up|unternehmen praxis

#Kreideaktion: Kreative Idee sorgt bundesweit für Aufmerksamkeit

Sie finden, es läuft etwas gewaltig schief, doch die meisten Menschen haben davon keine Ahnung. Was tut man dann? Man postet in den Sozialen Medien, versammelt sich zu Demonstrationen und Protesten auf der Straße und wendet sich an die Politik. Rieke Guhl, Ergotherapeutin in Hamburg, hat noch einen anderen Weg gefunden. Seit ein paar Monaten schreibt sie ihre Botschaft dorthin, wo alle es lesen können: auf die Straße. #Kreideaktion #therapeutenamlimit
#Kreideaktion: Kreative Idee sorgt bundesweit für Aufmerksamkeit
© Katharina Münster,Rieke Guhl

Was mit Rieke Guhl und einer Box Straßenmalkreide begann, wurde am 25. August 2018 zu einer bundesweiten Aktion: In mehr als 280 deutschen Städten verabredeten sich Heilmittelerbringer, um gemeinsam ihre Botschaft auf die Straße zu schreiben. Das Ziel: Aufmerksam machen auf die Probleme der Branche: schlechte Vergütung, Fachkräftemangel, teure Ausbildung, usw.

Viele Menschen haben keine Ahnung

„Auch wenn wir Therapeuten natürlich täglich mit den Missständen konfrontiert sind und spätestens am Monatsende die Augen nicht mehr vor der schlechten Vergütung verschließen können, wissen doch viele Menschen gar nichts über die Missstände in der Heilmittelbranche“, erzählt Rieke Guhl. Das habe sie immer wieder festgestellt, wenn sie sich mit Freunden und Bekannten über das Thema unterhalten habe. Also überlegte sie, wie man für mehr Aufmerksamkeit sorgen könnte. Viele Leute wollte sie erreichen, aber die Kosten sollten sich trotzdem im Rahmen halten.

Die Idee mit der Kreide kam dann eher zufällig. „Ich war eines morgens auf dem Weg zur Arbeit. Da stand am Straßenrand eine Schachtel mit Kreide“, erinnert sich die Ergotherapeutin. ‚Zu verschenken‘ war darauf zu lesen, also griff sie zu. Die Idee war geboren. Schnell wusste sie auch, welche Botschaft sie schreiben wollte: #therapeutenamlimit. „Ich liebe diesen Hashtag, weil er alle Heilmittelerbringer einschließt“, so die 25-Jährige. „Außerdem haben die Therapeuten am Limit mich inspiriert.“ Die Fahrradaktion von Heiko Schneider habe sie von Anfang an verfolgt und auch selbst einen Brandbrief an den Bundesgesundheitsminister geschrieben.

up|unternehmen praxisTestballon in der Heimat

Die ersten Kreidebotschaften schrieb sie dann im brandenburgischen Perleberg auf die Straße. „Und es hat funktioniert! In meiner Heimatstadt genügten drei Therapeuten, um alle Bürger auf die Missstände der Heilmittelerbringer aufmerksam zu machen“, berichtet Rieke Guhl. Wer es nicht selbst gesehen hat, konnte in der lokalen Presse davon lesen. So motiviert macht die Ergotherapeutin, die seit vier Jahren in Hamburg arbeitet, in ihrer neuen Wahlheimat gleich weiter.

„Mittlerweile bin ich unzählige Male auf Hamburgs Straßen unterwegs gewesen“, erzählt die 25-Jährige. „Die Resonanz der Menschen war dabei durchweg positiv, vor allem wenn man erst mit den Leuten ins Gespräch kommt. Die ahnungslosen Passanten waren schockiert über die Lage der Heilmittelerbringer.“ Schnell wurde auch in Hamburg die Presse auf sie aufmerksam. Einige Tage nach ihrer ersten Aktion im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel meldete sich zum Beispiel der NDR bei ihr und wollte einen Bericht über sie machen.

Organisation über die Sozialen Medien

Auf Facebook eröffnete Rieke Guhl bereits Ende Juni eine Gruppe für Therapeuten aus Hamburg, um sich auszutauschen und gemeinsame Aktionen zu planen. Ihr Aufruf: „Gemeinsam können wir es schaffen, unsere Stadt Hamburg für die Missstände der Heilmittelerbringer zu sensibilisieren. Es müssen nicht immer riesengroße Aktionen sein, auch die kleine Aktionen vor eurer Haustür und in eurem Stadtteil bringen uns voran. Lasst uns ein Vorbild für andere Städte in ganz Deutschland werden!“ Mittlerweile gebe es in 70 Städten Gruppen, die sich selbst organisieren. „Es ist unglaublich, wie viele Therapeuten von der Idee begeistert sind und ebenfalls ihre Städte verschönern“, freut sich die Initiatorin.

Es hätten sie zudem zahlreiche Nachrichten erreicht, in denen Therapeuten den Wunsch nach einer bundesweiten Kreideaktion äußerten. „Nach einem Telefonat mit Heiko Schneider habe ich mich dann dazu entschieden, es auszuprobieren“, erzählt Rieke Guhl. „Wenn die Therapeuten am Limit mir nicht ihre Hilfe zugesichert hätten, wäre es höchstwahrscheinlich nicht zu dieser großen Aktion gekommen. So etwas als Einzelperson zu stemmen, ist unmöglich.“

Bundesweiter Aktionstag ein voller Erfolg

Die Idee erklärt die junge Therapeutin so: „Jeder schnappt sich am 25.08. ein paar Stückchen Kreide und verschönert seine Stadt, seine Straße, sein Dorf oder seinen Stadtteil mit dem Hashtag #therapeutenamlimit. Besonders gut eignen sich hierbei Plätze, an denen sich viele Menschen aufhalten, beispielsweise Einkaufsstraßen oder Bushaltestellen. Möglich wären jedoch auch gezielte Aktionen vor den Verwaltungsgebäuden der Krankenkassen, Landtage und Abgeordnetenbüros. Privatgrundstücke und Straßen sollten möglichst gemieden werden, um unnötigem Ärger aus dem Weg zu gehen.“

Dank bestem Wetter und guter Planung wurde die Aktion zu einem großen Erfolg: Rund 10.000 Therapeuten beteiligten sich und schrieben in mehr als 280 Städten ihre Botschaft auf die Straße. Es folgten über 100 Berichte dazu in Zeitungen, Funk und Fernsehen. „Und es geht auf jeden Fall weiter!“ verspricht Rieke Guhl. „Das nächste Projekt der Therapeuten am Limit läuft bereits: https://patienten-am-limit.de

Mehr über die Kreideaktion erfahren Sie auf www.therapeuten-am-limit.de . Dort gibt es auch Links zu den verschiedenen Städtegruppen auf Facebook.

Themen, die zu diesem Artikel passen:
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all Kommentare
0
Wir würden gerne erfahren, was Du meinst. Schreibe Deine Meinung dazu.x