INTERVIEW MIT:
Praxisinhaberin der Praxis für Ergotherapie Lena Eck, Ergotherapeutin für Pädiatrie, Säuglingsbehandlung, Neurologie, Fachtherapeutin Vorschule
Ergotherapeutin mit den Schwerpunkten: Lerntherapie, Pädiatrie, Geriatrie, körperliche und geistige Behinderungen
Hand in Hand arbeiten mit Lehrerinnen und Lehrern, um Schülerinnen und Schülern die bestmögliche Unterstützung zu bieten: An einer Schule in Rheinland-Pfalz hat eine Ergotherapie-Praxis genau das gemacht. Zwei Monate lang haben Lena Eck und ihre Kollegin Sina Kuntz die Schulanfängerinnen und Schulanfänger an der Schule begleitet und bei Aufmerksamkeitsdefiziten oder graphomotorischen Schwierigkeiten geholfen. Das hat so viel gebracht, dass die Schule sich jetzt um eine dauerhafte Lösung bemüht. Darum – und darum, wie das Projekt ermöglicht und finanziert wurde, geht es dieses Mal in unserem Podcast.
Möchtet Ihr mit Lena Kontakt aufnehmen, um Fragen zu dem Projekt zu stellen? Dies ist Ihre Praxis in Rheinzabern!
Inhalt dieser Podcastausgabe:
„Wir wollten zeigen, welchen Benefit die Klassen von Ergotherapeuten vor Ort haben.“
Ein (erneutes) Gespräch mit den Therapeutinnen Lena Eck und Sina Kuntz über schulbasierte Ergotherapie
(up_doppelbehandlung-Episode vom 12.10.22)
up_doppelbehandlung: Heute haben wir zwei Ergotherapeutinnen aus Rheinzabern zu Gast in unserem Podcast, das sind Lena Eck und Sina Kuntz – hallo!
Eck: Hallo. Ich bin Lena Eck, ich habe eine Praxis für Ergotherapie in Rheinzabern in Rheinland-Pfalz, und wir waren über das Corona-Aufholprogramm für einige Zeit in einer Grundschule unterwegs.
Kuntz: Ich bin Sina Kuntz, ich bin ebenfalls Ergotherapeutin und arbeite bei Lena – und wir haben zusammen das Projekt konzipiert und durchgeführt.
up_doppelbehandlung: Wir haben schonmal über das Projekt gesprochen, da haben hinterher Leute bei Dir nachgefragt, Lena, und sich dafür interessiert, wie Du insbesondere vorgegangen bist. Daher sprechen wir jetzt darüber, was aus dem Projekt geworden ist. Also Lena, Du hast Dir in Coronazeiten gedacht: „Was kann man so machen und hast das Corona-Aufholprogramm entdeckt..“
Eck (lacht): Genau. In Kooperation mit der Schulsozialarbeiterin waren wir acht Wochen in einer Grundschule und haben dort nach dem Bedarf geschaut und Lehrer:innen und Schüler:innen der ersten Klassen unterstützt.
Kuntz: Wir haben vorab viele Fragebögen an die Lehrer verteilt, die die beantwortet haben, und dann haben wir eine Gruppe für Graphomotorik und eine für Handlungsplanung, Aufmerksamkeit und Konzentration eingeteilt.
up_doppelbehandlung: Lena – was war als Inhaberin einer Ergotherapie-Praxis deine Intention, so etwas zu machen bzw. da Zeit rein zu investieren?
Eck: Wir haben – auch hier in der Praxis – gesehen, dass diese zwei Jahre Corona Kollateralschäden hinterlassen haben, die GS hat das auch bemerkt und nach Projekten geguckt, was man Kindern Gutes tun kann. Und das habe ich mitbekommen und mich angeboten.
up_doppelbehandlung: Du hast nach unserem ersten Podcast-Gespräch etliche Rückfragen aus ganz Deutschland erhalten. Was wollten die Leute wissen? Haben die Leute die gleichen Probleme gesehen wie Du?
Eck: Ja, und vor allem kam heraus, dass viele Kollegen schon lange sowas aufbauen wollen! Die Frage war immer: Wie hast Du Kontakt aufgenommen, wie den Antrag gestellt, wie lief das mit der Finanzierung?
up_doppelbehandlung: Mit was für Erwartungen seid Ihr ins Projekt reingegangen?
