Schritt für Schritt im Ernstfall abgesichert: Ehevertrag

Eheverträge sind für viele ein unromantischer Gedanke. In einigen Fällen sind sie auch nicht nötig. Gibt es aber Vermögenswerte, Immobilien oder eben eine Praxis, kann ein Ehevertrag Streitigkeiten und vor allem finanziellen Problemen im Falle einer Trennung vorbeugen. Ein Beispiel: Isabell hat mit ihrem Ersparten eine Praxis eröffnet und die dazugehörige Immobilie gekauft. Sie hatte Glück, das Haus günstig erstanden zu haben. Nun gab es in den letzten Jahren enorme Wertsteigerungen bei Immobilien. Würden Isabell und Mats sich scheiden lassen und hätten keinen Ehevertrag, würde Mats im Scheidungsfall möglicherweise ein Teil des Wertes der Immobilie und der Praxis zustehen. Isabell müsste ihn auszahlen. Je nach Wert können das Summen sein, die sie finanziell kaum stemmen kann. Mithilfe eines Ehevertrags können solche Szenarien vermieden werden. Eheverträge können viel Streit ersparen „Ein Ehevertrag kann sowohl private als auch geschäftliche Belange eines Praxisbetreibers betreffen und stellt für viele eine hoch emotionale und nicht unbedingt angenehme Thematik dar“, erklärt Laura Albrecht. „Es handelt sich dabei um einen Vertrag, der genau festlegt, was im Falle einer Trennung mit den einzelnen privaten und gegebenenfalls auch geschäftlichen Vermögensgegenständen passiert. Allerdings geht es hierbei um keine Geschäftsbeziehung, sondern um eine Ehe, die oft seit Jahrzehnten gewachsen ist und eine andere Emotionalität mit sich bringt.“ Nicht die Frage “Bin ich mir sicher, dass ich mich niemals scheiden lasse?” ist die entscheidende Frage, wenn es um das Für und Wider eines Ehevertrages geht. Die wirklich wichtige Frage lautet: “Weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich, was im Trennungsfall mit meiner Praxis und meinen übrigen Vermögenswerten passiert?”. „Aus diesem Grund ist nicht derjenige gut beraten, sich mit der Thematik eines Ehevertrages auseinanderzusetzen, der meint, seine Ehe stünde auf wackeligen Füßen, sondern all diejenigen, die diese Frage nicht sicher beantworten können“, sagt Laura. „Da die rechtlichen Fragestellungen des Ehestandes durchaus komplex sind, wird dies die Mehrheit sein. Gute Fachanwälte und Vermögensberater können dieses Thema einfühlsam und persönlich angehen und Ängste gegenüber dieser, gerade bei Inhabern kleinerer Praxen, unterschätzten Vorsorgemaßnahme beseitigen.“ Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll und für wen? Diese Personen sollten über einen Ehevertrag nachdenken: Doppelverdiener ohne Kinder, weil das Familienrecht heute noch auf der „Hausfrauen-Ehe“ beruht. Ein Ehepartner, der vermögender ist als der andere, weil mithilfe eines Ehevertrages das Vermögen und Wertsteigerungen von Immobilien geschützt werden. Ehepartner im fortgeschrittenen Alter, die schon einmal verheiratet waren und Kinder haben, weil im Todesfall der überlebende Ehepartner in der Regel mehr erbt als die Kinder. Menschen, die in einer Unternehmer-Ehe oder in einer Ehe mit Selbstständigen leben, weil im Scheidungsfall die Existenz der Praxis gefährdet sein kann. Eheleute mit unterschiedlichen Nationalitäten, weil in manchen Fällen auch die Gesetze anderer Länder Bestand haben können. Welche Inhalte regelt ein Ehevertrag? Standardmäßig zählen zu den zentralen Bestandteilen eines Ehevertrages ... ... Unterhaltsregelungen nach der Scheidung können mit einem Ehevertrag festgelegt werden. Aber: Der Gesetzgeber