Akteure, Institutionen und Regelungen rund um die Heilmittelpraxis: Wer bestimmt was in unserem Gesundheitswesen?

Preise, Verträge und auch die Blankoverordnung in der Ergotherapie – das alles sind Dinge, die die maßgeblichen Heilmittelverbände für Euch Praxisinhaber:innen und Therapeut:innen mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln – unabhängig davon, ob Ihr Mitglied seid oder nicht. Auch wenn es um den Referentenentwurf in der Physiotherapie geht, sind die maßgeblichen Physiotherapieverbände Ansprechpartner Nummer eins, und zwar sowohl für die Politik als auch für Euch. Aber was bedeutet maßgeblich? Warum kann es für Euch gut sein, in einem für Euch passenden Verband Mitglied zu sein? Und welche maßgeblichen Verbände gibt? Was machen maßgebliche Verbände für Euch Heilmittelerbringer:innen? Da es in der Heilmittelbranche keine Selbstverwaltung gibt, wie in vielen anderen Berufen, übernehmen die maßgeblichen Verbände viele Aufgaben. Unter anderem: Nur die maßgeblichen Verbände der jeweiligen Berufsgruppe werden als Verhandlungspartner an einem Tisch mit dem GKV-Spitzenverband sitzen, wenn es zum Beispiel um die Neuverhandlung der Versorgungsverträge, aber auch um Preise geht. Ein aktuelles Beispiel ist der Vertrag zur Blanko-VO in der Ergotherapie, den DVE und BED mit dem GKV-Spitzenverband geschlossen haben. In der Physiotherapie stehen Preisverhandlungen an und die Logopädieverbände haben vergangenes Jahr ihren Vertrag zu Ende 2023 gekündigt. Kommen die Verhandlungen zu keinem Ergebnis, können die maßgeblichen Verbände gemeinsam die Schiedsstelle anrufen, die dann eine Entscheidung trifft. Die Verbände können auch vor ein Gericht ziehen und Klage gegen Entscheidungen einreichen. Die maßgeblichen Verbände sind in der Regel die Ansprechpartner der Politiker:innen. Und sie sind diejenigen, die, wie beim Beispiel des Referentenent- wurfs zu den Berufsgesetzen in der Physiotherapie nun an die zuständigen Politiker:innen herantreten können, um noch Einfluss auf das Gesetz nehmen zu können. Sie informieren ihre Mitglieder über politische Entscheidungen, Neuigkeiten in der Branche und zu Fragen aus dem Praxisalltag. Warum solltet Ihr Mitglied in einem Verband werden? Um etwas zu bewirken, braucht es eine starke Stimme. Nur dann werden Berufsgruppen von der Öffentlichkeit und Politik wahrgenommen. In der Heilmittelbranche gibt es im Moment nur die Verbände, die als Organisationen Verhandlungen führen und der verlängerte Arm in die Politik sind. Aktuell sind Schätzungen zufolge aber nur rund ein Drittel der Heilmittelerbringer:innen in Verbänden organisiert. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Verbände nur 30 Prozent der Heilmittelerbringerinnen und -erbringer vertreten. Ein Weg, um den Einfluss zu vergrößern, wäre also, die Mitgliederzahlen in den Verbänden zu erhöhen, sodass deren Stimme mehr Gewicht erhält. Wichtig ist, dass Ihr Euch die Verbände in Eurer Berufsgruppe genau anseht, bevor Ihr eintretet. Schaut, ob Eure Interessen vertreten werden. Aber: Es ist meist wie bei der Bundestagswahl. Alle Eure Bedürfnisse wird ein Verband wahrscheinlich nicht erfüllen können. Wägt ab und findet für Euch die beste Mischung. Und dann heißt es natürlich für Euch: Laut werden! Teilt den Verantwortlichen in den Verbänden mit, was Ihr Euch wünscht, was Ihr benötigt und was Ihr von den Vertretern erwartet. Und wenn Ihr mit der Arbeit Eures Verbands nicht einverstanden seid, tretet Ihr eben wieder aus. Zu den maßgeblichen Verbänden gehören ... ... in der Ergotherapie: DVE (Deutscher Verband Ergotherapie): Mitglied werden können alle Ergotherapeut:innen, ob angestellt, selbstständig oder noch in der Ausbildung. Der Verband hat laut Website 13.000 Mitglieder (eigene Angaben). Hier könnt Ihr Euch informieren, ob der DVE für Euch interessant ist: www.dve.info BED (Bundesverband für Ergotherapeuten in Deutschland): Auch beim BED können alle Ergotherapeut:innen und Auszubildenden Mitglied werden. Aktuell sind es rund 5.000 Therapeut:innen und Selbstständige (eigene Angaben). Genauere Informationen erhaltet