GKV-HIS Daten für das 3. Quartal 2020 veröffentlicht

Eigentlich kann man jedes Quartal im Internet nachlesen, in welchem Bundesland welcher Arzt welche Heilmittel verschrieben und abgerechnet hat. Denn der Gesetzgeber hat den GKV-Spitzenverband verpflichtet, sogenannte Schnellinformationen über die Entwicklung der Ausgaben für Heilmittel nach § 32 SGB V für die ärztlichen Verordner zur Verfügung zu stellen. Und die stehen als aktuelle Übersicht jedem Interessierten zur Verfügung – eigentlich. In Corona- und Rettungsschirmzeiten ist die Datenlage offensichtlich etwas komplexer geworden. Jedenfalls ist die Informationslage des GKV-Heilmittel-Informations-Systems (GKV-HIS) schon seit längerer Zeit nicht mehr besonders aktuell. Erst vor kurzem sind die Ergebnisse für das 3. Quartal 2020 veröffentlich worden. Davor mussten die Ergebnisse des 2. Quartals 2020 wegen Fehlern wieder zurückgezogen werden. Offensichtlich ist die Zusammenführung der Daten aller Krankenkassen in Deutschland schwieriger als man sich das als Laie so vorstellt. In der Vergangenheit gab es die Vorgabe, dass die Daten 18 Wochen nach Ende eines Quartals veröffentlich sein sollen. Das hat jedoch nur sehr selten geklappt, aktuell sowieso nicht. Die gesetzliche Vorgabe „Schnellinformationen“ zu liefern wird derzeit nicht erfüllt. Wie gut sind die Daten? Weiteren Zweifel an der Qualität und Aktualität der Zahlen des GKV-HIS sind in den Zeiten des Corona-Rettungsschirms für Heilmittelpraxen aufgekommen. In diesem Zusammenhang haben alle Praxen gelernt, dass die Abrechnung über einen Abrechnungs-Dienstleister (Abrechnungszentrum) dazu führen kann, dass eine Anfang Dezember von der Praxis abgerechnete Verordnung wegen Urlaub des Abrechnungszentrums erst Mitte Januar abgerechnet wird. Außerdem war bislang die Laufzeit einer Verordnung nicht ganz unwichtig dafür, wann die Verordnungsdaten in der GKV-HIS Statistik auftauchten. Podologen benötigten manchmal ein Jahr, um eine Verordnung abzuarbeiten und abzurechnen. Das ist mit dem aktuellen Vertrag der Podologen jetzt geändert worden, trotzdem lassen einige Kolleginnen und Kollegen eine Verordnung schon mal ein paar Wochen liegen, bevor sie abrechnen – wieder mit deutlichen Auswirkungen auf die Statistik. Bei den Daten des GKV-HIS handelt es sich um ungeprüfte Abrechnungsdaten. Das bedeutet, dass hier noch Korrekturen bzw. Absetzung durch die Kassen vorgenommen werden. Vergleicht man allerdings die gemeldeten GKV-HIS Daten mit dem endgültigen Finanzergebnis der GKV, stellt sich heraus, dass die Abweichung zwischen den beiden Statistiken vergleichsweise gering ist. Entwicklungen beobachten Im Ergebnis haben die gemeldeten Quartalszahlen je nach Fachgruppe zwar wenig bis nichts mit der aktuellen Verordnungsrealität der Ärzte zu tun. Aber da sowohl Ärzte als auch Heilmittelerbringer ihr Verhalten über die Quartale und Jahre hinweg scheinbar wenig ändern (z. B. lassen Praxisinhaber ihre Verordnung immer wieder einige Wochen liegen, bevor abgerechnet wird), kann man die GKV-HIS Daten trotzdem ganz gut nutzen, um die Heilmittelbranche auf Bundes- oder Landesebene zu betrachten und Entwicklungen zu beobachten. Interessant sind also die Daten im Zeitverlauf, der Vergleich von Entwicklungen zwischen den verschiedenen Heilmittelberufen oder den Verschiebungen in den unterschiedlichen Altersgruppen. Heilmittelausgaben im Zeitverlauf Betrachtet man die Entwicklung der Heilmittelausgaben je 1.000 Versicherte im Zeitverlauf, dann relativiert sich die Fabel von erheblichen Preissteigerungen im Heilmittelbereich. Der Honorarumsatz je Versicherten steigt in 2020 mit einem Zuwachs von 5,3 Prozent im Vorjahresvergleich durchaus moderat. Die Entwicklung der ersten drei Quartal im Zeitverlauf verdeutlichen, dass der stärkste Honoraranstieg in 2019 zu verzeichnen war. Zur Erinnerung: Am 1. Juli 2019 wurden die bundeseinheitlichen Preise eingeführt. Der zeitliche Verlauf der abgerechneten Behandlungseinheiten der ersten drei Quartale von 2017 bis 2020 zeigt einerseits, dass höhere Honorare in 2019 es den Praxen ermöglicht haben, die Therapeuten besser zu bezahlen – und damit vermutlich