Podologie und mehr …

Ein YouTube-Video über Fußerkrankungen mag auf den ersten Blick nicht sonderlich faszinierend sein, doch die Podologin Andrea Königsberger weiß es besser. Seit 2017 veröffentlicht sie unter ihrem Kanal „Podologie und mehr“ regelmäßig informative Kurzvideos aus ihrem Praxisalltag – mit Erfolg: Mittlerweile hat sie knapp 21.000 Abonnenten und auf TikTok sogar schon 78.000 Follower. Mit dem Thema Video hatte die gebürtige Österreicherin vor ihrem YouTube-Kanal keinerlei Erfahrung. Aber ihr war aufgefallen, dass sich die meisten Menschen keine Gedanken über ihre Füße machen. Erst wenn sie schmerzen und gar nichts mehr geht, suchen sie Hilfe – möglicherweise zunächst beim Fußpfleger und dann vielleicht beim Podologen. „Die Podologie ist noch ein sehr junger Beruf und vielen nach wie vor weitgehend unbekannt“, sagt sie. „Das wollte ich ändern.“ Videos als Info-Kanal ist die Zukunft „In der heutigen Zeit ist das Internet das Medium, um Informationen zu transportieren, Videos sind einfach die Zukunft“, ist die Praxisinhaberin überzeugt. Was lag also näher als ihre Aufklärung über einen YouTube-Kanal zu starten? „Podologie und mehr“ war geboren. Im Oktober 2017 drehte sie ihr erstes Video „Richtig Nägel schneiden“. Getreu ihrem Motto „Ohne Füße läuft nichts!“ war es ihr Ziel, den Menschen zu erklären, wie sie ihre Füße gesund halten, wie man bei aufkommenden Problemen vorgeht und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Anfangs Probleme vor der Kamera Wie ein solches Video gedreht, geschnitten und vertont wird, lernte die Podologin natürlich auf YouTube. Schritt für Schritt werde dort erklärt, wie die Produktion abläuft. „Anfangs fiel es mir allerdings sehr schwer, vor der Kamera zu sprechen“, erinnert sich die 40-Jährige heute. „Aber im Laufe der Zeit bekam ich immer mehr Routine, es wurde immer leichter.“ Nichtsdestotrotz braucht Andrea Königsberger auch heute noch etwa einen Tag, um ein Video von zehn bis 15 Minuten zu produzieren – für die Aufnahme, das Schneiden des Filmmaterials und das Unterlegen des Tons. Kommen noch umfangreiche Recherchen mit Studienauswertungen dazu, kann die Erstellung des Videos auch bis zu einer Woche dauern. Das war beispielsweise bei dem Video „Onychogrypose“, auch bekannt als Krallen- oder Klauennagel, der Fall. „Hauptdarsteller“ sind die Füße ihrer Patienten Für ihre Behandlungsvideos sind die „Hauptdarsteller“ meistens die Füße ihrer Patientinnen und Patienten. „Sie wissen, dass sie ins Internet kommen“, sagt Podologin Andrea (@podologinandrea), wie sie sich in ihrem YouTube-Kanal nennt. „Die meisten sind mit der Aufnahme einverstanden, wollen allerdings unerkannt bleiben.“ Aber das sei ja kein Problem, da im Mittelpunkt die Fußerkrankung und die Behandlung stehen. Wundmanagement beim Diabetischen Fußsyndrom So wie im Falle des Diabetikers, der mit einer Blase am Fußrücken zum Wundmanagement in die podologische Praxis überwiesen wurde. Der Patient, den Andrea Königsberger schon seit mehr als zehn Jahren polologisch betreut, hatte Neuropathie und war daher schmerzunempfindlich. Durch eine unsachgemäße Behandlung hatte sich die Wunde vergrößert und auch den Nagel des großen Zehs in Mitleidenschaft gezogen, sodass dieser gleichfalls entfernt werden musste. Der Heilungsprozess dauerte mehr als 20 Tage, und selbst für die erfahrene Podologin war dies ein Fall, den sie nicht oft in ihrer Praxis zu sehen bekommt. Schon über 230 Videos auf YouTube Im Laufe der Jahre hat Andrea Königsberger auf ihrem YouTube-Kanal 237 Videos veröffentlicht, auf der Plattform TikTok, mit der sie 2021 startete, sogar schon über 1.000 kürzere Videoclips von einigen Minuten Länge. In diesem sozialen Netzwerk möchte die Podologin eine größere Reichweite erzielen und vor allem auch die junge Zielgruppe erreichen und aufklären. Sie hofft, dass ihre Kurzvideos „Appetit auf mehr“ machen und über sie „quasi als Appetithäppchen“ auch die Videos in ihrem YouTube Kanal angeschaut werden. Video wurde über 1,2 Millionen Mal angeklickt Aufgrund von Statistiken weiß die Podologin, dass die Aufmerksamkeit der Zuschauer nach spätestens 15 Minuten schwindet. Diese Information hat sie in YouTube Analytics gefunden, einem Tool, in dem Kanalinhaber Bewertungen über den Erfolg ihres Kanals nachlesen können. Dort hat sie beispielsweise auch erfahren, dass ihr Video „Nichts für schwache Nerven!