Ihr hier: www.bed-ev.de ... in der Logopädie: dbl (Deutscher Bundesverband für Logopädie): Der Verband richtet sich an freiberufliche und angestellte Logopäd:innen sowie Angehörige anderer sprachtherapeutischer Berufsgruppen. Laut Website hat der dbl etwa 9.000 Mitglieder (eigene Angaben). Hier könnt Ihr Euch einen Überblick verschaffen: www.dbl-ev.de dbs (Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie): Mitglied werden können akademisch ausgebildete Sprachtherapeut:innen und Logopäd:innen in der Praxis sowie Forschung und Lehre. Es gibt ungefähr 3.000 Mitglieder (eigene Angaben). Fühlt Ihr Euch angesprochen? Hier gibt es mehr Infos: www.dbs-ev.de LOGO Deutschland: Der Verband vertritt selbststän- dige Logopädinnen und Logopäden. Laut des Lobbyregisters hat der Verband rund 1.400 Mitglieder. Informieren könnt Ihr Euch über den Verband hier: www.logo-deutschland.de dba (Deutscher Bundesverband der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen): Mitglied werden können staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmleh er:innen. Laut des Lobbyregisters hat der Verband etwa 430 Mitglieder. Weitere Infos bekommt Ihr hier: www.dba-ev.de ... in der Physiotherapie: PHYSIO DEUTSCHLAND (Deutscher Verband für Physiotherapie, ZVK): Er ist mit etwa 30.000 Mitgliedern (eigene Angaben) der größte Physioverband. Eintreten können alle Physiotherapeut:innen. Hier gibt es mehr Informationen: www.physio-deutschland.de VPT (Verband für Physiotherapie): Hier können alle Physiotherapeut:innen, Masseur:innen und Medizinische Bademeister, Schüler:innen und Studierende, Arbeitnehmer:innen genauso wie Praxisinhaber:innen Mitglied werden. Der Verband hat laut eigener Angaben rund 20.000 Mitglieder. Wollt Ihr mehr wissen: www.vpt.de IFK (Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten): Mitglied werden können selbstständige Physiotherapeut:innen – etwa 7.000 Mitglieder hat der Verband, heißt es auf der Website. Mehr zum Verband: www.ifk.de VDB Physiotherapieverband (Berufs- und Wirtschaftsverband der Selbständigen in der Physiotherapie): Er vertritt die Interessen von rund 3.500 Praxisinhaber:innen und anderen selbstständigen Physiotherapeut:innen (eigene Angaben). Weitere Informationen: www.vdb-physio.de ... in der Podologie: ZFD (Deutscher Verband für Podologie): Mit rund 4.000 Mitgliedern (Lobbyregister) ist podo deutschland der mitgliederstärkste Podologie-Verband. Wer sich näher informieren möchte, hier geht es zur Website: www.podo-deutschland.de VDP (Verband deutscher Podologen): Nur Podolog:innen nach PodG § 1 können Mitglied werden. Im Moment sind es etwa 1.000 (eigene Angaben). Hier bekommt Ihr weitere Infos: www.verband-deutscher-podologen.de Bundesverband für Podologie: Mitglied werden können alle Podolog:innen. Aktuelle Mitgliedszahlen gibt es leider nicht. Weitere Infos: www.bv-fuer-podologie.de Wann gilt ein Verband als „maßgeblich“? Laut § 125 Abs. 1 SGB V dürfen nur die „maßgeblichen Spitzenorganisationen“ auf Bundesebene Verträge mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln und schließen. Verbände können sich beim GKV-Spitzenverband um eine Anerkennung als maßgebliche Spitzenorganisation bewerben. Dieser entscheidet dann nach festgelegten Kriterien. So gilt eine Organisation unter anderem als maßgeblich, „wenn sie bundesweit tätig ist und ihre Mitwirkung an der Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Versorgung von Heilmitteln in dem jeweiligen Heilmittelbereich sowie die politische und wirtschaftliche Interessenvertretung für ihre Mitglieder gegenüber den relevanten Institutionen im Gesundheitswesen (nicht nur nachrangig) zu den satzungsmäßigen Aufgaben ihrer Organisation gehören, die aktiv wahrgenommen werden.“ Insbesondere hängt die Maßgeblichkeit auch von der Mitgliederzahl eines Verbands ab. Hat er weniger als fünf Prozent der Niedergelassenen als Mitglieder, kann eine Maßgeblichkeit zum Beispiel ausgeschlossen werden. Quelle: Kurzinformation „Zur Frage der Maßgeblichkeit der Heilmittelverbände“ (https://tinyurl.com/HMV-massgeblich) des Deutschen Bundestags.