sogar dafür gesorgt haben, dass es mehr Behandlungsangebote gegeben hat als 2018. Der Abfall in 2020 ist ziemlich klar auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Dabei muss man im Blick behalten, dass im ersten Halbjahr 2020 vermutlich viele Praxisinhaber die Abrechnung von Verordnung vorgezogen haben, um die Liquidität zu sichern. Das würde bedeuten, dass in Wirklichkeit der Abfall der Behandlungseinheiten in 2020 deutlich größer ist, als man den Zahlen des GKV-HIS entnehmen kann. Heilmittelausgaben nach Berufsgruppe Betrachtet man die Rückgänge der Behandlungseinheiten je Berufsgruppe, findet man erhebliche Unterschiede im Corona-Pandemie-Jahr. Die Podologen verzeichnen 13 Prozent mehr Honorar im Vergleich zum Vorjahr, obwohl sie 8,4 Prozent weniger Behandlungseinheiten durchgeführt haben. Der Gegenentwurf dazu sind die Logopäden, die im Vergleich zum Vorjahr 7,1 Prozent höhere Honorarumsätze erzielt haben, obwohl sie einen Rückgang der Behandlungseinheiten um 20,2 Prozent verkraften mussten. Im Mittelfeld bewegen sich beim Honorarzuwachs die Physio- (+4,6 Prozent) und Ergotherapeuten (+8,1 Prozent), die jedoch jeweils deutliche zweistellige Behandlungsrückgänge von 14,2 bzw. 17,3 Prozent verkrafteten mussten. Rechnet man den Wert so um, dass man den Preis je Behandlung erhält, dann sieht man: Alle Heilmittelberufe können einen deutlichen Zuwachs bei den Honoraren je Behandlungseinheit verbuchen. Die Logopäden liegen hier mit einem Zuwachs von über 34 Prozent ganz vorn. Achtung: Bei dieser Betrachtung gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass sich bei der Zusammensetzung der einzelnen Leistungen innerhalb der Berufsgruppen nicht viel verändert hat. GKV-HIS Zahlen für sich nutzen Zum Schluss noch ein Beispiel, wie man die GKV-HIS Zahlen nutzen kann: Bei einem Besuch in einer Physiotherapiepraxis erzählt mir der Inhaber, dass KG-Gerät ja nun die Leistung der Zukunft sei. Egal mit wem er spräche, alle würden jetzt in KG-Gerät investieren. Mein Einwand, dass Ärzte doch nur sehr gehemmt verordnen würden und damit die Nachhaltigkeit seiner Investitionsüberlegungen fraglich sei, wischte er vom Tisch: „Du musst das Potential sehen!“ Ich schlug vor, dass er eine Schätzung des Marktpotentials für KG-Gerät für sein Bundesland abgeben solle und wir das dann anhand der GKV-HIS Zahlen verifizieren könnten. Es kam wie es kommen musste, der Kollege schätzte das Marktpotential auf 15 bis 20 Prozent und konnte den Daten des GKV-HIS entnehmen, dass in seinem Bundesland seit Jahren der Anteil der KG-Gerät Behandlungen bei knapp über 1 Prozent an den gesamten Phyiotherapiebehandlungen lag. „Das kann nicht sein“, argumentierte der Kollege gegen die Statistik an. Sein Gefühl war doch so sicher! Später haben wir dann noch einmal genauer überlegt und festgestellt, dass sich die Investition doch lohnt, nämlich dann, wenn der Anteil der Privatpatienten groß genug ist. Und wir sind uns einig geworden, dass die GKV-HIS Daten doch ganz praktisch sind, wenn es darum geht, das eigenen Gefühl hinsichtlich des GKV-Marktes noch einmal mit Fakten abzugleichen. Das GKV-HIS Projekt Über das GKV-Heilmittel-Informations-System (GKV-HIS) werden Berichte zur Ausgaben- und Verordnungsentwicklung im Heilmittelbereich bereitgestellt. Die Berichte basieren auf den Abrechnungsdaten aller gesetzlichen Krankenkassen. Damit sollen die Verordnungsstrukturen in den Kassenärztlichen Vereinigungen transparent gemacht, Trendinformationen zur Ausgabenentwicklung gegeben und Kennzahlen für regionale Vergleichsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Quartalsweise wird jeweils ein Bundesbericht und ein Bericht je Kassenärztlicher Vereinigung erstellt. Die Berichte beruhen auf den von den Leistungserbringern übermittelten, ungeprüften Abrechnungsdatensätzen nach § 302 SGB V. Im Hinblick auf die Datensicherheit werden alle Daten mit Personenbezug, also Angaben zu Versicherten, Heilmittelerbringern etc., annulliert. Quelle: www.gkv-his.de Außerdem interessant: GKV-Heilmittel-Informationsportal liefert nützliche Informationen GKV-Spitzenverband fordert Bremse für extrabudgetäre Leistungen