu kommen dann beispielsweise noch Kosten für Wartung. Beim Autoklaven liegen diese bei 530,03 Euro.

Die Krankenkassen zahlen aktuell eine Hygienepauschale von 1,50 Euro pro Verordnung. Das ist dann ja vermutlich ein Witz, oder?

EHLERDING: Ich war vor ein paar Wochen bei meinem Hausarzt zur Impfberatung. Wir haben nur über meinen Impfpass geschaut. Und da lag der Hygienebeitrag bei 14,75 Euro, glaube ich. 1,50 Euro, das ist lächerlich.

Was würden Sie vorschlagen, wie man auf den richtigen Preis kommt?

EHLERDING: Keine Fixpreise nehmen, sondern anhand der Betriebsausgaben den Preis kalkulieren.

Was wird mit den GKV-Praxen passieren, die hohe Hygienekosten haben, aber nur unangemessen mehr von der Kasse dafür bekommen?

EHLERDING: Ich könnte mir vorstellen, dass viele ihre Kassenzulassung abgeben, um zu überleben. In der Podologie ist es nicht unüblich, ohne Zulassung zu arbeiten. Viele Patienten kommen auch mit Kassenrezepten zu uns und lassen sich die Kosten dann erstatten.

 

Herr Herr Ehlerding, vielen Dank für das Gespräch.
[Das Gespräch mit Robinson Ehlerding führte Ralf Buchner]

Das Interview ist ein Auszug aus der Folge unseres Podcasts up_Doppelbehandlung zum Thema Hygienekosten. Die gesamte Folge mit Herrn Ehlerding als Gast finden Sie zeitnah unter: www.up-aktuell.de/podcast-up_doppelbehandlung

Außerdem interessant:

Anhörung: SHV gegen Verlängerung der Hygiene-Pauschale von 1,50 Euro

Preisverhandlungen besser gestalten – Teil 1

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all Kommentare
0
Wir würden gerne erfahren, was Du meinst. Schreibe Deine Meinung dazu.x