Reden ohne Punkt und Komma

Beim Blick in den Terminkalender rutscht Dein Magen eine Etage tiefer: Frau Huber kommt heute zur Behandlung. Eigentlich ist die ältere Dame auch ganz nett. Allerdings redet sie ohne Punkt und Komma. Nach jeder Begegnung schaffst Du es kaum, Dich von ihr loszueisen. Die Termine sind eng getaktet und Du möchtest niemanden warten lassen, gleichzeitig willst Du Frau Huber auch nicht vor den Kopf stoßen. Was ist zu tun? Jeder kennt sie: Vielredner. Ob bei einem Netzwerktreffen, im Patientenkontakt oder beim Gespräch mit Mitarbeiter:innen. Sie reden ohne Luft zu holen und lassen sich mit dezenten Hinweisen auch nicht unterbrechen. Gerade in der Therapiepraxis, wo Zeit kostbar ist, kann das schnell zum Problem werden. Mit diesen kleinen Tricks bringen Dein Team und Du Plaudertaschen zum Schweigen: 1 | Das Gespräch führen Beim ersten Besuch einer neuen Patientin beginnt diese ihre Krankengeschichte der vergangenen Jahrzehnte mit allen Details zu erzählen. Von der Mandel-OP in der Kindheit bis zur Bronchitis vor zwei Wochen. Natürlich ist ein ausführliches Anamnese-Gespräch wichtig, dabei sollten jedoch die Therapeut:innen die Führung übernehmen. Fragt gezielt die Informationen ab, die auch wirklich für die Behandlung relevant sind. Vielleicht erzählt die Patientin nur deshalb so ausführlich, weil sie nicht weiß, was von Bedeutung ist, und nichts vergessen möchte. 2 | Geschlossene Fragen stellen Du wolltest ein bisschen Smalltalk machen und hast Dich nach dem Wohlbefinden des kranken Haustieres erkundigt – und eine Viertelstunde später redet der Patient immer noch. Ein Ende ist nicht in Sicht. Das kannst Du verhindern, indem Du langsam die Luft aus der Geschichte lässt. Wenn der Patient also doch einmal atmet, nutze die Gelegenheit, eine geschlossene Frage zu stellen. Das sind solche Fragen, die sich nur mit Ja oder Nein beantworten lassen. Etwa: „Also Waldi ist mittlerweile wieder fit?“ und „Aber beim Spazierengehen muss er noch an der Leine bleiben?“ Mehrere solcher Fragen nacheinander stoppen den Redefluss des Gegenübers, sodass Du das Gespräch zum Abschluss bringen kannst. „Dann wünsche ich Waldi weiterhin gute Genesung. Bis nächste Woche, Herr Huber.“ 3 | Hilfe von Kollegen holen Wenn gar nichts mehr hilft und manche Patient:innen sich einfach nicht stoppen lassen, bitte die Kolleg:innen um Hilfe. Du sagst jemandem vorab, wann die Behandlungszeit von Herrn Huber vorbei ist und bittest sie oder ihn, Dich dann aus dem Behandlungszimmer zu rufen: „Thomas, kommst du mal bitte. Hier ist ein Anruf für dich.“ Das kannst Du natürlich nicht bei jedem Termin mit Herrn Huber so machen. Die kleine Notlüge verschafft Dir aber zumindest eine Atempause. Eine andere Möglichkeit: Lass Dich nach den Terminen von Herrn Huber von einem Kollegen darüber informieren, dass der nächste Patient da ist und auf Dich wartet. Dafür muss auch Herr Huber Verständnis haben, schließlich möchte er auch pünktlich mit seiner Therapie beginnen. Und als letztes Mittel hilft nur Ehrlichkeit: „Herr Huber, es tut mir leid, dass ich Sie unterbrechen muss, aber mein nächster Patient wartet bereits. Erzählen Sie mir doch nächste Woche weiter von ihrer Reise.“ 4 | Konkrete Schritte vereinbaren Jemand aus Deinem Team kommt immer wieder mit dem gleichen Problem zu Dir. Du nimmst Dir Zeit und hörst ihr oder ihm zu. Geändert hat sich bisher aber nichts, das Problem besteht weiterhin. Um zu verhindern, dass Du Dir die Geschichte immer und immer wieder anhören müssen, frag die Person, was sie nun plant, zu unternehmen. Du kannst helfen, indem Ihr Euch gemeinsam konkrete Schritte überlegt. Fängt er dann wieder von diesem Thema an, fragst Du direkt, was sich denn seit dem letzten Gespräch getan hat. Lautet die Antwort nichts, sagst Du freundlich aber bestimmt: „Dann lass uns doch weiter darüber sprechen, wenn du gemacht hast, was wir beim letzten Mal besprochen haben.“ 5 | Zeit zum Dampf ablassen Manchmal kommen Dir die wöchentlichen Team-Meetings nicht vor wie eine Besprechung mit den Mitarbeiter:innen, sondern viel mehr wie eine Gesprächstherapie. Ihr sitzt noch keine fünf Minuten zusammen, da beginnt jemand, sich über etwas zu beklagen. Patient X ist mal wieder zu spät gekommen und hat damit den ganzen Ablauf durcheinandergebracht. Ärztin Y hat – schon wieder – eine Verordnung nicht korrekt ausgefüllt und musste dann am Telefon erst lange und mühsam davon überzeugt werden, die entsprechende Korrektur vorzunehmen. Einer fängt an und die anderen fallen nach und nach mit ihren eigenen Geschichten in die allgemeine Klagerunde mit ein. Solche „Therapiegespräche“ sind wichtig. Sie zeigen, dass die Therapeut:innen mit ihren Problemen nicht allein dastehen. Au- ßerdem senkt es den Stresslevel, sich den Frust von der Seele zu reden. Dennoch dürfen solche Themen nicht den Zeitplan des gesamten Meetings sprengen. Eine Möglichkeit: Du planst es ein: Die ersten fünfzehn Minuten sind die Viertel-Klage-Stunde. Dafür stellst Du den Wecker auf Deinem Handy und gibst den Mitarbeiter:innen Gelegenheit, sich erstmal ihren Frust von der Seele zu reden. Alternative: Jede:r bekommt drei Minuten Zeit, in denen er oder sie Frust ablassen kann. Dann ist das Thema erledigt und es geht weiter mit anderen Themen. Außerdem interessant: Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): Ab 1. Januar verpflichtend Neue Online-Plattform zur Suchtberatung