schützt den Ehepartner, der nach einer Scheidung finanziell deutlich schlechter gestellt ist – vor allem aufgrund von Alter, Krankheit oder Kindererziehung. Verdienen beide Partner annähernd gleich viel, kann ein Unterhaltsverzicht geregelt werden. Dies gilt jedoch nur für den nachehelichen Unterhalt. Trennungsunterhalt, Unterhalt im Alter bzw. bei Krankheit sowie Betreuungs- und Kindesunterhalt können nicht wirksam ausgeschlossen werden. ... Regelungen des Güterstandes (Gütertrennung, Zugewinngemeinschaft oder Gütergemeinschaft): Ohne Ehevertrag greift im Scheidungsfall die Zugewinngemeinschaft. Wer in der Zeit der Ehe mehr Vermögen angehäuft hat, muss bei Scheidung die Hälfte der Differenz an den Ehepartner auszahlen. Mithilfe eines Ehevertrages könnt Ihr beispielsweise ein Erbe oder auch das Betriebsvermögen einer Praxis vom Zugewinn ausschließen. Bei einer Gütertrennung behält nach der Scheidung jeder sein erworbenes Vermögen. Es empfiehlt sich, sich anwaltlich beraten zu lassen, welcher Fall für Euch sinnvoll ist. ... Regelungen zum Versorgungsausgleich. Dabei geht es um die Versorgung der Ehepartner im Alter. Im Versorgungsausgleichsgesetz steht, dass die während der Ehe erworbenen Anwartschaften zur Hälfte dem anderen Ehepartner zugeschrieben werden. Hat ein Ehepartner in seinem Leben deutlich höhere Rentenversicherungsbeiträge gezahlt als der andere – zum Beispiel aufgrund von Kinderbetreuung und Teilzeitarbeit – gibt es im Alter eine Diskrepanz in der Rente. Diese Lücke soll mit dem Versorgungsausgleich geschlossen werden. Hinweis: Ist ein Ehepartner zum Beispiel selbstständig und hat nie in die eigene Altersvorsorge investiert, die Ehepartnerin hat angestellt in Teilzeit gearbeitet und die Kinderbetreuung übernommen, so müsste sie bei einer Scheidung einen Versorgungsausgleich leisten – nicht fair, oder? In so einem Fall könnt Ihr per Ehevertrag auf einen Versorgungsausgleich im Scheidungsfall verzichten. Kurz und knapp: Ihr könnt einen Ehevertrag vor Eurer Ehe, aber auch noch währenddessen abschließen. Das kann zum Beispiel nötig sein, wenn ein Ehepartner eine Immobilie erwirbt – mithilfe eines Erbes oder eigens angesparten Vermögens. Ein Ehevertrag lässt sich jederzeit ändern, zum Beispiel wenn sich bei einem Ehepartner die Vermögensverhältnisse verändern. Wenn Ihr sehr unterschiedliche Vermögensverhältnisse habt, ist ein Ehevertrag ebenfalls sinnvoll. Ein Ehevertrag muss immer notariell beurkundet werden. Lasst Ihr Euch scheiden und habt keinen Ehevertrag geschlossen, greift automatisch die Zugewinngemeinschaft. Mithilfe eines Ehevertrags könnt Ihr eine Gütertrennung festlegen. Es gibt unzählige Fälle, wann ein Ehevertrag sinnvoll sein kann und ebenso viele, wann er nicht nötig ist. Wer sicher sein möchte, kann sich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten lassen. Weitere Artikel in diesem Themenschwerpunkt: Themenschwerpunkt 5.2024: Ehevertrag, Testament und Vollmachten Ehevertrag, Testament und Co.: Praxisinhaberin und Ehemann berichten von ihrem Vorgehen „Die Sicherheit, für den Fall der Fälle vorgesorgt zu haben, kann sehr beruhigend sein“ - Interview mit Laura Albrecht, Syndikusrechtsanwältin bei buchner Schritt für Schritt im Ernstfall abgesichert: Handlungs- und Betriebsvollmachten & Praxiseigener Notfallplan oder das Notfall-Handbuch Schritt für Schritt im Ernstfall abgesichert: Testament Schritt für Schritt im Ernstfall abgesichert: Patientenvollmacht & Vorsorgevollmacht