Halbzeitbilanz: Welche Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag hat die Ampelkoalition bisher erfüllt?

Ende September 2021 war Bundestagswahl, zwei Monate später haben die Ampelparteien ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Darin finden sich auch einige Ankündigungen und Vorhaben, die die Heilmittelbranche betreffen. Die Legislaturperiode ist nun zur Hälfte vorbei, also genau der richtige Zeitpunkt, um zu schauen, was von den Plänen bisher umgesetzt wurde. Seit März 2022 verfolgen wir die berufspolitische Entwicklung der Heilmittelbranche mit dem Dashboard Berufspolitik. Es zeigt anhand einer Skala, inwieweit die politischen Ziele bereits umgesetzt wurden. Wie wir anhand der beiden Grafiken vom Start des Dashboards im März 2022 und dem aktuellen Stand Oktober 2023 sehen, hat sich in der ersten Hälfte der Legislaturperiode eher wenig getan. Direktzugang für Therapeuten Zum Thema Direktzugang heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir bringen ein allgemeines Heilberufegesetz auf den Weg und entwickeln das elektronische Gesundheitsberuferegister weiter. […] Wir bringen ein Modellprojekt zum Direktzugang für therapeutische Berufe auf den Weg.“ Im Dashboard haben wir das Thema Direktzugang in vier Unterpunkte aufgeteilt. Einer davon ist die Schaffung eines Modellprojekts für den Direktzugang. Das wurde im Koalitionsvertrag 2021 angekündigt und von Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf dem Therapiegipfel im November 2022 nochmal bestätigt. Daher gibt es hier einen kleinen Fortschritt, mehr ist aber noch nicht passiert. Ein weiterer Schritt in Richtung Direktzugang ist die Reform der Berufsgesetze. Hier versprach Lauterbach beim Therapiegipfel im vergangenen Jahr sogar bereits konkrete Pläne für die Physiotherapie in der Tasche zu haben und stellte einen entsprechenden Gesetzentwurf für das erste Quartal 2023 in Aussicht. Wie wir wissen, warten wir auf den Gesetzentwurf noch heute. Darum ist nur ein geringer Fortschritt in diesem Bereich erkennbar. Das allgemeine Heilberufegesetz, das laut Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht werden soll, lässt weiterhin auf sich warten. Nur bei der Weiterentwicklung des elektronischen Gesundheitsberuferegisters sind wirklich Fortschritte zu erkennen. Mittlerweile können zumindest Physiotherapeut:innen deutschlandweit den elektronischen Heilberufsausweis erhalten. Digitalisierung des Gesundheitswesens Im Bereich Digitalisierung hat sich berufspolitisch am meisten bewegt. Mittlerweile gehört die Videotherapie zu den Regelleistungen der GKV. Dieser Punkt wurde also zu 100 Prozent umgesetzt. Auch bei der Telematikinfrastruktur sind Therapeutinnen und Therapeuten inzwischen mehr eingebunden. Zumindest die grobe Finanzierung steht nun für alle Berufsgruppen fest, auch wenn die Details immer noch auszuhandeln sind. Physiotherapeut:innen können sich bereits auf freiwilliger Basis an die TI anschließen lassen. Für die anderen Berufsgruppen soll das ab Mitte 2024 möglich sein. Die verpflichtende Anbindung erfolgt dann 2026. Berechnung im Dashboard: Der Teilbereich „Therapeutinnen und Therapeuten werden bei der Fortschreibung der Telematikinfrastruktur als gleichberechtigte Anwender adressiert“ ist zu 100 Prozent erfüllt, wenn für Ergo- und Physiotherapie, Logopädie und Podologie der Anschluss an die TI möglich und die Kostenerstattung vollständig geregelt ist. Das entspricht 25 Prozent pro Berufsgruppe. Die 25 Prozent sind nochmal unterteilt in 12,5 Prozent für die Erklärung der Finanzierung und 12,5 Prozent für den möglichen TI-Anschluss. Stand heute: Für alle vier Berufsgruppen ist die Kostenerstattung zur Hälfte geklärt: 4 x 6,25 Prozent = 25 Prozent. Hinzu kommen 12,5 Prozent, weil sich Physiotherapiepraxen theoretisch schon heute an die TI anschließen lassen können. Ergibt insgesamt 37,5 Prozent. Für das Dashboard „Digitalisierung des Gesundheitswesens“ ergibt sich eine Änderung um fünf Prozent von 30 auf 35 Prozent. Im Koalitionsvertrag steht übrigens Folgendes zur Digitalisierung des Gesundheitswesens: „In einer regelmäßig fortgeschriebenen Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen und in der Pflege legen wir einen besonderen Fokus auf die Lösung von Versorgungsproblemen und die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer. […] Wir ermöglichen regelhaft telemedizinische Leistungen inklusive Arznei-, Heil- und Hilfsmittelverordnungen sowie Videosprechstunden, Telekonsile, Telemonitoring und die telenotärztliche Versorgung.“ Beteiligung im G-BA für Therapeuten Hier steht der Zeiger weiterhin auf null, heißt, in diesem Bereich hat sich nichts getan. Die Heilmittelbranche ist im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nach wie vor nicht vertreten und hat damit auch keine Mitsprachemöglichkeiten. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Mit einer Reform des G-BA beschleunigen wir die Entscheidungen der Selbstverwaltung, stärken die Patientenvertretung und räumen der Pflege und anderen Gesundheitsberufen weitere Mitsprachemöglichkeiten ein, sobald sie betroffen sind.“ Das bleibt dann ein Ziel für die zweite Hälfte der Regierungszeit. Genaue Erklärungen dazu, wie und was das Dashboard Berufspolitik misst, findet Ihr im Themenschwerpunkt 3.2022. Den aktuellen Stand des Dashboards findet Ihr immer hier: www.up-aktuell.de/dashboard