Absetzungen, Zahlungsverzug und Co.: Keine Angst vorm Sozialgericht

Immer wieder kommt es vor, dass gesetzliche Krankenkassen Rechnungen nicht fristgerecht bezahlen oder ungerechtfertigt absetzen. Nicht immer lässt sich dafür eine gemeinsame Einigung finden. Für Euch ist das richtig ärgerlich, schließlich geht es dabei um die Bezahlung bereits erbrachter Leistungen. Was aber könnt Ihr tun, um Euer vertragliches Recht auf angemessene Vergütung durchzusetzen? In einigen Fällen lohnt sich der Gang vor das Sozialgericht. Und der muss weder teuer noch kompliziert sein. Wenn die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) Rechnungen absetzt oder nicht innerhalb der geltenden Frist bezahlt, fühlen sich viele Therapiepraxen machtlos. Wir haben einige Tipps für Euch zusammengestellt, was Ihr gegen ausbleibende Bezahlungen und ungerechtfertigte Absetzungen unternehmen könnt. Dafür ist es zunächst wichtig, dass Ihr Eure Rechte und Pflichten in der Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen genau kennt. Das sagt der Versorgungsvertrag Eigentlich ist es ganz einfach: Eine Krankenkasse steht im Zahlungsverzug, wenn sie Eure Rechnung ohne Begründung nicht innerhalb von 21 Kalendertagen nach Eingang bezahlt. Sendet der Kasse daraufhin unbedingt eine Zahlungserinnerung mit einer gesetzten Frist von 14 Tagen. Reagiert die Kasse darauf nicht innerhalb der Frist mit einer Zahlung oder einer Absetzungsbegründung, handelt sie erneut nicht vertragskonform. Auch im Falle einer Absetzung gibt es wichtige Fristen zu beachten. Ist eine Absetzung gerechtfertigt, aber korrigierbar, habt Ihr drei Monate Zeit, die Verordnung zu korrigieren und über das Korrekturverfahren erneut abzurechnen. Ist die Absetzung ungerechtfertigt, müssen Ergo-, Physio- und Podologiepraxen innerhalb von neun Monaten, Logopädiepraxen innerhalb von drei Monaten nach der Absetzung mit einem Widerspruch reagieren und die Verordnung erneut zur Abrechnung einreichen. Haltet Ihr diese Fristen ein, gilt auch hier: Die GKV muss innerhalb von 21 Tagen auf die korrigierte Abrechnung oder Euren Widerspruch reagieren. Tut sie das nicht, sendet Ihr erneut die Zahlungserinnerung. Wenn die GKV trotzdem nicht zahlt Seid Ihr wie oben beschrieben vorgegangen und habt trotz Zahlungserinnerung keine Vergütung erhalten, gibt es keine weiteren vertraglich festgelegten Schritte zur Klärung. In diesem Fall kann es sich lohnen, dass Sozialgericht einzuschalten. Zuständig ist das Sozialgericht im Gerichtsbezirk Eures Praxissitzes oder Wohnortes. Welches das ist, findet Ihr auf dem Justizportal der Länder und des Bundes (www.justiz.de) heraus. Oftmals schrecken Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber vor einer Klage zurück, weil sie damit hohe Gerichts- und Anwaltskosten verbinden. In den meisten Fällen ist das Kostenrisiko jedoch überschaubar. Um beim Sozialgericht eine Klage einzureichen, braucht Ihr nicht verpflichtend eine Anwältin oder einen Anwalt. Dennoch ist eine rechtliche Beratung sinnvoll, um sicherzugehen, dass Ihr im Recht seid und alle notwendigen Maßnahmen ergriffen habt. Das Einreichen der Klage selbst kostet keine Gebühr. Die anfallenden Gerichtskosten richten sich nach dem Gegenstandswert. Liegt dieser beispielsweise bei unter 500 Euro - wovon in Eurem Fall auszugehen ist – fallen Gebühren zwischen 15 Euro und 40 Euro an. Diese zahlt der Verlierer des Rechtsstreits. Bei sorgfältiger Vorbereitung und rechtlicher Beratung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Ihr das Verfahren gewinnt und keine Kosten für Euch anfallen. Übrigens handelt es sich bei der Klage meist um ein schriftliches Verfahren, das nicht im Gerichtssaal stattfindet. Auch die formalen Voraussetzungen könnt Ihr bei guter Vorarbeit leicht erfüllen. Wenn Ihralle Belege, Abrechnungen, Korrespondenzen mit der GKV und zugehörige Dokumente sorgfältig aufbewahrt, seid Ihr gut vorbereitet. Ist die Klage eingegangen, prüft das Gericht, ob es für den Sachverhalt zuständig und die Klage zulässig ist. Dann folgt die sogenannte Klagebegründung. In dieser Phase gibt die Krankenkasse eine schriftliche Stellungnahme ab, und auch Ihr könnt bei Bedarf weitere Beweise einreichen. Zuletzt erhaltet Ihr schriftlich das Urteil. Fällt es zu Euren Gunsten aus, bekommt Ihr Eure Vergütung und die Krankenkasse trägt die Gerichtskosten. Wenn Ihr mit dem Urteil nicht zufrieden, aber von Eurem Recht überzeugt seid, wendet Euch an eine Anwältin oder einen Anwalt. Diese oder dieser kann Euch beraten, ob Ihr die Möglichkeit habt, in Berufung zu gehen oder welche weiteren Schritte Ihr unternehmen könnt. Das sollte Euer Schreiben an das Gericht enthalten: Informationen über die Klägerin oder den Kläger Informationen über die Beklagte oder den Beklagten Die Höhe des Streitwerts Eine kompakte Schilderung der Situation Belege, Rechnungen, Korrespondenz mit der Kasse, Briefe und weitere mögliche Beweise Die Klage als Statement Der Gedanke, eigenständig vor das Sozialgericht zu gehen, kann zunächst Unbehagen auslösen. Doch das Sozialgericht stellt eine wertvolle Möglichkeit dar, Euren Sachverhalt neutral beurteilen zu lassen und für Eure Rechte einzustehen. Das Kostenrisiko und der Aufwand sind außerdem relativ gering, so dass es den Versuch in vielen Fällen wert sein kann. Und zuletzt setzt Ihr ein Statement dafür, dass Ihr den Entscheidungen der GKV nicht einfach ausgeliefert seid. Tipp: Ihr wollt mehr über den Weg vor das Sozialgericht erfahren? Unter www.up-aktuell.de/sozialgericht findet Ihr weitere Infos sowie ein Musterschreiben, mit dem Ihr Eure Klage einreichen könnt.