Beihilfebeträge sind keine Preisliste

Für Eure Praxis sind Beihilfepatientinnen und -patienten ähnlich zu behandeln, wie Privatversicherte. Das sehen Eure Beihilfepatient:innen jedoch oft anders und wollen mit Euch diskutieren, wenn sie feststellen, dass Beihilfestelle bzw. PKV die Rechnung nicht voll erstatten. Lasst Euch auf diese Diskussionen nicht ein. Eure Preise müssen höher sein als die beihilfefähigen Höchstbeträge. 1. Die beihilfefähigen Höchstbeträge sind keine Preisliste für Therapiepraxen Viele Praxen orientieren sich bei den Preisen für Beihilfepatient:innen an den beihilfefähigen Höchstbeträgen. Dabei sind diese für die Therapiepraxis nicht bindend und erst recht keine verbindliche Preisliste. Das hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gerade erst wieder auf unsere Nachfrage hin bestätigt: „Die Höchstbeträge für beihilfefähige Aufwendungen für Heilmittel gemäß Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV sind nur verbindlich für die Beihilfefestsetzungsstellen und im Verhältnis zu den Beihilfeberechtigten, nicht aber im Verhältnis der Beihilfeberechtigten einschließlich ihrer berücksichtigungsfähigen Angehörigen zu den Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern.“ 2. Es ist nicht vorgesehen, dass die Beihilfe die komplette Behandlung abdeckt So steht es auch auf der Website des BMI: „Die Beihilfe ergänzt lediglich die zumutbare Eigenvorsorge. Die beihilfeberechtigte Person muss daher für die von der Beihilfe nicht übernommenen Kosten für Behandlungen, Medikamente und Ähnliches selbst aufkommen. In der Regel wird deshalb eine entsprechende private Krankenversicherung abgeschlossen.“ Tipp: Kommen Patient:innen zu Euch und beschweren sich, dass die Kosten der Behandlung nicht komplett erstattet werden, verweist sie zurück an ihre PKV. Denn es ist ein beliebter Trick der privaten Versicherer, nur das Nötigste an Kosten zu erstatten. Auch dann, wenn die Versicherten eigentlich Anspruch auf die volle Erstattung hätten. Daher sollten sie in solchen Fällen immer eine Prüfung verlangen. 3. Beihilfebeträge sind in der Regel für die Praxen nicht wirtschaftlich Die beihilfefähigen Höchstbeträge sind zudem für einen profitablen Umsatz deutlich zu niedrig. Wirtschaftlich angemessen ist der 1,2- bis 2,3-fache Satz der GKV-Preise. Wie Ihr auf diese Werte kommt, lest Ihr im Abschnitt „Bemessung der Gebühren für Leistungen der GebüTh“ Eurer jeweiligen Gebührenordnung (s. Kasten). In der Regel orientieren sich Praxen an dem 1,4-fachen oder gar 1,8-fachen Satz der GKV-Vergütung. Wie Ihr in Tabelle 1 sehen könnt, liegen die Preise für eine optimale Preisgestaltung deutlich über den beihilfefähigen Höchstbeträgen. Tabelle 1: Minutenpreise für die eigene Kalkulation Preiskalkulation Sensomotorisch-perzeptive Behandlung, 45 Min. Motorisch-funktionelle Behandlung als Doppelbehandlung, 30 Min. GKV-Regelsatz/beihilfefähiger Höchstbetrag 1,35 1,51 1,4-facher Regelsatz 1,89 2,11 1,8-facher Regelsatz 2,43 2,71 Gebührenübersichten helfen bei der strukturierten Preisgestaltung In der Gebührenübersicht der jeweiligen Berufsgruppe findet Ihr wichtige Informationen zu Privatpreisen – vor allem auch dazu, wie Ihr diese so gestaltet, dass Eure Praxis davon wirtschaftlich profitiert. Gerade ist die neue Auflage der Gebührenübersicht für Ergotherapeut:innen erschienen. Hier findet Ihr eine Übersicht: www.up-aktuell.de/gebueth Auf der Website www.privatpreise.de findet Ihr weitere Tipps zu allen wichtigen Themen rund um Privatpreise. Mit Erstattungsoptimierung zu höheren Preisen Eure Patientinnen und Patienten bekommen ihre Behandlung voll erstattet und Ihr erhaltet Honorare, die deutlich über dem GKV-Regelsatz liegen. Geht nicht? Doch, das Zauberwort heißt Erstattungsoptimierung. Wie geht das genau? Um dies zu erreichen, müssen Eure Beihilfepatientinnen und -patienten ihre Verordnungen entsprechend anpassen lassen. Dafür müsst Ihr jedoch vorher einmal genau ausrechnen, welcher Fall sowohl für die Versicherten optimal ist als auch für Eure Praxis einen möglichst hohen Minutenpreis einbringt. Beispiel für eine Erstattungsoptimierung in der Ergotherapie In der Ergotherapie ist es oft nicht ganz eindeutig, welches Heilmittel für die Patient:innen das Sinnvollste ist. Oft entscheidet sich die Auswahl dann nach der optimalen Behandlungsdauer. Hier kann eine Doppelbehandlung dafür sorgen, dass die Patientinnen und Patienten möglichst wenig (oder gar nichts) zuzahlen müssen und die Praxis einen hohen Minutenpreis erhält – siehe Tabelle 2. So haben wir gerechnet: Die Regelbehandlungszeiten der Leistungsbeschreibungen der GKV haben im Zusammenhang mit der Beihilfe und PKV keine Gültigkeit. Es ist also möglich, Patient:innen zum Beispiel statt mit einer sensomotorisch-perzeptiven Behandlung 45 Minuten mit einer Doppelbehandlung motorisch-funktionell mit 45 Minuten zu behandeln. Dadurch steigt der beihilfefähige Höchstbetrag von 1,35 Euro auf 2,01 Euro. Würdet Ihr eine klassische Doppelbehandlung nach GKV-Prinzipien mit 60 Minuten durchführen, läge der Minutenpreis bei 1,51 Euro. Vorgehen: Sensomotorisch-perzeptive Behandlung 45 Min.: 60,84 Euro : 45 Min. = 1,35 Euro/Minute Motorisch-funktionelle Doppelbehandlung 60 Min.: 90,38 Euro : 60 Min. = 1,51 Euro/Minute Motorisch-funktionelle Doppelbehandlung 45 Min.: 90,38 Euro : 45 Min. = 2,01 Euro/Minute Tabelle 2: Preis pro Minute der unterschiedlichen Verordnungsoptionen Preiskalkulation Sensomotorisch-perzeptive Behandlung, 45 Min. Motorisch-funktionelle Behandlung als Doppelbehandlung, 60 Min. Motorisch-funktionelle Behandlung als Doppelbehandlung, 45 Min. Beihilfe 1,35 1,51 2,01 Quelle: Gebührenübersicht für Ergotherapeuten Der Haken bei der Erstattungsoptimierung Eine Erstattungsoptimierung erspart Euch Diskussionen mit den Beihilfepatientinnen und -patienten. Aber dadurch verinnerlichen diese auch: Es ist möglich, Therapie zum beihilfefähigen Höchstbetrag zu erhalten, ohne dass ich einen Cent selbst zahlen muss.