Dreamteam für einen guten Ernährungszustand

Adipositas, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, onkologische Erkrankungen oder Diabetes: Diese und andere Krankheiten stehen in einem engen Zusammenhang mit der Ernährung. Betroffene profitieren dann von einer professionell durchgeführten Ernährungstherapie durch einen Diätassistenten. Die Therapie funktioniert am besten im Team mit anderen Heilmittelerbringern. Wieso? Hier erhalten Sie einen Einblick. Wie läuft Ernährungstherapie ab? Ernährungstherapie heilt in der Regel keine Erkrankung. Sie lindert aber Krankheitsfolgen, stärkt den Körper, verbessert die Therapiewirksamkeit und damit die Lebensqualität. Der Patient wendet sich mit einer Notwendigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes und dessen Diagnose an einen Therapeuten. Dieser erstellt im Erstgespräch ein genaues Assessment der individuellen Situation. Dazu gehören gemäß dem psychosozialen Modell ernährungsrelevante Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten, Partizipation, Umwelt- und persönliche Faktoren. Anhand der Ergebnisse stellt der Diätassistent eine bzw. mehrere Ernährungsdiagnosen, legt gemeinsam mit dem Patienten Ernährungsziele fest und erstellt einen Interventionsplan mit Inhalten, Methoden und einem Zeitverlauf. Monitoring-Parameter wie der Gewichtsverlauf werden definiert und am Ende evaluiert. Oft ist eine enge Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team hilfreich oder sogar zwingend nötig, etwa in der Onkologie. Nur dann lassen sich die Ernährungsziele im Alltag der Patienten umsetzen. Ein Fallbeispiel Marie ist 73 Jahre alt, als sie in die Behandlung kommt. Wegen eines Zungen- und Zungengrundtumors wurde ihr in mehreren Operationen die Zunge teilweise entfernt und eine Strahlentherapie durchgeführt. Sie hat im Laufe der Krebserkrankung etwa 20 Kilogramm abgenommen und derzeit einen BMI von 22, einen für Senioren relativ geringen Wert. Um Mangelernährung und einen weiteren Gewichtsverlust zu verhindern, wurde eine PEG-Magensonde (perkutane endoskopische Gastrostomie) eingesetzt. Diese Magensonde kommt häufig bei einer langfristigen künstlichen Ernährung zum Einsatz. Darüber führt Marie täglich 800 bis 1.600 Kilokalorien zu und kann daher ihr Gewicht halten. Sie bereitet eigenständig drei Hauptmahlzeiten zu und weiß, welche Relevanz ihre Ernährung in Bezug auf ihren Krankheitsverlauf hat. Sie agiert eigenverantwortlich, ist hauswirtschaftlich sehr kompetent und möchte aktiv an der Umsetzung der Empfehlungen teilhaben. Der Schluckvorgang ist bei ihr aufgrund der Teilresektion der Zunge stark eingeschränkt, der Speichelfluss durch Strahlentherapie reduziert. Marie kann nur breiige und flüssige Lebensmittel unter Anstrengung verzehren. Die Zubereitung und das Essen sind langwierig, Verspannungen im Schulterbereich und am Narbengewebe führen zu Schmerzen. Durch eine Entzündung am Daumen ist Marie in ihrer Bewegung eingeschränkt, auch das behindert die Essenszubereitung. Es schmerzt, wenn sie scharfe oder saure Lebensmittel isst. Als unangenehm empfindet sie Kauen, aber auch Masse und Geschmack im Mund. Ernährungsdiagnose und -ziele Maries Ernährungsdiagnose lautet: schluckbedingte Mangelernährung, die eine zusätzliche Ernährung durch Sondennahrung erfordert. Entsprechend sind die Ernährungsziele eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung und die Einhaltung verfügbarer Ressourcen bei schmerzfreiem Zustand während des Essens. Der Diätassistent bespricht mit Marie eine schrittweise Zunahme der Nahrungs- und Nährstoffmenge. Zunächst ergänzt sie ihren Speiseplan um angenehme Lebensmittel und deren kalorische Anreicherung, danach schrittweise um neue eiweiß- und nährstoffreiche Lebensmittel. Daneben geht es in der Therapie um Rezeptideen, die Anpassung bekannter Gerichte und eine geschickte Speisen- und Vorratsplanung. Der Kauf eines Hochleistungspüriergerätes ist ebenso Thema wie die Akquirierung eines Lieferanten für pürierte Kost sowie der Zukauf von Fertigmahlzeiten und Komponenten für anstrengende Tage. Enorm hilfreich für die Patientin: ein interdisziplinares Team Gemeinsam mit einer Logopädin wird der Schluckvorgang trainiert. Sie übt mit der Patientin, Lebensmittel in kleinen Säckchen im Mund zu zirkulieren, um das Geschmackserlebnis akzeptabler zu machen und das Globusgefühl zu bearbeiten. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Physiotherapeuten wird eine bessere Haltung in der Schluckbewegung geübt. Der hinzugezogenen Ergotherapeutin gelingt es innerhalb von wenigen Sitzungen, alltägliche Handgriffe umzusetzen, etwa wie die Patientin Flaschen leichter öffnen, Scheren nutzen und Lebensmittel schneiden kann. Das Beispiel zeigt: Eine abgestimmte Zusammenarbeit der Heilmittelerbringer kann Lebensqualität steigern und die Alltagsbewältigung besser gewährleisten. Mit der interdisziplinaren Unterstützung aller Heilmittelberufe kann die Patientin die Therapieziele gut erreichen. Ganz klar: Der Austausch untereinander bietet Therapeuten echten Mehrwert und hilft Patienten. Uta Köpcke |Diätassistentin, Dipl. Päd.| Präsidentin VDD e.V. (Verband der Diätassistenten - Deutscher Bundesverband e.V.) Über welches Thema möchten Sie schreiben? Einfach per E-Mail an uns wenden an redaktion@up-aktuell.de!