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Die Geister, die ich rief

Die dritte Woche in Folge beginne ich an dieser Stelle mit dem Thema Blankoverordnung. Und das aus gutem Grund, denn das Thema ist wirklich wichtig. Dabei geht es nicht nur um die Blankoverordnung selbst, sondern um die viel größere Frage, wie Wirtschaftlichkeitsverantwortung künftig in der Heilmittelbranche geregelt werden soll.
Wird hier das Ampelsystem aus den „Big Points“, auf die sich Ergotherapieverbände und GKV geeinigt haben, übernommen, dient es ganz schnell als Blaupause für die anderen Berufsgruppen und wird wahrscheinlich auch später beim Direktzugang übernommen. Dann wird es schwer werden, wieder davon wegzukommen. Die Geister, die ich rief… Es ist also wichtig, jetzt darüber zu sprechen. Denn gesucht wird ein faires System zur Wirtschaftlichkeitsprüfung. Warum das Ampelsystem keine gute Lösung ist, könnt Ihr hier detailliert nachlesen: Blanko-VO: Ein Ampelsystem ist ungerecht und falsch. Auf diesen Artikel gab es viele Reaktionen – große Zustimmung, aber auch Kritik an der Kritik. Warum meckern wir über das Ampelsystem, statt uns zu freuen, dass es beim Thema Blankoverordnung endlich einen Schritt vorwärts geht? Ganz einfach, um eine Diskussion anstoßen. Denn das Thema ist einfach zu wichtig und weitreichend, um jetzt nebenbei geregelt zu werden. Wer sich inhaltlich wirklich damit beschäftigt, wird schnell erkennen, welche weitreichenden Konsequenzen es für die Heilmittelbranche hat. Hier sollen Behandlungsmengen vorgeschrieben werden, obwohl dafür weitestgehend die Evidenz fehlt. Es wird vorausgesetzt, dass es zu Mengenausweitungen kommen wird, obwohl wir das gar nicht wissen. Und dann wird der Regressdruck für die Heilmittelpraxen noch größer als bei den Ärztinnen und Ärzten. Denn es wird jeder Patient einzeln betrachtet. Wir sollten jetzt also einen Gang zurückschalten und uns die Gesamtsituation anschauen. Dazu gehört auch, zu betrachten, wie Wirtschaftlichkeitsverantwortung bei den Ärzten geregelt ist – und was hier bereits alles schiefläuft. Wenn 2022 in Hessen im Vergleich zu Sachsen weniger als die Hälfte an Behandlungseinheiten je 1.000 Patienten erbracht wurden, hatte das sicher keine medizinischen Gründe. Vielmehr hängen die Versorgungsunterschiede mit dem Regressdruck zusammen. Das muss besser gehen. Und die Branche muss sich jetzt die Zeit nehmen, ein besseres, faires System zu entwickeln.

Unfaire Regelung bei Zuzahlung „sachgerecht“

Apropos fair, Fairness liegt wohl im Auge des Betrachters. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) findet es fair, dass Patientinnen bei Heilmittelleistungen eine höhere Zuzahlung leisten als bei Hilfsmitteln, Fahrkosten oder Arzneimitteln. Denn bei Letzteren sind die Zuzahlungskosten bei zehn Euro gedeckelt. Sabine Dittmar, Staatssekretärin im BMG bezeichnet diese Regelung in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage der CSU-Gesundheitspolitikerin Emmi Zeulner als „sachgerecht“. Laut Tagesspiegel will der BED nun rechtliche Schritte zu prüfen. Der Verband hatte sich im November 2022 bereits mit LOGO Deutschland in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen die „aktuelle Fehlsteuerung“ ausgesprochen.

Hoffnung bei nicht besetzbaren Stellen

Mein Highlight der Woche: Der Bundestag hat das eine gesetzliche Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung beschlossen. Darin sind gleich mehrere Maßnahmen vorgesehen, die Fachkräften aus dem Ausland den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Wenn das Gesetz im Herbst in Kraft tritt, wird es auch für Heilmittelpraxen leichter werden, ihre freien Stellen mit Therapeutinnen und Therapeuten aus dem Ausland zu besetzen. Die Details erklärt unsere up-plus Justiziarin Laura Albrecht in diesem Artikel. Save the date: Mit dem Thema Wirtschaftlichkeitsverantwortung werden wir uns auch auf dem nächsten upNetzwerktreffen am 23. September 2023 in Köln befassen. U. a. wird es eine Podiumsdiskussion dazu geben. Bei uns im hohen Norden endet die Kieler Woche am Sonntag mit einem großen Feuerwerk. Den besten Blick darauf hätte ich direkt von meinem Schreibtisch an der Kieler Förde. Mal schauen, ob ich es mir dort oder doch lieber direkt in der Menge anschaue. Herzliche Grüße Euer Ralf Buchner
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