Lauterbachs Plan entpuppt sich als Vision

Der vierte TherapieGipfel hat am Montag in Berlin stattgefunden. Und Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach erläuterte seine Sicht auf die Heilmitteltherapie. Fast schon kollegial wandte er sich den ca. 400 anwesenden Teilnehmer:innen zu und erklärte die Heilmitteltherapie zur eigenen Wissenschaft. So schön eine solche Vision ist, auf den Plan zur Umsetzung wird man wohl noch etwas warten müssen. Immerhin: Die Teil-/Akademisierung in der Physiotherapie soll jetzt zügig umgesetzt werden (Entwurf in wenigen Wochen), ein Modellvorhaben zum Direktzugang wird kommen und die „dynamische Preisentwicklung“ im Heilmittelbereich soll sich so weiterentwickeln, sprich auch weiterhin keine Koppelung der GKV-Heilmittelhonorare an die Entwicklung der Grundlohnsumme. Die an das Statement von Lauterbach anschließende Podiumsdiskussion war an vielen Stellen ernüchternd. Zum einen gelang es nicht, Begrifflichkeiten einheitlich zu verwenden: Wer meint eigentlich was, wenn er/sie über Teil-/Akademisierung spricht? Und geht es beim Thema Direktzugang auch um den Direktzugang für die GKV-Versicherten? Zum anderen fehlte ein klarer Fokus. Das Motto der Veranstaltung lautete „Berufsattraktivität steigern“. Unter dieser sehr schwammigen Überschrift gelang es den Mitgliedsverbänden des SHV wunderbar einen bunten Strauß an eigenen Lieblingsthemen zu präsentieren. Da durften neben den o.g. Themen auch die Digitalisierung, die Inflation, der Bürokratieabbau, der Fachkräftemangel etc. nicht fehlen. Etwas weniger und dafür konkretere Forderungen hätten der Veranstaltung sicherlich gutgetan. So spiegelte die Podiumsdiskussion die von den Verbänden initiierte Vielfältigkeit wider. Alle durften das erzählen, was ihnen am Herzen lag: Das ging von der deutlichen Warnung vor dem Fachkräftemangel aufgrund der „drohenden“ Akademisierung durch prominente Vertreter der Berufsfachschulen bis hin zum Frust einer Praxisinhaberin über Absetzungen durch die Krankenkassen. Das Ergebnis war weniger eine Diskussion als vielmehr eine Aneinanderreihung von Standpunkten. Die Moderatorin merkte zwischendurch an, dass sich die Publikumsreaktionen (Klatschen) doch manchmal widersprüchlich anhören würden. Das war fein beobachtet und mutig, es anzumerken. Doch es führte nicht dazu, dass irgendjemand sein Verhalten änderte. Die Definitionen der relevanten Begriffe und die Konkretisierung von Konzepten blieben weiter vage, der Erkenntnisgewinn für die Teilnehmenden gering. Alle blieben in ihrer eigenen Blase und fühlten sich anschließend in der eigenen Meinung bestätigt. Vielleicht könnte man im nächsten Jahr die Zielsetzung des Therapiegipfels besser klären. Wenn das Ziel der Austausch der Heilmittelbranche mit der Politik ist, dann müssten deutlich mehr Politikerinnen und Politiker eingeladen werden und kommen. Wenn das Ziel der Austausch untereinander ist, es also um einen heilmittelinternen Dialog geht, dann braucht die Veranstaltung definitiv eine klare Ausrichtung auf ein Thema, die passenden Fachleute (und nicht Funktionär:innen) und Gastgeber (spricht die Mitgliedsverbände des SHV), die sich im Vorweg einig geworden sind, wie die Zukunft aussehen soll. Trotz dieser Kritik sollte man nicht vergessen, sich darüber zu freuen, dass nach Angaben der Veranstalter rund 400 Teilnehmende nach Berlin gekommen sind. Selbst wenn man die zahlreichen Verbandsfunktionär:innen davon abzieht, gibt es doch eine ganze Reihe von Therapeutinnen und Therapeuten, die sich aufgemacht haben, für ihre Branche aktiv zu werden. Das ist dann wieder eine gute Nachricht zum Wochenende. Jetzt wird es hier oben im Norden wieder leicht wärmer, dass bisschen Schnee vom Wochenanfang ist weg und wir sind ein bisschen neidisch auf die Regionen, in denen man jetzt Schlitten fahren kann. Aber auch wenn die Schneeballschlacht erst einmal ausfallen muss, der erste Advent steht vor der Tür und bei dem Schein der ersten Kerze kann das entspannte Wochenende kommen. Herzliche Grüße Euer Ralf Buchner Außerdem interessant: Lauterbach: Heilmitteltherapie ist eine eigene Wissenschaft Hat Lauterbach einen Plan für die Heilmitteltherapie?