„Trotz Absetzungen weiterzumachen, ohne sich mit den Gründen auseinandergesetzt zu haben, ist grob fahrlässig und kostet die Praxis wirklich Geld.“

Wo abgerechnet wird, kommt es auch hin und wieder zu Absetzungen. Manchmal wurde in der Praxis etwas übersehen, in anderen Fällen bestehen die Krankenkassen auf Angaben, die so gar nicht vertraglich vorgeschrieben sind. Christiane Maár ist in einem Therapiezentrum mit mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Abrechnung zuständig. Aus ihrer langjährigen Erfahrung berichtet sie uns, wie sie in solchen Fällen vorgeht. Christiane, welche Erfahrungen hast Du mit dem Thema Absetzungen gemacht? In der Branche wird viel von ungerechtfertigten Absetzungen gesprochen. Das kann ich aus meiner Erfahrung so nicht bestätigen. Für mich gibt es dennoch zwei Arten von Absetzungen: Das eine sind Absetzungen, weil wir hier etwas übersehen haben. Beispielsweise haben wir eine Leistung in Rechnung gestellt, die weder verordnet noch erbracht wurde, weil wir sie beim Erstellen der Abrechnung in der Software ausgewählt und dann nicht gelöscht haben. Oder im vergangenen Jahr ist es uns zweimal passiert, dass die Arztunterschrift fehlte und es we- der den Kollegen aufgefallen ist, die die Verordnung bereits zehnmal in der Hand hatten, noch mir bei der anschließenden Abrechnung. Es gibt nur wenige Themen wie MLD-45 und MLD-60 im Herbst 2022, bei denen die Krankenkassen die Verordnungen voll bzw. teilweise abgesetzt haben, die eben nicht selbst verschuldet waren. Da hat mir www.praxisfragen.de sehr weitergeholfen, als ich die erste Absetzung zu diesem Thema hatte. Wie gehst Du dann vor, wenn die Krankenkasse eine Absetzung aus einem Grund vornimmt, den Ihr nicht beeinflussen könnt? Ganz grundsätzlich gilt bei uns: Sobald eine Absetzung aufgrund nicht selbst verschuldeter Gründe von Seiten der Krankenkassen erfolgt, stoppe ich die Abrechnung aller weiteren Verordnungen dergleichen Art, verschaffe mir einen Überblick, prüfe erstmal, gucke mir ähnliche Verordnungen an und kläre mit den Verantwortlichen den Absetzungsgrund. Erst wenn ich die Lösung für diese Absetzungen kenne, rechne ich solche Verordnungen ab. Bekommt Ihr häufiger Absetzungen aus dem gleichen Grund? Wenn eine Absetzung wie bei MLD passiert, setzen wir uns hier sofort zusammen und besprechen, wie wir damit künftig umgehen. Einfach so weiterzumachen wie zuvor und das zu ignorieren, bringt uns ja nicht weiter. Wenn ich mich in Foren umgucke, beschreiben viele Inhaber, dass sie immer die gleichen Absetzungen bekommen. Da muss ich doch dann mal aufwachen und mich mit diesen Absetzungen auseinandersetzen, damit sie endlich aufhören. Bestehen Absetzungen, muss ich mich ausreichend mit den Gründen beschäftigen, bevor ich vergleichbare Verordnungen abrechnen kann. Hier weiterzumachen, ohne sich mit den Gründen auseinandergesetzt zu haben, ist grob fahrlässig und kostet die Praxis wirklich Geld. Sind die Widerspruchsfristen bei Absetzungen ein Problem für Euch? Wir rechnen seit jeher selbst ab. Deshalb bekomme ich in der Regel innerhalb der Zahlungsfrist solche Absetzungen mitgeteilt und kann dann darauf umgehend reagieren. Das Problem von Praxen, die mit Dienstleistern abrechnen, besteht für mich darin, dass sie von solchen Dingen wie mit der MLD häufig gar nicht zeitnah erfahren. Und das ist dabei das Wichtige: sich damit auseinandersetzen und entsprechend handeln. Abgesehen von dem finanziellen Verlust bedeutet jede Absetzung einen beträchtlichen Zeitaufwand, der häufig unnötig ist. Ich hatte aus der Widerspruchsvorlage, die buchner damals zur Verfügung gestellt hatte (up 3.2023), Teile übernommen, habe die Widerspruchsschreiben verschickt und es ist alles bezahlt worden. Welche weiteren Absetzungsgründe gab es seitens der Krankenkassen bei Euch und wie seid Ihr damit umgegangen? Unsere Praxis besteht jetzt seit ungefähr 35 Jahren und ebenso lange wurde der Hausbesuch mit „HB“ auf der Verordnung abgekürzt und bezahlt. Plötzlich wurden uns Verordnungen genau deshalb abgesetzt. Ich habe solche Verordnungen sofort herausgenommen, mit zuständigen Ansprechpartnern der Krankenkassen telefoniert und die Antwort bekommen, dass dort „Hausbesuch“ ausgeschrieben werden muss. All die Jahrzehnte vorher ging es und nun nicht mehr. Also haben wir uns den Vorgaben angepasst und schreiben ihn nun immer aus und vermeiden dadurch Absetzungen. Ich finde es zwar lästig und blöd, nur hilft es mir nichts. Stattdessen beuge ich mich dem und wir dokumentieren es so, wie die Krankenkassen es fordern. Christiane, vielen Dank für das Gespräch. So dokumentierst Du den Hausbesuch auf Deinen Verordnungen Gemäß der Versorgungsverträge in der Physiotherapie und in der Logopädie, die Ihr im GKV-Heilmittel-Informationsportal unter https://tinyurl.com/vertraege findet, muss der Hausbesuch in der ersten Zeile ausgeschrieben werden. Ab der zweiten Zeile darf das Wiederholungszeichen genutzt werden. In der Ergotherapie und Podologie darf gemäß den Angaben im jeweiligen Fragen-Antworten-Katalog zum Versorgungsvertrag das Kürzel + HB ab der ersten Zeile verwendet werden. Die Kataloge gibt es ebenfalls im GKV-Heilmittel-Informationsportal.