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Referentenentwurf schafft Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Physiotherapie

Zu lange hat er auf sich warten lassen, jetzt ist er da: der Referentenentwurf zur Reform der Berufsgesetze in der Physiotherapie. Zumindest macht ein entsprechendes 145-Seiten-Papier aktuell in Berlin die Runde – und dürfte Stoff für reichlich Diskussionen liefern. Der Direktzugang kommt, aber nur für akademisch ausgebildete Physiotherapeut:innen. Und das sollen ja nur 20 Prozent sein. Alle anderen Therapeuten dürfen sich weiterhin damit beschäftigen, ärztliche Verordnungen abzuarbeiten.
Referentenentwurf schafft Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Physiotherapie
© iStock: Ivan-balvan

Zertifikatspositionen mit nachträglicher Ausbildung wird es wohl weiterhin geben, nur MLD und KG-Gerät werden in die Ausbildung integriert. Dafür wird das Schulgeld abgeschafft, es gibt eine Ausbildungsvergütung, fast wirkt es, als solle die Zustimmung der Physiotherapeutinnen und -therapeuten zu dieser Nicht-Reform “gekauft” werden.

Ich bin enttäuscht: Anstelle einer Reform im Sinne einer Angleichung der Physiotherapieausbildung an internationales Niveau bieten diese 145 Seiten Referentenentwurf bürokratisches klein-klein. Bloß nichts wirklich ändern scheint der Arbeitsauftrag im BMG gewesen zu sein.

Wer an einer übersichtlichen und nicht kommentierenden Zusammenfassung interessiert ist, findet das in diesen Artikel.

Jedenfalls wird sehr klar: Die Einführung der Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Physiotherapeut:innen ist kein Zufall, oder Nebenprodukt, sondern absolut gewollt. Die Berufsgruppe lässt sich eben gut aufteilen in diejenigen, die durch den Direktzugang eigenverantwortlich arbeiten, und diejenigen, die weiterhin ärztliche Verordnungen abarbeiten. Hier interessiert mich Eure Meinung. Was haltet Ihr von der Spaltung der Berufsgruppe? Schreibt mir gern Eure Meinung an redaktion@up-aktuell.de.

Auch für Logopädinnen und Ergotherapeuten dürfte der Referentenentwurf interessant sein. Zwar geht es hier ausdrücklich um die Physiotherapie, es wird jedoch angekündigt, dass die Berufsgesetze der Logopäden 2026, die der Ergotherapeutinnen 2027 reformiert werden sollen. Danach kommen Podologie und Diätassistenz an die Reihe. Es sollten also alle genau hinschauen, um schon jetzt zu überlegen, was Ihr für Eure Berufsgruppe wollt und was nicht. Passend dazu empfehle ich Euch – falls Ihr sie noch nicht gehört habt – die Folge des up-podcast der vergangenen Woche. Darin spreche ich mit der Logopädin Petra Krätsch-Sievert über die Vollakademisierung in der Logopädie.

Neben dem Referentenentwurf gab es diese Woche natürlich auch noch ein paar andere News, die ich Euch nicht vorenthalten möchte. So hat die BGW eine neue Richtlinie, die jetzt auch die Förderung einer einzelnen Therapieliege mit bis zu 500 Euro erlaubt. Die DGUV hat den Fragen-Antworten-Katalog für die Physiotherapie aktualisiert und falls bei Euch im Team schlechte Stimmung herrscht, haben wir ein paar Anregungen, wie Ihr der Ursache auf den Grund gehen könnt. Spoiler: Manchmal müssen auch Praxisinhaber:innen vor der eigenen Türe kehren.

Ich freue mich auf Eure Meinungen zum Direktzugang für akademisierte Physiotherapeut:innen. Der Referentenentwurf wird uns sicher noch eine Weile beschäftigen – und ich bin zuversichtlich, dass wir heute in einer Woche auch mehr Details zur Blankoverordnung in der Ergotherapie kennen werden.

Bis dahin,

Euer Ralf Buchner

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