Würfelpuzzle

Nach 40 Jahren Berufserfahrung kommt und geht das ein oder andere Lieblingsmaterial. An meinen selbst konzipierten Würfelpuzzles führt für mich momentan jedoch kein Weg vorbei. Es handelt sich um von allen Seiten bedruckte Würfel, mit denen ich verschiedene Aufgaben stellen kann. Sie verbinden bei meinen Patienten kognitive Leistung mit Händigkeit und Feinmotorik, damit ihr Denken und Handeln synchron laufen können. Wie sind Sie dazu gekommen? Ich erstelle viele meiner in der Therapie eingesetzten Medien selbst. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich ein Therapiematerial benötige, das ich multifaktoriell einsetzen kann. Da fielen mir doppelseitig bedruckte Faltkarten in die Hände und ich kam auf die Idee, etwas mit Würfeln zu machen. Woraus besteht es? Jedes Set besteht aus zwanzig Würfeln mit Aufgaben sprachlicher Art, mit Zahlen oder mit graphischen Anforderungen. So ist beispielsweise eine Seite der zwanzig Würfel mit fünfbuchstabigen Wörtern bedruckt. Die Aufgabe besteht darin die Würfel so zusammenzustellen, das zehnbuchstabige Wörter gebildet werden. Aus „Weste“ und „Uropa“ wird Westeuropa. Oder aus „Disco“ und „unter“ das Wort „Discounter“. Gibt es auch Abwandlungsmöglichkeiten? Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Bleiben wir bei dem Beispiel des Wörtersets: Fällt dem Patienten die Kombination der Wörter zu schwer, lasse ich ihn einzelne Wörter zum Beispiel rückwärts buchstabieren. Das kostet unglaublich viel Aufmerksamkeit. Oder ich lasse die Würfel alphabetisch sortieren. Nicht nur die Kreativität des Patienten, sondern auch meine eigene wird gefordert. So bin ich darüber auch schon mit Kollegen ins Gespräch gekommen und wir haben gemeinsam neue Anwendungsmöglichkeiten ausgetüftelt. Wie setzen Sie es in Ihrer Arbeit ein? Ich setze die Würfelpuzzles im Rahmen des Hirnleistungstrainings ein. Ich behandle vor allem Schlaganfallpatienten, mit denen ich die unterschiedlichen Aufgaben bearbeite. Aber auch Menschen mit Depressionen oder neuerdings Long-Covid können davon profitieren. Zuvor frage ich bei meinem Patienten ab, welche Leistung trainiert werden soll. Ich lasse mich auf ihn ein und suche dann ein dazu passendes Set heraus. Ich kann auch die Anzahl der Würfel reduzieren, um eine einfachere Adaption zu ermöglichen. Mitunter lasse ich meine Patienten auch Aufgaben selbst formulieren. Mir ist aufgefallen, dass die Durchführung immer einfacher wird, je weiter wir fortschreiten. Das lässt sich auch auf den Alltag des Betroffenen anwenden. Er macht die Erfahrung, dass, je länger er sich mit einem Problem beschäftigt, ihm die Lösung, umso leichter fällt. Für Patienten, die an Demenz erkrankt sind, habe ich zum Beispiel auch ein Set mit Würfeln, die mit ausdrucksstarken Bildern bedruckt sind. Sie sollen die Sprache meines Gegenübers anregen. Warum ist es Ihr persönlicher Favorit? Was mir bei der Behandlung mit den Würfelpuzzles besonders gefällt, ist, dass der Patient kein Vorwissen benötigt. Allein die richtige, kognitive Verarbeitung führt zur Lösung. Ich habe in dem Jahr, in dem ich mit den Würfelpuzzles arbeite, ausschließlich die Rückmeldung erhalten, dass sich meine Patienten angemessen gefordert fühlen. Viele meiner Patienten freuen sich auch mittlerweile, wenn ich mit einem Set ankomme, und fragen sich, was wohl in der Therapiesitzung passieren wird. Ulrich Joerg | Ergotherapeut, Theley Außerdem interessant: Nicht ohne meinen Schienenbaukoffer Nicht ohne mein Novafon