“ mit über 1,2 Millionen Aufrufen bisher den größten Zuspruch gefunden hat. Das zweitbeste Ergebnis erzielte „Wildes Fleisch die Behandlung Teil 2“ mit 469.000 Aufrufen, gefolgt von „Hühneraugen entfernen mit Hautzange“ mit 466.000 Aufrufen. „Kurioserweise sind die grausamsten Videos die beliebtesten“, sagt die Praxisinhaberin. Mehr Frauen als Männer schauen Videos an Auf YouTube Analytics erfährt Andrea Königsberger auch, wer ihre Videos anschaut – in der Regel 60 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. „Die meisten Follower sind zwischen 25 und 54 Jahren“, erklärt sie weiter, „das sind rund 60 Prozent. In der Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren schauen noch 17 Prozent, bei den über 60-Jährigen sinkt die Anzahl auf etwa acht Prozent.“ Einnahmen decken kaum die Kosten Podologin Andrea versucht in ihren Clips markenneutral zu bleiben und daher versteht sie sich auch mal eine Kooperation angeboten“, erinnert sie sich, „aber die Chemie passte einfach nicht.“ Sie sei lieber unabhängig und wolle keine Kontrolle. „Außerdem müsste ich mit einem Partner auch ein bestimmtes Kontingent an Videos liefern, und das würde mich mehr belasten.“ Reich werden könne man von solchen YouTube-Videos nicht, „die Einnahmen decken nicht einmal die Ausgaben“, so Andrea. Inzwischen „verdient“ sie etwa 200 Euro im Monat – „das kann ein wenig mehr werden, wenn die Zuschauer die vorausgegangene Werbung bis zu Ende schauen“. Wenn sie vorzeitig wegklicken, bringe das weniger Geld. Lohnend wäre der YouTube-Auftritt erst bei rund 100.000 Abonnenten. „Die Podologie ist eine Nische und erreicht nur eine kleine Zielgruppe“, meint die Praxisinhaberin, „aber mir machen die Videos einfach Freude, und ich lerne ja auch immer wieder etwas Neues dazu.“ Vorwiegend positive Rückmeldungen Meist erhält sie für ihren Kanal „Podologie und mehr“ positive Rückmeldungen. „Einen Shitstorm habe ich bislang nur einmal erlebt, bei dem Video „Wildes Fleisch“, berichtet die Podologin, „und der kam aus Brasilien.“ Dort hatten sich Ärzte darüber aufgeregt, dass sie die Behandlung von eingewachsenen Nägeln ohne Narkose durchgeführt habe. „Sie haben nicht verstanden, dass wir Podologen in Deutschland nicht operieren dürfen. In Brasilien herrschen andere Gesetze, dort ist eine solche Behandlung nur Ärzten erlaubt.“ Ein weiteres Mal musste sich die Praxischefin mit beleidigenden Äußerungen eines Verbandes auseinandersetzen. „Sie fanden es unmöglich, wie ich den Beruf des Podologen darstellte“, erzählt sie. „Doch auf mein Gesprächsangebot sind sie nicht eingegangen.“ In der Regel löscht sie die beleidigenden Kommentare einfach, aber „ich habe mittlerweile schon ein dickes Fell!“ Verständnis für Füße und für den Beruf sollte steigen Für die Zukunft wünscht sich Andrea, dass das Verständnis für die Füße und ihre Bedeutung für das gesamte Wohlbefinden des Menschen steigt. Und damit auch das Ansehen der Podologinnen und Podologen, „die immer noch als Fußpfleger abgestempelt werden“. Dabei sei zwischen den beiden Professionen ein gravierender Unterschied: Podologen absolvieren eine zweieinhalbjährige Ausbildung, Fußpfleger erwerben vielleicht in einem Wochenendseminar ein Zertifikat – „wenn überhaupt!“ Natürlich wünscht sie sich ferner, dass ihre Videos auch in Zukunft fleißig geschaut, abonniert und viele positive Kommentare geschrieben werden …