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TI: Physiotherapiepraxen lassen sich nichts vormachen

Seit dem 1. Juli 2021 könnten sich Physiotherapiepraxen theoretisch an die Telematikinfrastruktur (TI) anschließen lassen. Und seit spätestens 2022 trommeln diverse Anbieter aus der Ecke der Abrechnungsdienstleister, man möge sich doch unbedingt anschließen und Erstattungspauschalen nicht verpassen. Und wer jetzt nicht bei der TI mit machte der würde was-auch-immer verpassen…
Während es bei der TI stockt, erleichtern andere digitale Lösungen den Praxisalltag
© filo

Doch Physiotherapeutinnen und -therapeuten sind viel schlauer, als die entsprechenden Abrechnungsdienstleister vermutet haben. Das lässt sich den aktuellen Statistiken der gematik entnehmen, der obersten „Behörde“, die die TI verwaltet. Stand Anfang dieser Woche haben sich bislang genau 19 (in Worten: neunzehn!!!) Physiotherapiepraxen an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Das ist noch viel weniger, als ich ohnehin schon niedrig geschätzt habe.

Eigentlich kein Wunder, die Physiopraxen haben verstanden, dass sich die TI in einem deutlichen technologischen Umbruch befindet, dessen Ergebnis man einfach abwartet. Das Theater, dass die niedergelassenen Ärzt:innen mit der alten TI, den Konnektoren etc. haben, will sich vernünftigerweise hier niemand antun. Abwarten ist eine sehr kluge Vorgehensweise, und zwar so lange, bis es irgendeine nützliche Anwendung für Heilmittelerbringer gibt, die den Aufwand mit der TI irgendwie rechtfertigt. Und das kann dauern. Wie bereits gemeldet, will das BMG den Start der elektronischen Heilmittelverordnung auf 2027 verschieben.

Trotzdem solltet Ihr euch beim Thema TI auf dem Laufenden halten. Damit Ihr keinen großen Aufwand betreiben müsst, bieten wir regelmäßige TI-Infoabende an. Der nächste ist am 9. Oktober um 19 Uhr. Die Teilnahme ist kostenfrei. Weitere Infos und einen Link zur Anmeldung findet Ihr hier.

Unser Highlight der Woche ist für mich ein Aushang eines Kieler Orthopäden: „Liebe Patienten“, schreibt er, „aufgrund eines drohenden Regresses durch die Krankenkassen sind wir angehalten, keine manuelle Therapie und Krankengymnastik auszustellen (nur noch nach Richtlinien und nicht nach Kulanz)!!!“ – Autsch, da outet sich der ärztliche Kollege öffentlich als Kulanzverschreiber, der sich bislang nicht an Richtlinien gehalten hat. Wehe, wenn solche Aussagen in seinem angedrohten Regress auftauchen, dann dürfte es teuer werden. Manchmal kann man einfach nur noch den Kopf schütteln, welche Blüten das Thema Wirtschaftlichkeit treibt. Drücken wir uns die Daumen, dass Heilmittelerbringer:innen solcher Unsinn weiterhin erspart bleibt.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die aktuellen Zahlen zur Entwicklung der GKV-Finanzen veröffentlicht. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Heilmittelausgaben der GKV um 8,6 Prozent, und damit um 471 Millionen Euro, gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Ausgaben für Heilmittel machen etwa vier Prozent der Gesamtausgaben aus. Weitere Ergebnisse könnt Ihr hier nachlesen.

Inspiration erhalten Ergotherapiepraxen diese Wochen von Maik Hentschel. Der Ergotherapeut setzt bei seinen neurologischen Patient:innen schon seit fünf Jahren computergestützte und roboterassistierte Geräte in der Therapie ein. Zurzeit gibt es in der Praxis zwölf unterschiedliche computergestützte Geräte. Sein persönliches Highlight ist ein Gangroboter, mithilfe dessen einer seiner Schlaganfallpatienten nach einem intensiven Training wieder einige eigene Schritte machen konnte.

Logopäd:innen können am 25. September von 19:30 bis 21 Uhr am Online-Treffen des AK Kindersprache zum Thema „Sprachverständnis teilnehmen. Weitere Infos dazu findet Ihr auf unserer Website.

Nachdem gestern hier im Norden das Thermometer noch einmal auf fast 30 Grad geklettert ist, soll morgen kalendarisch der Herbst beginnen. So richtig bereit bin ich dafür noch nicht. Aber gespannt. Gespannt darauf, ob im Herbst all die angekündigten Gesetzesvorhaben anlaufen, ob es Fortschritte in Bezug auf die Blankoverordnung und den Direktzugang geben wird und vieles mehr.

Herzliche Grüße

Euer Ralf Buchner

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