Die Blankoverordnung stellt sich vor!

In wenigen Wochen haben Ergotherapeutinnen und -therapeuten bei drei Diagnosegruppen deutlich mehr Freiheiten. Im Rahmen der Blankoverordnung (Blanko-VO) dürft Ihr bei Euren GKV-Patient:innen dann selbst entscheiden, welches der im Heilmittelkatalog angegebenen Heilmittel Ihr auswählt, wie häufig und wie lange Ihr therapiert. So funktioniert die Blankoverordnung Ergotherapie Wie bisher geschieht die Heilmitteltherapie auf ärztliche Veranlassung. Das heißt, Ärztinnen und Ärzte stellen die Diagnose und verordnen Ergotherapie. Das bleibt auch so, allerdings entscheiden Ergotherapeut:innen künftig bei den Diagnosegruppen, für die eine Blanko-VO vorgesehen ist, eigenständig über die folgenden Punkte: Auswahl des oder der Heilmittel Therapiefrequenz Dauer der einzelnen Behandlungstermine Gesamtdauer der Therapie pro Blanko-VO Hinweis: Für alle Punkte, zu denen der Vertrag nach § 125a SGB V (Blankoverordnung) keine anderslautenden Regelungen trifft, gelten weiterhin die Regelungen aus dem Vertrag nach § 125 SGB V. Alle Verträge findet Ihr auf www.gkv-heilmittel.de. Über den Quick-Link www.up-aktuell.de/gkv-blanko gelangt Ihr direkt an die richtige Stelle. Steckbrief Blankoverordnung Ergotherapie Name Heilmittelverordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung (Blankoverordnung) Start 1. April 2024 Gültigkeit der Verordnung Muster 13 mit entsprechendem Aufdruck „BLANKOVERORDNUNG“ durch den Verordner im Feld „Heilmittel nach Maßgabe des Kataloges“ Für diese Indikationen (Diagnosegruppen) gilt die Blanko-VO SB 1 – Erkrankung der Wirbelsäule, Gelenke und Extremitäten (mit motorisch-funktionellen Schädigungen) PS3 – u. a. Wahnhafte und affektive Störungen/Abhängigkeitserkrankungen PS4 – Dementielle Syndrome Wann wird keine Blankoverordnung ausgestellt? Aus wichtigen medizinischen Gründen dürfen Ärzt:innen anstelle der Blanko-VO eine Verordnung nach § 125 SGB V ausstellen Vertragsdauer Der Vertrag nach § 125a SGB V gilt auf unbestimmte Zeit und kann von den Vertragspartnern frühestens zum 31.12.2025 gekündigt werden. Anerkennung Der Vertrag zur Blanko-VO muss nicht gesondert anerkannt werden. Er gilt automatisch für alle Ergotherapie-Praxen mit GKV-Zulassung. Heilmittel Über die vorrangigen und ergänzenden Heilmittel entscheiden die Ergotherapeut:innen eigenständig. Integration in das häusliche und soziale Umfeld Im Rahmen der Blanko-VO können jetzt bis zu zwei Termine zur Integration in das häusliche und soziale Umfeld erbracht und abgerechnet werden (siehe Anlage 1). Anzahl der Heilmittel pro Behandlungstermin Darüber entscheiden die Ergotherapeut:innen eigenständig. Dauer der Behandlung Die Heilmittel werden in Zeitintervallen (ZI) von je 15 Minuten erbracht (zeitlicher Rahmen siehe Therapiezeit). Therapiezeit pro Behandlungstermine mindestens 30 und höchstens 180 Minuten Vor- und Nachbereitungszeit Für Vor- und Nachbereitung sowie Verlaufsdokumentation kann ein Zeitintervall pro Behandlungstermin abgerechnet werden. Unterbrechungsfristen Keine – die Verordnung kann auch für mehr als 14 Tage ohne Begründung unterbrochen werden. Wird durch die Länge der Unterbrechung die Erreichung des Therapieziels gefährdet, wird die Behandlung beendet. Abrechnung Die Abrechnung erfolgt nach Beendigung der Verordnung, also nach 16 Wochen oder vorher, wenn die Behandlung vorher beendet wurde. Wirtschaftlichkeitsverantwortung Liegt bei den Leistungserbringer:innen: Ein Ampelsystem weist jeder Diagnosegruppe ein Kontingent an Zeitintervallen zu. Parallel Verordnungen Parallele (Blanko-)Verordnungen für unterschiedliche Diagnosen und/oder unterschiedliche Diagnosegruppen sind möglich. Folgeverordnungen Mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Blanko-VO zu derselben Diagnose und Diagnosegruppe sind möglich. Vergütung orientiert sich an bereits bekannten Preisen Die Vergütung erfolgt bei der Blanko-VO nach Zeitintervallen (ZI). Wie viele ZI bei einem Behandlungstermin erbracht werden, könnt Ihr als Ergotherapeut:innen selbst entscheiden – im Rahmen der vorgeschriebenen Mindest- bzw. Höchsttherapiezeit von 30 bis 180 Minuten. Die Preise für die ZI der einzelnen Leistungen sind in Anlage 2 – Vergütungsvereinbarung des Vertrags aufgelistet. Neu ist: Je Blanko-VO kann einmal die Position „Versorgungsbezogene Pauschale“ mit 91,38 Euro abgerechnet werden. Zudem wird die „Analyse des ergotherapeutischen Bedarfs“ mit 38,77 Euro, statt wie bei VO nach § 125 SGB V 33,71 Euro vergütet. Ansonsten ändert sich bei der Vergütung wenig. Die Preise der 15-Minuten-Zeitintervalle orientieren sich an der Preisliste des Vertrags nach § 125 SGB V. Je Behandlungstermin kann ein Zeitintervall für die Vor- und Nachbereitung und inklusive Verlaufsdokumentation abgerechnet werden. Ein Beispiel: Motorisch-funktionelle Einzelbehandlung Blanko-VO: Ein 15-Minuten-Intervall wird hier mit 15,06 Euro vergütet. Das entspricht einem Minutenpreis von 1,004 Euro. 45 Minuten motorisch funktionelle Einzelbehandlung mit einer Regelleistungszeit von 45 Minuten, davon 30 Minuten Therapiezeit, werden durch die Blanko-VO mit 45,18 Euro vergütet. VO nach § 125 SGB V: Bei motorisch-funktioneller Einzelbehandlung (X4102) mit einer Regelleistungszeit von 45 Minuten (davon 30 Min. Therapiezeit) liegt die Vergütung bei 45,19 Euro. Das ergibt einen Minutenpreis von ebenfalls 1,004 Euro. Mehr zur Vergütung findet Ihr auch in den folgenden Artikeln. Zuzahlung kaum vorhersehbar Eine Herausforderung, die die Blanko-VO für die Praxisorganisation mit sich bringt, ist der Einzug der Zuzahlung. Da erst am Ende ganz sicher feststeht, wie viele Zeitintervalle für welche Leistungen zusammengekommen sind, wird es kaum möglich sein, die passende Zuzahlung wie vertraglich gefordert am ersten Behandlungstag von den Patientinnen und Patienten einzuziehen. Erstattung oder Nachforderungen sind die Folge – mit entsprechendem Mehraufwand für die Praxis.