Eck: Wir haben es einfach auf uns zukommen lassen. Uns hat sehr gefreut, dass die Schule uns gegenüber so offen ist. Wir wussten, in acht Wochen können wir nicht so viel bewegen. Aber wir wollten zeigen, was wir können und was für einen Benefit die Lehrer, die Klassen von einem Ergotherapeuten vor Ort hätten. Das ist uns auch sehr gut gelungen – aktuell möchte die Schule mit uns gerne dauerhaft weiterarbeiten.
up_doppelbehandlung: Ging das Antragstellen leicht?
Eck: Eigentlich schon. Ich habe ein Konzept zusammengestellt, die Schulsozialarbeiterin hat das dann weiterbearbeitet. Ich habe später eine Rechnung geschrieben und das Geld wurde von der Kreisverwaltung überwiesen.
up_doppelbehandlung: Wie seid Ihr gestartet?
Kuntz: Wir haben vorher Fragebögen erstellt und verteilt. Darin haben wir die Lehrer:innen gefragt, welche Defizite sie bei wem sehen.
up_doppelbehandlung: Haben die Lehrer das als Unterstützung empfunden oder als Einmischung in pädagogische Kompetenzfelder?
Kuntz: Die waren sehr dankbar und konnten Defizite auch sehr gut benennen, das war hilfreich für uns und die Einteilung in Gruppen.
Eck:.. Und eine Stunde waren wir dann noch in den ersten Klassen, da gab es sehr viele Aha-Momente, als wir zum Beispiel Hilfsmittel eingesetzt und ausprobiert haben. Da war zum Beispiel ein Kind, das zwar schulisch fit war, aber immer zu langsam schrieb. Das hat nun unter dem Blatt immer eine Moosgummiplatte liegen – und es ist gar kein Problem mehr.
up_doppelbehandlung: Und dann seid Ihr in die Gruppen gegangen. Als Ersatz für die Unterrichtsstunde?
Eck: Genau, das hat gut geklappt. Eine Gruppe war jeweils um die zwölf Kinder stark. Eine Sitzung dauerte 50 Minuten; insgesamt gab es acht Sitzungen.
Kuntz: Uns war wichtig, zu vermitteln, dass Konzentration über verschiedene Kanäle läuft, und den Kindern Alternativen mit auf den Weg zu geben. Acht Wochen waren für die Gruppen war zu wenig. Der größere Nutzen war es, in den Klassen zu sein und dort auf das einzelne Kind einzugehen – das würden wir beim nächsten Mal anders aufziehen. Aber Kinder, die zum Beispiel soziale Schwierigkeiten hatten, weil sie durch Corona bis dato kaum in der Schule waren, die haben von den kleineren Gruppen stark profitiert.
Eck: Es sind auch Tränen geflossen, als wir dann gegangen sind…
up_doppelbehandlung: Habt Ihr Elternreaktionen erhalten oder ist das an denen vorbeigegangen?
Eck: Nein, wir haben vorher einen Elternbrief rausgeschickt und haben auch ein Schweigepflichtsformular ausgeteilt, und es sind jetzt schon viele dieser Kinder auch bei uns in der Praxis gelandet – in Therapie oder auf der Warteliste…
up_doppelbehandlung: Macht Ihr denn Gruppentherapie auch in der Praxis?
Kuntz: Ja, machen wir auch – und auch gerne.
up_doppelbehandlung: Dann war die Aktion also eine gute Marketingaktion. Wollt Ihr das fortführen?
Eck: Ja, unbedingt, ist sehr sinnvoll. Wir haben den Lehrern auch feedback-Bögen geschrieben, was wir empfehlen. Das fanden die Lehrer toll; es hat sie in ihrer Wahrnehmung bestätigt. Die haben sich auch dafür eingesetzt, dass sowas dauerhaft eingerichtet wird. Die Schulleitung hat das jetzt in das Finanzierungskonzept für das nächste Schuljahr mit aufgenommen, mit ein bis zwei Stunden die Woche – so, dass jahrgangsübergreifend die Lehrer uns dann für Stunden buchen können. Da warten wir noch auf die Rückmeldung, ob es klappt.
up_doppelbehandlung: Klingt super, viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch.
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